An diesem Abend kommen diejenigen auf ihre Kosten, welche
Elekropunktrashmelanchonie und aufgepopptes Songwriting mögen. Aber der
Reihe nach...
Das BIERBEBEN ist eine Liebhabersache, sagt Jan Müller (Tocotronic)
über das Bandprojekt Bierbeben. Sehr zum lieb haben ist das Ganze, bei dem
der Name, wie direkt in die Fresse geschlagen, wirkt. Da treffen Tocotronic,
Superpunk, Pop Tarts und Gary in Gestalt von J. Müller, T. Mynther, R.
Engler, J. Drosten und J. Wilton aufeinander und machen Musik, so dass die Bude
zusammenfällt. Und somit macht sich ein wenig das Gefühl von
Subversion und aktionistischem Widerstand breit, wenn man in Mitten der
tobenden Leute auf der Tanzfläche steht. Schnurgerade Beats, schrubbende
Gitarre, brummender Bass und lakonischer, weiblicher Gesang. Dazu Texte wie:
Die Welt ist betäubt / Betäubt und narkotisiert / Erstarrt und
paralysiert / Die ganze Kugel ist ein Brocken Pech. Untergebracht ist das
Bierbeben auf dem Label Shitkatapult, auf dem z.B. auch der Technopunk T.
Raumschmiere veröffentlicht. Das aktuelle Album trägt den Titel
Alles Fällt und ist etwas verspielter als No Future No Past
aus dem Jahr 2004. Gut, dass auch Stefan Betke a.k.a. Pole seine
Mastering-Finger im Spiel hatte die Tanzfläche ist nicht weit. Auch
bei Bis Die Liebe Nicht Mehr Weh Tut gerät der Arsch gehörig in
Rotation, denn Wir spüren es in diesem Moment / Wir werden nicht
sterben. Die Zukunft, die das Debütalbum No Future No Past noch
verwehrte, wird hier zur unendlichen Geschichte.
Das Bierbeben: rockversiver Alkipop aus einem Fass ohne Boden gezapft.
Etwas ruhiger dürfte es dann bei PETER LICHT zugehen. Die Musik ist
poppig, die Texte witzig und manchmal einfach nur richtig: Wer gut
aussieht, ist besser als jemand, der nicht so gut aussieht, der aber immer noch
besser ist als jemand, der überhaupt nicht aussieht und eigentlich ja
schon tot ist, da kann man nichts machen. Sein aktuelles Album ist sein
drittes und heißt Lieder vom Ende des Kapitalismus. Zum Album hat
Peter Licht auch ein gleichnamiges Buch (aus dem er auch an diesem Abend etwas
lesen wird) im Blumenbar-Verlag veröffentlicht. Dies ist eine
Sammlung von Geschichten, Gedichten, Tagebuchfetzen, Slogans, Songtexten und
Zeichnungen. Überhaupt ist Peter Licht neben der Musik mit anderen
Projekten recht beschäftigt. So präsentierten die Münchner
Kammerspiele 2006 die Uraufführung von Wir werden siegen. Und das
ist erst der Anfang, das auf der Musik und Texten von Peter Licht basiert. Die
Regisseurin Christiane Pohle entwickelte dazu ihre eigenen Figuren und
Monologe, die sie der Musik und den Texten von Peter Licht
gegenüberstellt. Die Musik des Abends stammt vollständig von Peter
Licht, kongenial arrangiert und umgesetzt von Peter Pichler und seinen Musikern
Jan Kahlert und Gerhard Tschinge Krenn (No Goods). Die
Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Formaten ist Peter Licht wichtig:
Für mich hat dieses Arbeiten in verschiedenen Medien den Charakter
von Remixen. Melodien und Textversatzstücke, die es auf der Platte oder
dem Buch gibt, tauchen im Theaterstück wieder auf etwa wenn Schauspieler
auf der Bühne Lieder von mir deklamieren. Gesprochene Lieder eigentlich
eine interessante Idee für einen Remix. Und im Buch habe ich die
Möglichkeit die strengen Versmaße, die ein Lied nun einmal für
sich einfordert, aufzubrechen und ins Epische zu verlängern. Für ihn
bedeutet dies: die eigene Welt zu behaupten, indem er sie durch verschiedene
Formate jagt. Peter Licht: Buch und Platte speisen sich beide aus der
gleichen Quelle. Die Gegenwart anbohren. Sehen was raustropft und daraus was
machen, was schön ist. Für mich stehen die Lieder vom Ende des
Kapitalismus gleichberechtigt neben dem Buch vom Ende des Kapitalismus. Das
eine könnte es ohne das andere nicht geben. Wenn ich das Buch lese,
höre ich die Lieder und umgekehrt.
Es dürfte also ein breiter Abend werden. Elektronischer
wütender Technopunk trifft auf witziges poppiges
eigene Welt behauptendes Songwriting.
Auf dass die Grenzen fließend sind....
Florian
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