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Postmoderne Kreuzungsversuche


Barra Head (DK)
Lack (DK)

Barra Head, 31.9k

Barra Head sind für das Conne Island und Leipzig im allgemeinen keine Unbekannten. So spielten sie vor drei Jahren den Support für die allererste unvergessliche KARATE Show auf der Insel und kehrten später mit DIARIO zurück, mit denen sie ganze zwei Wochen lang den Tourbus teilten. BARRA HEAD klingen weder nach der einen, noch nach der anderen gerade genannten Band und passen zur Beschreibung blendend.
Es soll hier also um vergleichbare musikalische Ansätze von Bands gehen, die, so unterschiedlich die Musik als Ergebnis auch sein mag, oftmals identischer sind, als es so mancher Fan bestimmter Musikgenres wahr haben möchte. So spielt es dieser Logik folgend keinerlei Rolle, ob es sich bei der zu rezipierenden Musik um abstrakte Electronica, postrockigen Indie, Mathrock, Elektropunk, jazziger Noisecore oder was auch immer handelt. Vielmehr ist somit der Ausgangspunkt des künstlerischen Schaffens ein gleicher denn die daraus entstehende Gattung oder Richtung.
Ein Ausgangspunkt, der sich nicht über gemeinsame instrumentale, tonale oder gar musikalische Mittel definiert, der das Ergebnis also erstmal links liegen lässt, kann somit nur einer sein, dem das gesetzte Gleiche gleichgültig erscheint und nur über einen konsequent individuellen Ansatz seinesgleichen sucht und im weiteren individuellen Gegenüber letztendlich auch findet.
Konkret geht es hier also um den Chor der „Eigenbrödeler“, deren Gesänge immer lauter zu werden scheinen und mehr und mehr zum letzten warenförmigen Trumpf des übersättigten und überforderndem „Musikbiz“ werden.
Je konkreter die Musik, desto beliebiger wird sie und so geht es hier nach wie vor um die postmodernen Kreuzungsversuche, die nichts mit bewusst produziertem Crossover zu tun haben, sondern schlichtweg das Ergebnis einer zeitgemäßen spartenunfähigen Kreativität sind. Alles wird aufgesaugt und nur das einem nützlich Erscheinende verbraten.
Zusammengefasst meint all das: Punkrocker, die keinen Punkrock machen, Technokids, die nach Gitarren schreien, Straight Edger, die im Kreuzfeuer des Strobos zu Drum & Bass abgehen, Jazzer, die ohne Laptop nicht mehr virtuos sein können oder Discohits, zu denen man weinen möchte.
Und so wird es immer schwerer zu beschreiben, was denn nun eigentlich kulturell zu erwarten ist, und das merken selbst Bands immer öfter, wenn sie – wie hier BARRA HEAD auf ihrer Homepage – davon reden,: „It doesn`t fit any genre.“ Dabei wissen sie genau, dass es auch hier „bloß“ um ein Schlagzeug, einen Bass und eine Gitarre samt teils gesprochenener, teils gesungener Vocals geht.
Doch eine Bezeichnung wie Postpunk, Postrock wäre hier schon wieder zu konkret. So kann es also nur darum gehen, die Musik zu beschreiben, nicht als was sie benannt wird, sondern wie sie klingt und was sie erwecken vermag. Und so beschreiben sich die Dänen weiter ganz simpel als: „It is complex in its composition, its rhythm, its poetry and its melody. It`s dynamical, emotional and thoughtful. Music for the listener...“ – ganz einfach also. Mehr kann beim Hören im Allgemeinen auch gar nicht passieren.
Dennoch spiele ich hier jetzt den Ein-Ordner, der es vermocht hat, so viel Chaos in diese Konzertankündigung zu verwursten, und erwähne jetzt noch ganz strukturbewusst, dass sich die Musik von BARRA HEAD als eine wahrlich gelungene Mischung aus früheren Karate-Songs mit dem notwendigem Emo-Pioniersgeist und der Brachialität der wohl besten Post-irgendwas-Gitarrenband der neunziger Jahre SHELLAC beschreiben lässt.
Ich mag sie sehr.

jeremy

Lack, 17.3k


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last modified: 28.3.2007