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Ein kulturelles und politisches Schlaglicht auf die Entwicklung des Conne Island nach dem umfassenderen Rückblick der 10-Jahres-Feierlichkeiten (CEE IEH #78)2001-2003Nach den rauschenden Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen des Ladens kehrte bald wieder der Alltag in den Betrieb des Projektes ein. Wirklich neue Entwicklungen im Bereich der von uns beackerten Subkulturen waren und sind nicht auszumachen. Die notwendige Ausdifferenzierung der verschiedenen Szenen setzte sich fort. So war zu beobachten, dass die durchaus boomende Dancehallcrowd sich anschickte, den Hip Hop als Jugendkultur zu beerben, jedoch passierte das nicht hier. Neue Clubs und Läden gingen an den Start und bauten auf dem auf, was wir hier begonnen hatten. Die Entwicklung des Punkrock hin zum RocknRoll stieß auf viel Gegenliebe und brachte, ohne wirklich innovativ und weltverändernd zu sein, einige identitätsstiftende Momente und erstaunliche Entwicklungen mit sich. Ob Skater oder Skin, unter der PunknRoll-Attitüde konnte und kann einiges zusammengehen. If the Kids are united... Als eine der legendärsten und umstrittensten Parties, die im Conne Island jemals stattfanden, sollte sich das wiederbelebte Oi the Meeting erweisen. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen feierten Skins und Punks aus ganz Europa und das, im Osten dieses Landes einmalig, ohne Naziscum. Hervorzuheben ist dabei die Rolle der alten Leipziger Glatzen, ohne deren Mitarbeit bei der Organisation und Durchführung in allen Belangen das Ganze nicht so über die Bühne hätte gehen können. Hardcore im klassischen Sinne spielte keine allzu große Rolle mehr und ist mittlerweile ein subkulturelles Angebot unter vielen. Viel Arbeit wurde in dieser Zeit von Clubs im Umland geleistet. Positiv fiel hier die Good Night White Pride-Kampagne auf. Im Bereich der elektronischen und DJ-Kulturen brachte unsere Umgangsweise, auf der einen Seite die Originale auf die Bühne zu bringen und andererseits via Leipzig Breaks Org die lokale Szene zu fördern und zu fordern, einige Erfolge und auch etlichen zermürbenden Streit. Hip Hop wurde im Zuge einer gewissen Marktbereinigung von den Höhen der Charts wieder auf eine gewisse Authentizität zurück geführt, was auch hier spürbar wurde. Vormals angesagte Acts mussten sich mit gelichteten Publikumsreihen zufrieden geben, währenddessen lokale Crowds durchaus überzeugten. Pop im allgemeinen, und hier im speziellen das, was einstmals unter Hamburger Schule firmierte, wurde weiterhin bedient, auch wenn wir uns zugestehen müssen, in dieser Sparte einige Entwicklungen verpasst zu haben. Unser Ansatz, uns diesbezüglich weniger als kultureller Dienstleister zu verstehen, sondern Kultur zusammen mit den jeweiligen SzeneprotagonistInnen zu veranstalten, wurde und wird immer schwieriger umzusetzen. Eine weitgehende Beliebigkeit in Formen und Aussagen machen das Ganze auch nicht leichter. Die Ereignisse auf der weltpolitischen Bühne gingen auch an uns nicht spurlos vorbei. Unsere Stellungnahmen zum Nahostkonflikt und zum wiedererstarkendem Antisemitismus führten zu einigem Unverständnis innerhalb der sogenannten Szene, speziell an dem Punkt, als wir für uns beschlossen, in unseren Räumen die sogenannten Palitücher als das zu erkennen, was sie sind, nämlich antisemitische Symbole, und folglich hier nicht zu dulden. Die im Zuge des Irakkonfliktes erstarkende Friedensbewegung und der damit einhergehende Antiamerikanismus veranlasste uns zu verstärkten Diskussionen und einem genaueren Blick auf die Texte und Inhalte der hier auftretenden KünstlerInnen und ebenfalls zu einer Stellungnahme des Ladens gegen solcherart Verschwörungstheorien. Dass uns dieser Umgang den Vorwurf der Zensur einbringen würde, konnten wir nicht vorhersehen, allerdings können wir damit leben. Dass allerdings irgendwelche Gutmenschen unser Eingangsgraffitti mit Farbbeuteln verzierten, ließ sich nur schwer wegstecken, wenn ihr wisst, was ich meine. Ausdruck dieser Kritik unsererseits war auch die Absage einiger Konzerte wie z.B. das der von uns durchaus geschätzten Band Fink oder des Slime-Nachfolgeprojektes Rubberslime auf Grund von Texten und Aussagen besagter Combos und der mangelnden Gesprächsbereitschaft der Künstler. In der Kürze der Zeit musste dieser Überblick ein wenig mager ausfallen, aber ich muss jetzt auf eine Demo, da nicht Ausdifferenzierungsprozesse bedrohlich für das Projekt Conne Island sind, sondern die Probleme mit dem Finanzamt... Kay |
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