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Kommunismus und Religion


Zur Verbindung materialistisch-marxistischer und theologischer Motive bei Walter Benjamin


    Bekanntlich soll es einen Automaten gegeben haben, der so konstruiert gewesen sei, dass er jeden Zug eines Schachspielers mit einem Gegenzuge erwidert habe, der ihm den Gewinn der Partie sicherte. Eine Puppe in türkischer Tracht, eine Wasserpfeife im Mund, saß vor dem Brett, das auf einem geräumigen Tisch aufruhte. Durch ein System von Spiegeln wurde die Illusion erweckt, dieser Tisch sei von allen Seiten durchsichtig.
    In Wahrheit saß ein buckliger Zwerg darin, der ein Meister im Schachspiel war und die Hand der Puppe an Schnüren lenkte. Zu dieser Apparatur kann man sich ein Gegenstück in der Philosophie vorstellen. Gewinnen soll immer die Puppe, die man „historischer Materialismus“ nennt. Sie kann es ohne weiteres mit jedem aufnehmen, wenn sie die Theologie in ihren Dienst nimmt, die heute bekanntlich klein und hässlich ist und sich ohnehin nicht darf blicken lassen (1.These „Zum Begriff der Geschichte“ I/691)(1) I/691)(2)
Auch auf die Gefahr hin, die auseinanderdriftende Linke nunmehr gänzlich zu verwirren, scheint es mir an der Zeit, eine Thematik aufzugreifen, die nach einigen Jahren der Rezeption Kritischer Theorie und lebhaften Interesse am Judentum virulent geworden ist: die Bestimmung ihres Verhältnisses zur Religion. Zu diesem Zwecke bietet sich das Werk Walter Benjamins an, in dem ausdrücklicher als in allen anderen Zeugnissen der Frankfurter Schule die Beziehung Theologie – Marxismus/Materialismus zur Sprache kommt. Wo es sich anbot, habe ich den Niederschlag in der Philosophie Adornos anzudeuten versucht.
Der aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Berlin stammende Benjamin (geb. 1895) entstammt einer Zeit, in welcher der Versuch einer sowohl theologisch wie materialistisch fundierten Geschichtsphilosophie zahlreich unternommen wurde. Bevor die Erstarrung der beiden großen Blöcke nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte und sich die Intellektuellen zur Meidung der jeweils anderen Terminologie gezwungen sahen, setzte sich ein solches Millieu vor allem aus der Minderheit der Kriegsgegner unter den Intellektuellen zusammen. Gemeinsam war Leuten wie Georg Lukacs, Ernst Bloch, Karl Barth und eben Benjamin, dass es ihnen nicht allein um die Stillung des Erkenntnisinteresses ging, sondern, nach der Katastrophe des 1.Weltkrieges und der heraufziehenden des Nationalsozialismus, um die Einsicht zur angemessenen politischen Aktion. Revolutionäre Situation wie Apokalypse, zentrale Begriffe des Marxismus wie der Bibel, standen ihnen gleichermaßen vor Augen.
Spätestens das deprimierende Faktum, dass sich im Ostblock weder der „Beginn der Geschichte“ im Sinne eines Sprungs „vom Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit“ (Marx) bzw. irgendeine daraufhin führende Vorform dazu, noch das Jüngste Gericht für die Millionen Täter der Shoah einstellte, hat beide Lehren, die christliche wie die marxistische in ihrer orthodoxen Form als unhaltbar erwiesen. Wenn man an ihrem Kern, der großen Hoffnung auf fundamentale Veränderung, auf eine der vernunftbegabten Natur des Menschen entsprechenden Gesellschaft oder einen mit der Ewigkeit korrespondierenden glückseeligen Zustand (Augustinus), in einer Zeit, der Adorno den Titel „Nach Weltuntergang“ verlieh, festhalten will, kommt man, so meine ich, an den Überlegungen Benjamins nicht vorbei.

Theologie

Um Irritationen zuvorzukommen, ist es zunächst notwendig den Begriff der Theologie zu bestimmen, wie ihn Benjamin in eigenwilliger, ja legerer Art verwendet. Denn da es im Judentum keine Theologie im engeren Sinne gibt, verweist er auf deutliche Spuren des Christentums, mit der er über die ihm umgebende deutsche Kultur sowie der philosophischen Rezeption von den Idealisten über Kirkegaard bis zu neomystischen Strömungen (Aragon, Klages) intensiv vertraut war. Es steht indes außer Zweifel und wird im Gange der Erörterungen evident hervortreten, dass Benjamin sich nicht nur der äußeren Zuschreibung, die ihn 1940 bei seiner missglückten Flucht über die französische-spanische Grenze in den Tod trieb, sondern auch des religiösen Inhalts wegen als Jude verstand.
Wenn er von Theologie spricht, so ist damit also keine religiöse Dogmatik wie Christologie oder Dreifaltigkeitsthese gemeint. Kein Konkursverwalter eines in stetigen Rückzugsgefechten substantiell ausgehölten Christentums wollte er sein. Keine Prüfung, „ob eine der historischen Religionen (in der neuen Zeit) noch Unterkunft finden könne, und wenn man ihr Arme und Beine abschnitte und den Kopf dazu“ (II/1, 33) mochte er vornehmen. Was er unter Religion verstehen wollte, hat er im sehr lesenswerten „Dialog über die Religiosität der Gegenwart“ dargelegt, in dem er von seiner messianischen Überzeugung gegen eine spinozistisch-pantheistische, bisweilen nietzscheanisch anmutenden Position angeht, die wohl auch eigene Bedenken formulieren soll.(3) Konstitutiv für den religiösen Menschen sei die Einsicht in die Dualismen von Sinnlichkeit und Verstand (Kant), Natur und Geist sowie Individuum und Gesellschaft, also in den geschichtlichen Stand der Unversöhntheit. Die in der Obhut von Spezialisten befindliche Wissenschaft kann diese Kluft nicht schließen, nicht zuletzt weil sie gegenüber den Massen als Tatsachenwissen kühl und ohne Erlebniswert daherkommt (II/1, 24). Insofern könnte er sich einem Ausspruch Wittgensteins anschliessen: „Wir spüren, dass, wenn die letzten Probleme der Wissenschaft gelöst, unsere wahren Probleme nicht einmal berührt sind.“ Auch das von einzelnen, den Künstlern von Goethe bis zur Romantik, ausgerufene „allgöttliche Naturgefühl“ komme gegen die seit dem Barock als entseelt und schal empfundene Welt nicht an (II/1, 21). Das wahre religöse Gefühl einer demütigen „schlechthinnigen Abhängigkeit“ (Schleiermacher), das er teile, schlage vielmehr in die Regression von Mystik, Theosophie und Sektierertum um (II/1, 31,33).
Die Distanzierung von der zeitgenössischen Religion, in erster Linie dem Christentum, sollte dem Zwecke einer Freilegung eines ursprünglichen Glutkerns dienen. Zurückgehen wollte er auf die historisch erstmals vom Judentum entfachte und später von Platonismus und Gnosis aufgegriffene messianische Hoffnung auf Erlösung.
Das unerhört Neue an diesem kategorialen Umbruch des menschlichen Denkens hat der Vorläufer des Zionismus, Moses Heß, bezeichnet als Geschichtskultus im Gegensatz zum heidnischen Naturkultus. Nicht mehr wollten die Juden den mannigfaltigen Formen des Immergleichen und deren ewiger Wiederkehr huldigen, nicht länger sollten Werden und Vergehen, Glück und Unglück, Erwählung und Verdammnis, kurzum das irdische Schicksal unwidersprochen hingenommen werden. Was alle bisherigen Völker, allen voran die babylonischen, ägyptischen und griechischen Zivilisationen hoch und heilig hielten und sie nach den Worten ihres größten Bewunderers Nietzsche zu einen „kosmologischen Einklang“ befähigte, die ausnahmslose Bejahung aller Gestalten des Daseins, wurde von den Juden zirka 1500 v.u.Z. erstmals verworfen. Denn in allen Bedingungen der menschlichen Existenz erkannten sie nunmehr den blinden Lauf der Natur und in ihm Unstetigkeit, Unerbittlichkeit und Mangel. Das Natürliche hat eine Nachtseite – „ es ist nicht gut im Grunde, es ist sonderbar, grauenhaft, furchtbar, scheußlich – gemein“ (II/1, 22). Die Erlösung bzw. ihr persongewordenes Bild, der Messias, bestimmt sich also im scharfen Gegensatz zu allem Irdischen, bisher Dagewesenen. Es muss seinem eigenen Begriff nach nicht nur alle Vorstellungskraft, sondern erst recht alle Ausdrucksmöglichkeit überschreiten. Konsequenterweise wird es damit zum Unnennbaren und Nicht-Darstellbaren, es ist notwendig abstrakt.(4) Das Bilderverbot der jüdischen Religion ist als keinerlei externe oder gar willkürliche Regel, sondern der innere Pulsschlag jener Vorstellung vom ganz und gar Anderen.
„Kommunismus ist die Sehnsucht nach dem ganz und gar Anderen“ sagt Max Horkheimer und stößt uns damit geradezu auf einen Verwandten der Theologie. Eine Gesellschaft, in der „jeder nach seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten“ agiert, wo die „Freiheit des einzelnen Voraussetzung der Freiheit aller“ ist (Marx), in der womöglich gar nach einem erfüllten Leben der Tod nicht mehr zu fürchten wäre, ist ein offenkundiger Zwilling zum messianischen Reich. In beiden Fällen wird die höchste Beglückung, das Ende der Mühsal und des Jammers, etwas qualitativ Neues in der irdischen (!!!) Zukunft imaginiert. Doch hatte die von Marx präsentierte materialistische Geschichtsphilosophie einhundert Jahre lang tragfähigere Gründe für das tatsächliche Eintreten einer solchen Zukunft auf ihrer Seite, weil sie Hoffnung mit materialen Tatsachen, wie der des ökonomischen, naturbeherrschenden Fortschritts des Menschen zu stützen vermochte. Dass der ökonomische Fortschritt des Menschen aber mittels Revolutionen den gesellschaftlichen Fortschritt nach sich ziehen würde, diese Annahme hatte sich spätestens wenige Jahre nach Benjamins Tod als unhaltbar erwiesen. Denn die bis dato mit der psychischen Konstitution des Menschen für unvereinbar gehaltene industrielle Massenvernichtung von Millionen Menschen hatten die Deutschen „diszipliniert ausgeführt“ und damit einen unter der dünnen Oberfläche der Zivilisation jederzeit drohenden Rückfall in die Barbarei bloßgelegt. Zum anderen war durch die Erfindung der Atombombe die Apokalypse zum technisch Machbaren geworden und der Horizont der Geschichte in unabsehbarer Weise verengt, weil man erstmals nicht mehr sicher sein konnte, ob auf den Trümmern einer untergegangenen Gesellschaft wieder eine neue erwachsen würde.
Doch hatte Benjamin den klassischen Fortschrittsglauben des traditionnelen Marxismus schon mit den Material- und Menschenschlachten des 1.Weltkriegs aufgegeben und eine Philosophie entwickelt, die im Kern jener postmortalen grauenhaften Beweisen gar nicht mehr bedurfte. „Die Elemente des Endzustandes liegen nicht als gestaltlose Fortschrittstendenz zutage, sondern sind als gefährdetste, verrufenste und verlachte Schöpfungen und Gedanken tief in jeder Gegenwart eingebettet“ (II/1, 75).
Das materialistische hatte das jüdische Element in sich aufgenommen.(5) Dies führt auf obenstehenden Aphorismus zurück. Die entscheidende Frage, wer hier wen in den Dienst nimmt, die Theologie den Materialismus oder umgekehrt, ist dem Text jedoch nicht zu entnehmen. Es ist meiner Ansicht nach sicher, dass sich die grammatikalische Tücke, nach der es unentscheidbar ist, worauf sich das relativische „die“ bezieht, nicht zufällig eingeschlichen hat, sondern vom Autor ganz bewusst eingesetzt wurde. Um davon ein Verständnis zu gewinnen, muss zunächst sein Verständnis des Materialismus skizziert werden. Dabei offenbart sich die Ahnung einer Begrenztheit der marxistischen Kategorien, um deren klare Bestimmung sich auch Adorno zeitlebends gedrückt hat.

Kein homo oekonomicus

Benjamin konzediert, dass die bisherige Geschichte vom Kampf um Selbsterhaltung, in starkem, aber nicht ausschließendem Maße um reale Güter, also dem Eigentum an der Natur, vom unbehandelten Rohstoff bis zur raffiniert hergestellten Maschine, geprägt wurde. Die Entwicklung des menschlichen Geistes kann nicht, wie es der Idealismus tut, davon losgelöst betrachtet werden. Alle Vermögen des menschlichen Geistes, von der puren Wahrnehmung über die Konzentration bis zur scharfsinnigen Wissenschaft haben sich vielmehr erst im Verlauf von Jahrzehntausenden in der Interaktion mit der Umwelt gebildet. Und so sind auch die jeweiligen Formen des Denkens von der gesellschaftlichen Umgebung seines Trägers abhängig.
Unter gesellschaftlichen Bedürfnissen genealogisch aber ausschließlich ökonomische zu verstehen, welche wegen ungenügender Befriedigung von phantastischen, religiösen nur ungenügend ersetzt werden, diese landläufig vertretene marxistische Ansicht, teilt Benjamin nicht. Wie Christoph Türcke in schlagender Weise an der Ur- und Frühgeschichte mit ihren jahrtausendelange Menschenopferungen bei allen bekannten Kulturen gezeigt hat, bestand neben dem körperlichen Bedürfnissen von jeher ein weiteres starkes nach so etwas wie Verständnis der und Geborgenheit in der Welt. Dieses äußerte sich über eine unausdenklich lange Zeit nur negativ in einem gruseligen, später heiligen Schauer vor der unbegriffenen Umgebung und zeitigte die schlimmsten Greuel der manisch besessenen Menschenheit. Die psychologische Bewältigung desselben und nicht allein die äußere Arbeit, die theo-physiognomie Verfasstheit des Menschen im ganzen, haben sodann den Geist entspringen lassen. Ob seine Bedürfnisse einzig durch rationale Gebrauchsgüterproduktion schon befriedigt wären, ist daher stark zu bezweifeln.(6)

Kein Automatismus des Fortschritts

Bekanntlich widersprechen Marx zufolge die statischen gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse, in die der ursprüngliche Naturzwang eingewandert ist, zyklisch den dynamisch steigenden Vermögen des Menschen über die Natur, die Produktivkräfte, was durch einen Umsturz der ersteren wieder harmonisiert wird. Derartige Revolutionen hätten als „Lokomotiven der Geschichte“ bislang die Gewähr für vernünftige, d.h. zeitgemäße Gesellschaftsordnungen geboten und eine letzte, die proletarische Revolution soll das große Finale bilden. Ein für die selbsttätige Vervollkommnung der menschlichen Entwicklung stehender Mechanismus, das materialistische Gegenstück zum Hegelschen Weltgeist, genauso wesenhaft objektiv, aber in seinen Erscheinungen empirisch wahrnehmbar. Eine verlockende Fortschrittsperspektive, die im Realsozialismus zur Staatsdoktrin avancierte. Sie hat ihre Vorgänger und Nachfolger in Protestantismus und Sozialdemokratie, welche übereinstimmend die Arbeit, unter kapitalistischen Bedingungen nichts anderes als selbstvergessenes Vegetieren, zum „Heiland der neuen Zeit“ kürten (I/2, 699).
Nach dem „irreparabler Riss des historischen Gewebes“ in den beiden Weltkriegen, war die „historische Mission des Proletariats“ (Marx) im progressiven Sinne zur ideologischen Durchhalteparole geworden. So konterkarierte Benjamin in Anlehnung an seine ursprüngliche Bedeutung (lat. revolvere = zurückwälzen) und unter Verwendung eines einschränkenden „vielleicht“ den marxistischen Begriff der Revolution, indem er ihn in einen „Griff nach der Notbremse“ des in apokalyptische Richtung reisenden Menschengeschlechts umdeutete.
Treffend zugespitzt hat das Heiner Müller: „Zwischen Marx und Benjamin liegt die Beschleunigung der technologischen Entwicklung. Sie kennen das Foto der Lokomotive, die den Bahnhof in der falschen Richtung verlässt – durch die Wand.“ Die auf ein Pariser Ereignis zurückgehende Metapher verschärft die Benjaminsche Sichtweise und ihren infernalischen Aspekt einer Menschheit, die von Anbeginn vom richtigen Gleis abgekommen ist, mosaisch gesprochen: aus dem ursprünglichen Paradies vertrieben wurde. Insofern liest sich die ganze Geschichte als Leidensgeschichte, als Durchschreiten eines Jammertales, als taumelndes Umherirren. Quer zu Marx schreibt Benjamin: „der Fortschritt, das So-weiter-machen ist die Katastrophe“ (I/3, 1244).

Die Fragwürdigkeit der materiellen Revolution

Anfangs vertrat Benjamin die klassisch marxistische Revolutionsvorstellung, die den gewaltsamen Übergang zum Sozialismus, mit der Perspektive des Kommunismus, der klassenlosen Gesellschaft meint. Über ihre brutale und destruktive Realität, wie sie durch die französische und russische Revolution belegt ist, war sich Benjamin im Klaren: das Proletariat tritt auf als „die rächende Klasse, die sich am Bild der geknechteten Vorfahren nährt“ (I/2, 700), voller „Hass und Kampfeslust“ (I/3, 1241). Das dabei auftretende anarchisch, rauschhafte Moment scheint ihm etwas Begrüßenswertes zu sein: „das Fest wartet auf den Augenblick des Mündigwerdens, in dem es seinen Bruder, die Panik im revolutionären Aufstand umarmt“(III, 434f.). Doch er glaubt an eine „Organisierung des Pessimismus“ (II/1, 307), an eine fruchtbare Synthese der wütenden Revolte mit den konstruktiven, in die Zukunft weisenden Elementen wie es den Kunstwerken des Surrealismus gelang, auch in der revolutionären Realität. Denn Klassenkampf bedeutet ja nicht, dass es den Unterlegenen schlecht gehen solle, er ist die Rettung vor der Barbarei der an ihren eigenen Widersprüchen zugrundegehenden Bourgeoisie durch das Proletariat (IV, 122). Befürchtet werden musste jedoch, dass ein bestimmter historischer Augenblick versäumt werden könnte: „Ist die Abschaffung der Bourgeoisie nicht bis zu einem fast berechenbaren Augenblick der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung vollzogen (Inflation und Gaskrieg signalisieren ihn), so ist alles verloren.“ (IV/1, 122)
In einer ganz anders gearteten Gegend, die nie über eine nennenswerte bürgerliche Klasse verfügte, hatte er während eines Besuch stalinistischen Moskau (26/27) die Realität der Revolution erlebt. Hier hatte er „Parole statt Erfahrung“, schon gar keiner neuartig-ungeschmälerten, die sich nach einer Aufhebung des Warenfetischs einstellen sollte sowie „Entpolitisierung“ registriert. Hier wurde er sich als Sohn aus gebildeten, bürgerlichen Hause seiner Distanz zum Proletariat bewusst: „Kommunist in einem Staate zu sein, wo das Proletariat herrscht, bedeutet die völlige Preisgabe der privaten Unabhängigkeit“ (VI, 359). Seinen Begriff vom Kommunismus, der ja einst den Umsturz im entwickelten Westen im Visier hatte, glaubte er nun der realen historischen Situation anpassen zu müssen.
Fortan war ihm Kommunismus nicht mehr deckungsgleich mit dem messianischen Reiche, sondern auf einer davon losgelösten politischen Ebene nur noch, ein Gedicht seines Freundes Brecht zitierend, „die geringste Forderung/Das Allernächstliegende, Mittlere, Vernünftige“. Nicht mehr „mein Credo“, sondern nur „das geringere Übel“. Nicht mehr die gerechte Verteilung des Reichtums, sondern bloß noch der Armut. Die Niedergeschlagenheit artikuliert sich 1930 in einem Brief an Gershom Sholem, in dem er sich, an Karl Krauss anschließend, über den Kommunismus wie folgt auslässt: er sei ein „vertracktes Gegenmittel... – der Teufel hole seine Praxis, aber Gott erhalte ihn uns als konstante Drohung gegenüber den besitzenden nationalistischen Ideologen“ (B.-Scholem 140).
Die Hoffnung auf eine beglückendere Gesellschaft, die in den Industrienationen ja mittels einer rationalen, nämlich dem menschlichen und nicht dem automatischen Subjekt unterworfenen Produktionsweise entstehen könnte, hatte er dennoch nicht aufgegeben.
Sollte diese aber jemals wieder eine Chance haben und nicht auf ein faschistisches oder nationalsozialistisches Trugbild regredieren, so müsste zuvor eine ungeheure theoretische Anstrengung die Massen erfassen. „Die Kraft zur Selbstbestimmung, zur Selbstreflexion und zum Nicht-Mitmachen“ nannte es Adorno in „Erziehung nach Auschwitz“.

Die Voraussetzung der Revolution: die Reflexion (des dialektischen Bildes)

Zeitweilig, bis auf weiteres, kann die einzig wahre Revolution daher nur im Geiste des Intellektuellen, in der zeitweiligen Durchbrechung des (in Marxens Kapitalanalyse erörterten) verdinglichenden Denkens(7) stattfinden. Gelänge es, eine mimetisch-leibhafte Kommunikation, ein gedankliches Anschmiegen, das sein Vorbild in der Kunst hat, mit einer materialistischen Deutung zu verbinden, so könnte ein „mit Jetztzeit erfüllter Augenblick“ (N 11,3) der Geschichte ihr Geheimnis entreißen. Es geht also um Wahrheit im emphatischen Sinne, keiner gedanklichen Übereinstimmung mit den Tatsachen, sondern das Glück der Erkenntnis.
Benjamin hält nichts von den sogenannten „Gesetzmäßigkeiten“ der Induktion und Deduktion der herrschenden Wissenschaftstheorie, denen schon Hume ihre Insuffizienz nachgewiesen hatte, noch sollte es bei dem schmalen Erfahrungsbereich des Kantschen „Ding für uns“ sein Bewenden haben. Die von der Wissenschaft in die Sphäre der Unwirklichkeit, der Psychologie und Kunst abgewiesenen Gefühle und Einbildungen, die von der Logik übergangene stetige Wandlung der Dinge in der Geschichte, die von ihr nicht zu leistende Auffassung einer „jeden gewordene Form im Flusse ihrer Bewegung“,(8) all das sollte bei der Konstruktion des Gegenstandes Berücksichtigung finden.
Benjamins Erkenntnistheorie, die nirgends systematisch zusammengefasst ist, ließe sich wie folgt beschreiben. Wahrheit und ihre Erkenntnis sind „an einen Zeitkern, welcher im Erkannten und Erkennenden zugleich steckt, gebunden“ (N 3,2). Um ihm teilhaftig zu werden, muss der Betrachter seinem Gegenstand, gewissermaßen vor seinem geistigen Auge, einen Chock versetzen, ihn zum Zwecke der Betrachtung in die Unbeweglichkeit bannen. Die temporäre Stillstellung bewirkt eine Kristallisation zur Monade (I, 702f.), die er auch als „dialektisches Bild“ bezeichnet. Dieses ist nichts anderes als eine geglückte Konfiguration von Gewesenem und Jetzt, insofern sich die Gegenwart als in der Vergangenheit gemeint begreift. So würde „die Geschichte, in allem was sie Unzeitiges, Leidvolles, Verfehltes von Beginn an hat“ (I, 343) dem Betrachter für einen Augenblick durchsichtig. Aus dem eingeschläferten „Es war einmal“ der historischen Erzählung träte das Uneingelöste hervor (O, 71). Es erscheint bei Benjamin als die Triebfeder der geschichtlichen Bewegung, keiner automatisch-teleologischen, durch die Widersprüche hindurch sich veredelnden, sondern als das den menschlichen Handlungen zugrunde liegende. Gleich der Hegelschen „Eule der Minerva“, die erst in der Dunkelheit ihren Flug beginnt, gibt sich die von jeher gehegte menschliche Hoffnung auf Glück und Erlösung in ihrer konkreten Gestalt, erst im Nachhinein, aus einer günstigen geschichtlichen Perspektive zu erkennen. Weil die Erkenntnis dem blinden Geschichtslauf zumindest im Medium der Reflexion Einhalt gebietet, kann es als „Aufsprengen des Kontinuums der Geschichte“ aufgefasst werden. Ein Vorläufer jener gedankliche Figur, die bei Adorno in Anschluss an Hegel „bestimmte Negation“ heißt und an der Benjamin das zeitliche Element, „den Tigersprung ins Vergangene“ (I/2, 701) hervorhebt.
Der Clou daran, mit dem der Gedankengang steht und fällt, ist nun die folgende Behauptung: der unheilabwehrenden Schreckensblick („gorgonischer Blick“) auf die „erstarrte Urlandschaft des Mythos“ (I, 343) schlage blitzhaft in eine messianische Perspektive um. Dass der tiefsten Hoffnungslosgkeit Theologie zufalle, ist für Benjamin kein psychologischer Fehlschluss, wie ihn Nietzsche virtuos demonstriert hat, sondern geheimnisvoller- oder natürlicherweise, je nach Sichtweise, real und berechtigt. Aus dem Schrecken der geschichtlichen Situation, dem mythischen Immer-Gleichen, wird kein materiell Positives wie bei Hegel, sondern die Hoffnung errettet. Möglich sei dies, weil im kollektiven Unterbewussten die urgeschichtliche Idee des Glücks aufbewahrt sei, welche „in Durchdringung mit dem Neuen die Utopie“ entstehen lasse (V, 47).
Im Zeitkern der Wahrheit, dem diese Dialektik auf die Schliche kommt, steckt also ein übergeordnet Messianisches, das einer platonischen Idee nicht unähnlich sieht.(9) „Das Gewesene einer bestimmten Epoche (ist) doch immer zugleich das ‘Von-jeher-Gewesene’“ (N4, 1). Der anarchistische Sprung aus der Geschichte verdankt sich somit einer höherwertigen Konstanten: einer sogenannten „adamitischen Ursprache“. Diese wird als „eine letzte, nur in ihrer Entfaltung zu betrachtende, unerklärliche und mystische Wirklichkeit vorausgesetzt“ (II, 147). Wie der jüdische Gott an seinen Wirkungen, Taten und Schöpfungen und nicht an seinen Eigenschaften zu erkennen ist, so sei auch die Ursprache nur in ihrer Entfaltung beobachtbar und ihr Wesen tabu. Unter dieser Bedingung kann er konstatieren, dass das Profane kein Gegenbegriff zum Heiligen, d.h. Heilenden, ist, sondern ein im tiefsten Wortsinne notwendiges (!) Gegenstück, auf das es verweist. Das Profane ist „eine Kategorie, und zwar der zutreffendsten eine, (des) leisesten Nahens“ des messianischen Reiches.
Der modifizierte Revolutionsbegriff Benjamins bezeichnet also einen gedanklichen Zustand, „in dem die Historie als in einem Brennpunkt gesammelt ruht, wie von jeher in den utopischen Bildern der Denker“.

Messianismus als Voraussetzung progessiven und kritischen Denkens

Was Benjamin mit all dem deutlich machen will, ist die im Inneren des Materialismus verhüllt waltende Theologie: „Im Kommentar zu einer Wirklichkeit ist Theologie die Grundwissenschaft“ (N 2,1). Jede Bemühung um Emanzipation des Menschen von der Natur, dem jeweiligen Stand der Produktivkräfte gemäß, fließt notwendig „aus der Kraft eines Bildes, das wohl als ganzes, nach dem abstrakten Maßstab überhaupt gezeichnet sein mag.“(10) Dieses messianische Bild entspringt dem „Motiv der Rettung des Hoffnungslosen als Zentralversuch aller meiner Versuche (...), ohne daß mir ein mehr zu sagen bliebe.“(11) Wenn wir ein progressives Urteil über einen bestehenden Sachverhalt abgeben wollen, d.h. ihn nicht bloß an vergangenen Erfahrungen, sondern an so etwas wie unserem Anspruch auf Glück zu messen, so lassen sich dessen Ursprung und Berechtigung nur höchst unklar ausdrücken. Etwa so: „Erkenntnis hat kein Licht, als das von der Erlösung her auf die Welt scheint.“(12)
In der Adornitischen Dialektik findet man das in den Schlüsselbegriff des Scheins übersetzt. Der über die Wirklichkeit herrschende Schein (das Unwesen, das ein mögliches Wesen blockiert) der Wertform und des Warenfetischismus muss durchdrungen, um eines Scheins vom Paradiese, einer möglichen Zukunft gewahr zu werden. Zu Recht, so Adorno, ist der Wunsch der Vater eines jeden Gedanken, zu Recht sieht sich daher jede Sache mit ihrem Begriff konfrontiert, an dem sich stets etwas Wünschenswertes, ein utopischer Überschuß findet. Messias und Erlösung erweisen sich demnach als Begriffe für ein denknotwendiges Idealbild, das wir bei jedweder Kritik antezipieren müssen. Eine „inverse Theologie“, die kein vergangenes Paradies behauptet, sondern vermöge einer Ahnung davon, auf ein mögliches zustrebt. Es steht aber nicht im subjektiven Belieben, jedweden Unsinn darunter vorzustellen, denn die hier verfochtene Wahrheit ist objektiv: „Es gibt in Gottes Namen nur eine Wahrheit“.(13)
Hinzu kommt noch ein anderes: Adorno hat immer darauf beharrt, dass trotz aller begrifflichen Anstrengung des insistierenden Denkens die Wahrheit nicht voll kommuniziert werden kann. Denn der wahre Gedanke sei nicht deckungsgleich mit dem Ausspruch eines wahren Satzes, wenn er nicht erlebt wird. Die Erkenntnis des dialektischen Bildes gibt es nur blitzhaft, sein Ausdruck „ist der langanhaltende Donner“ darauf (N1,1).(14) Das die Begriffe transzendierende Surplus, durch das an die Dinge wirklich herangereicht werden soll, wird von Benjamin offen „theologische Erfahrung“ genannt. Damit eine solche jedoch nicht hypostasiert, systematisiert und Gegenstand eines öffentlichen Kultus, d.h. vom Individuum abgekoppelt wird, dürfe sie in Chiffren, implizit, aber nicht explizit ausgesprochen werden.
Um es unmißverständlich klarzustellen: Nichts liegt Benjamin ferner als die Errichtung einer verbindlichen Religionsgemeinschaft, die eine vollzogene Erlösung ja gerade fälschlicherweise behaupten würde. Die Ordnung des Profanen ist einzig der Idee des Glücks verpflichtet, die, in der vernünftigen Gesellschaft verwirklicht, sozusagen die Bedingungen der Möglichkeit „des leisesten Nahens“ des Messias zu schaffen hätte. Es scheint ein schwer zu schließender Widerspruch zu sein, wenn Benjamin dabei im gleichen Zusammenhang für die „Methode des Nihilismus“ Partei ergreift, was doch nur den Ausschluss idealistischer bzw. theistischer Ideen einer außerweltlichen Hilfe bedeuten kann. Er sieht den Menschen in der Verantwortung mit der ihm „mitgegebenen schwachen messianischen Kraft“ (I/1, 692f.) die Welt zu verändern.
So wundersam der Zufall des Geistes an eine Spezies, die über Jahrzehntausende ihr eigen Fleisch und Blut gefürchteten Wahngebilden opferte, so stark die Verpflichtung zur tätigen Hoffnung auf Überwindung der blockierten, blinden, naturwüchsigen, kapitalistischen Gesellschaft. Erst dann wird sich erweisen, ob der Begriff des messianischen Reiches nur eine Metapher für ebenjenen politischen Zustand gewesen war, in dem sich die Erlösung bereits eingestellt hat und die Idee des Messias und des Glücks vollständig ineinandergefallen sind.

Christian Scheiter

Fußnoten:
(1) Die Schrift, welche Gedanken enthält, die „ich an die 20 Jahre bei mir verwahrt, ja verwahrt vor mir selber gehalten habe“, hatte er lediglich zu Diskussionszwecken an Adorno und das Institut für Sozialforschung geschickt, weil sie „dem enthusiastischen Missverständnis Tür und Tor öffnen würde“ (I/3, 1226f.). Sie wurde nach seinem Tode publiziert. Es gibt aber mindestens noch zwei „freigegebene“, sehr ähnliche Aphorismen: „das Löschblatt“, (V/1, 588) und „der Engel der Geschichte (I/2, 697).
(2) Ich zitiere jeweils Band und Seite aus den Gesammelten Werken. Ausnahme: wenn Buchstaben auftreten, ist das „Passagenwerk“ gemeint.
(3) Für diejenigen, die damit etwas anfangen können: Er bezeichnet dort Nietzsche neben Tolstoi und Strindberg als mögliche Propheten einer neuen Religion.
(4) Ebenso notwendig drängen die zahlreichen in der Torah auftretenden menschlichen Eigenschaften der Gottheit, wie die Ebenbildlichkeit, die Abstraktheit zugunsten einer fasslichen, letztlich freundschaftlichen Beziehung zwischen den Israeliten und Gott etwas zurück. Denn gegen die sinnlich fassbaren Götzenfiguren der Vorzeit und aller anderen Völker hat kein Abstraktum, sondern nur eine in Schrift und Erzählungen niedergelegte, mit konkreten Glücksvorstellungen durchsetzte Verheißung bestehen können. Nur so konnte der Monotheismus den Urschrecken, das zerfließende, schauerliche Mana der Vorzeit aus dem Felde schlagen.
(5) Freilich war es in seiner persönlichen Entwicklung andersherum. Zwar schrieb er schon 1912, dass das Judentum „in keiner Hinsicht Selbstzweck, „sondern ein vornehmster Träger des Geistigen sei“ (II/3, 839) und institutionell in einem „Organismus linker Parteien“ (II/3, 843) bestehe. Doch erst 1924 begann er, ausgelöst durch Bekanntschaft mit der Kommunistin Asja Lacis, sich mit den ökonomischen Schriften Marx’ zu befassen, was er auf Drängen Adornos 1929 intensivierte.
(6) Diesen Aspekt konnte ich leider nur andeuten. Wie wohl die Furcht vor dem mythischen Grauen am Anfang der menschlichen Entwicklung stand, wie die unwillkürlich-epileptische Reaktion des Schreien und Stammelns die Sprache und des Einritzen und -stechens die Schrift inspirierten, wie wohl alles Profanisierte aus dem Grauenerregnden und Heiligen stammt, legt Türcke in seinen Büchern „Sexus und Geist“ sowie „Erregte Gesellschaft“ dar.
(7) Die an Marx anschließenden Denker haben für die Genese der im Kapitalismus unhintergehbaren verdinglichten Denkform unterschiedliche Erklärungen. Während Lukacs und Sohn-Rethel sie von der Warenform ableiten, also erst mit der Güterproduktion für anonyme Märkte einsetzen lassen, sieht Adorno in ihr eine mit der Entstehung des Geistes verknüpfte Notwendigkeit, mit der die bedrohliche Natur gedanklich fixiert werden konnte.
(8) Marx, Das Kapital I, 28
(9) Es ist sehr fraglich, ob Benjamins Hinweis, es handle sich bei seiner Augenblickskonstellation eben nicht um eine zeitlose Wahrheit, ihn aus den Fängen Platons und dessen Anamnesislehre befreien könnte und sollte. Wenn „der einzigartige Wert des ‘echten’ Kunstwerks“ und „noch die profansten Formen des Schönheitsdienstes“ „immer theologisch fundiert sind“, so scheint deren Aura einer Art „Idee des Schönen“ zu entstammen. Adorno, von Schnädelbach als „Platoniker des Nicht-Identischen“ kritisiert, hat eine solche Verwandschaft stets von sich gewiesen. Damit zusammen hinge die Frage, ob irgendeine Philosophie bzw. Sprachtheorie ohne die Setzung eines Untersten, Letzten, das bloß benannt, aber nicht kausal erklärt werden kann, auszukommen vermag.
(10) Adorno, Kierkegaard, 234
(11) Adorno-Horkheimer, in Horkheimer, Gesammelte Schriften Bd.15, Frankfurt 1995, 328
(12) Adorno, Minima Moralia Nr.153
(13) Adorno, Über Walter Benjamin, 141
(14) Das leuchtet mir in den geisteswissenschaftlichen Bereichen, der menschlichen Geschichte und Psychologie ein, die Übertragung auf die Naturwissenschaft ist indes problematisch. Denn affektiv so entfernt liegende Gegenstände, wie jene der Atomphysik oder der Mathematik scheinen mir kaum einen Erlebnischarakter zu besitzen. Anders ausgedrückt: Kann beim Aussprechen von „2 plus 2 ist 4“ mehr oder weniger Wahrheit empfunden werden?


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last modified: 28.3.2007