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review corner Buch, 1.8k

Eine Idee


Norma liest uns vor aus: DJ Tage, DJ Nächte

Nun hat sich endlich mal jemand getraut, über Geschichten innerhalb der DJ-Kultur zu schreiben – wer, bleibt hier erst mal außen vor...
Der Titel des Buches lautet „plus minus acht“ und ist ein Bericht bestehend aus Anekdoten und Beobachtungen – mal von hinter den Plattentellern gesehen. Um Euch das jetzt näher zu erläutern, hab’ ich mir mal erlaubt, eine kurze Passage aus dem Buch zu nehmen...

Hörerwünsche: Es gibt verschiedene Phänotypen des Musikwünschens. Mindestens einer von Ihnen meldet sich in jeder Nacht.
Da wäre zunächst der Typus des banalen Ignoranten. Er ignoriert einfach den Fakt, dass der DJ ein gewisses Programm verfolgt und ein Rahmen existiert und wünscht sich einfach, was ihm privat gefällt, sagen wir: Die Toten Hosen oder Jimi Hendrix. Sehr oft fordert dieser Mensch es generalistisch „härter“, „schneller“ oder „Techno“. Oder er wünscht sich „weiß auch nicht, ganz andere Musik“ oder „normale Hits“. Er nimmt überhaupt nicht wahr, dass da eine vielleicht volle, geschäftige oder sogar hysterische Tanzfläche ist und alle außer ihm mit der Musik sehr zufrieden sind. Diese Jungs und Mädchen sind zum Glück meist recht nett und genügsam und trollen sich oft schon nach einem freundlichen „nö“.
Unangenehmer sind die Kandidaten, die sich bereits mehrere Alternativen zurechtgelgt haben oder an Ort und Stelle darüber nachdenken. Für den Fall, dass man die erste Wahl nicht hat:
„Kannst du mal ‘lalala-lalalala-laaa’ von Kylie Minogue spielen?“ – „Meinst du ‘Can’t get you out of my Head’?“
„Jaja genau.“… – „Aber das mach ich doch gerade.“
„Oh echt? Stiiimmmmmt. Naja.“
Moment – vielleicht ist das gar kein Wunsch. Vielleicht geht es um etwas ganz anderes. Wünsche können auch ein Vorwand sein, um mit dem DJ privat ins Gespräch zu kommen oder ihn anzubaggern.
„Kann ich mir trotzdem noch was anderes wünschen?“ – „Du kannst es ja probieren.“
„Na gut : ich wünsche mir ein Kind von Dir.“
Ob das ein charmanter Scherz oder gefährlicher Ernst ist, kann der DJ jetzt unmöglich beurteilen und blockt. Er muss plötzlich dringend Bässe killen. Als er sie irgendwann wieder zurückbringt, ist die irritierende Erscheinung enttäuscht verschwunden.
Entsetzlich die enttäuschten Augen, wenn man mitteilen muss, Stevie Wonders „Happy Birthday“ leider nicht dabei zu haben. Verständnislose Blicke, dass man dem Geburtskind auch nicht mit „My Way“ von Frank Sinatra oder „Somewhere over the Rainbow“ von Marusha eine Freude machen kann.
„Du hast ja gar nichts“...
Nur zehn Minuten später fragt ein Typ mit Schnauzbart, Schiebermütze und weinroter Adidas-Trainingsjacke:
„Hallo, Alder, sach mal, hast du ein Mkrofoun da?“
Ein einfaches, notfalls gelogenes „nein, leider“ ist zwecklos. Der Typ ist ein Freestyle-Battle-Rapper und MC, noch von der alten Schule, wie er betont. Er kennt alle Survival-Tricks des Trades.
„Ist kein Problem, Alder, wenn du kein Mikrofoun hast. Ich mach das durch den Kopfhörer.“
Es sollte von innen abschließbare DJ-Boxen geben. (...)

Aus: Hans Nieswandt, „plus minus acht. DJ Tage, DJ Nächte.“, Verlag KiWi, Köln

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last modified: 28.3.2007