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das Erste, 1.3k

Zum Sicherheitswahn der deutschen Friedensbewegung gegen Israel

Ralf, 15.1k Die deutschen Anti-Terror-Päckchen und Anti-Geld-Wäschebündel der inneren Sicherheit sind von Schily und den anderen partei- aber gerade jetzt nicht vaterlands-losen Gesellen längst geschnürt und der Tornister des Rekruten schon geschultert, da fängt in der Linken die Aufregung als Sturm im Cocktailglas an zu brodeln.
Man wirft denen da Oben jetzt vor, daß sie alle Amerikaner sein wollen, deshalb keine Deutschen mehr kennen und plötzlich sämtliche deutschen Grundwerte über Bord zu werfen bereit seien. ‘Wenn das so weiter geht’, so tönt es allerorten von links, ‘haben wir bald wieder die Todesstrafe eingeführt und wir haben so schlimme Zustände wie in Amerika. Man denke nur an das Schicksal unseres Knuddelbären Mumia, aus dem ham die Amis ja längst ‘ne lebende Mumie gemacht, die Schweine’.
Der neuaufgelegte Gesellschaftsvertrag ist also auch von den meisten Linken unterschrieben: man kennt nur noch Deutsche, weil man genau weiß, wer die Amerikaner wirklich sind.
Der Rechtsstaat sei in Gefahr. Das können gerade diejenigen gegenwärtig nicht laut genug rufen, die in der WG-Küche noch die Plakate von der Zusammenlegung und Freilassung aller politischen Gefangenen des bewaffneten Kampfes hängen haben, nachts immer noch von der bewaffneten Revolte träumen und umso besser schlafen, anstatt von den Gedanken an Deutschland um den Schlaf gebracht zu werden.
Man hat halt ein wenig vergessen, daß es mal zum A und O des Stadtguerilla-Konzeptes gehörte, den Rechtsstaat an sich selbst vorführen zu wollen und seine faschistische Fratze dadurch sichtbar zu machen.
Ist das der späte Sieg der Propaganda der Tat oder zumindest ihre Rache als enterbte? Ist Schily doch noch mit der RAF verbandelt und ging nur den ausgefuchsten Weg durch die Instanzen? Und ist der Einsturz der Twin Towers gar Teil des mittelfristigen Gesamtkonzeptes?
Nun, nicht nur die Zeiten haben sich geändert wie man weiß, sondern auch die Gedanken, die freien, die man sich um den Zustand Deutschlands macht. Und das ist wohl selbst am revolutionärsten WG-Tisch angekommen.
Man plaudert also drauf los, wie die Herrschenden doch dem Rechtsstaat den Garaus machen wollen und wer das wirklich mitverantworten wolle, der solle halt für Krieg plädieren. Aber, das sagen uns die Schlauberger gleich mit, nicht der Krieg ist die Lösung, sondern der Rechtsstaat, den es zu verteidigen gelte.
Nicht gerade überraschenderweise ist das, was man uns da regierungsamtlich als Care-Pakete fürs Vaterland andrehen will, eine Mischung aus dem, was man schon immer mal durchsetzen wollte, aber nie wirklich sich durchzusetzen wagte, und hysterischer Panik vor einem wahnsinnigen Gegner, der tatsächlich den Westen und seine variablen Warenwerte bedroht. Weil die Grenze von Außen und Innen der Bedrohung entgegen der Kriegspropaganda am Ende doch nicht verschwommen ist, wird die Sicherheitsfrage zum Masterplan der deutschen Innenpolitik.
Das Falscheste, was man jetzt tun kann, ist Hals über Kopf den Protest gegen diese innenpolitische Hysterie zu organisieren anstatt die objektiven Hintergründe bei Staat und Kapital zu analysieren und daran die Kritik auszurichten.
Es bedeutet eine Falle für radikale Gesellschaftskritik, die Rolle der Verteidiger der bürgerlichen Werte, des Rechtsstaates oder gar der FdGO zu übernehmen, ohne die besonderen Konstellationen und Hintergünde dialektisch mit zu denken.
Es reicht gerade nicht aus, nur der Meinung zu sein, es tue ja heutzutage sonst niemand mehr für einen – die vielbeschworene angeblich verstorbene linksliberale Öffentlichkeit ist ohnehin ein linker Mythos erster Güte.
Radikale Kritik beraubt sich so ihrer Essenz und macht sich gefügig. Sie kann dagegen nur geübt werden, wenn man auf der Schwelle zum Zynismus dialektisch austariert, wie sehr man sich von der Realpolitik nicht einlullen lassen will.
Aktuell muß jetzt die Frage auf den Tisch – und damit ist gerade nicht der Katzentisch der Theorie als Nebenkriegsschauplatz gemeint –, was bürgerliche Freiheit ist. Es muß geklärt werden, was Humanismus bedeutet, was Menschenrechte überhaupt sind. Was Recht und Unrecht überhaupt ausmachen, was den Zweck und die Mittel und somit den Charakter des bürgerlichen Staates verkörpert und, was als Dauerbrenner als am allerwichtigsten zu benennen wäre, was Kapital überhaupt ist - oder besser: was Kapitalherrschaft ist und was die sogenannten Herrschenden denn sein sollen, die genauso unter der Herrschaft des Kapitals stehen wie die, die sich an ihrer Kritik versuchen.
So nur läßt sich klären, wessen Rechte eigentlich die Rechte sind, die man als Bürgerrechte einfordert, was die Gleicheit im Kapitalismus überhaupt bedeutet.
Kurzum: eine Linke muß es schaffen, über die Forderungen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit hinauszukommen, sie muß die Negation der Negation, die bürgerliche Verneinung der Freiheit verneinen und nicht bejahen!
Das schließt eine eindeutige Position zur Friedensbewegung explizit ein. Wo waren denn diejenigen Friedensengel, die jetzt zu zehntausenden auf die Straße gehen, während der mehrere Jahre dauernden Zerschlagung Jugoslawiens? Nun, man kann durchaus wissen, warum sie nicht gesehen wurden: sie fanden es in Ordnung, weil ihr eigenes Vaterland an den humanitären Einsätzen beteiligt war. Als Belgrad von der Nato bombardiert wurde, da hat man – von wenigen Ausnahmen abgesehen – allerorts geschwiegen!
Hermann L. Gremliza hat vor geraumer Zeit sein Lebenscredo benannt: in dubio contra – im Zweifel dagegen. Dem sollte man sich anschließen, am selbstlosen Charakter der Friedensbewegung erhebliche Zweifel anmelden und deshalb gegen sie sein.
Selbst dann, wenn man die Einschätzung nicht teilt, daß die Friedensbewegung auf den deutschen Straßen der verlängerte ideologische Arm der deutschen Außenpolitik ist, inklusive ihres Strebens nach Weltmacht, das sie „Verantwortung der Deutschen“ nennen, so sollte man zumindest die Lehren aus den Golfkriegsprotesten ziehen und wissen, daß es dieselbe antiamerikanische und antizionistische Klientel ist, die als Friedensengel in Deutschland aufmarschiert.
Dieselben, denen der atomare Holocaust alles, und der an den Juden nichts bedeutete, denen Israel keine Träne wert war, als die irakischen Raketen auf Tel Aviv abgefeuert wurden, sind die, die die Taschentücher nicht voll genug bekommen können, wenn es um die Betrauerung des sogenannten anglo-amerikanischen Bombenterrors vom 13. Februar 1945 auf Dresden geht. Daß es auch jetzt wieder ein anglo-amerikanischer Bombenangriff auf Afghanistan ist, den man, aus der Unfähigkeit wirklichen Trauerns heraus, verabscheut, macht in der deutschen Friedensbewegung als geflügeltes Wort unter noch vorgehaltener Hand längst die Runde.
Für die Friedensbewegung steht der Hauptfeind nicht im eigenen Land, wie es sich gehören müßte, nein, die Feinde sind traditionell die USA und Israel, daran hat sich nichts geändert. Eine antideutsche Zeitschrift hat geschrieben: Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder. Und genau so ist es. Genau so war es im Golfkrieg und genauso gilt es hinsichtlich Israel.
Nach dem 11. September gibt es ein zweites böses Erwachen: bekanntlich sind die USA von Israel zu Gunsten der islamischen Welt abgerückt und haben selbst Iran und Syrien in die Anti-Terror-Koalition aufgenommen – nicht aber Israel. Nicht im Fadenkreuz der Antiterror-Bekämpfung der USA sind audrücklich die Mörderbanden Hamas, islamischer Dschihad und Hisbollah. Damit haben sich die USA als einzigster verläßlicher Verbündeter Israels in einer bisher nie gekannten Qualität von Israel distanziert.
Ariel Scharon, der Israelische Premier, bemühte daraufhin einen geschichtlichen Vergleich, den er wie folgt zog: Er sagte, daß das Abrücken der USA einem Kniefall gleichkäme, wie man es 1938 im Abkommen von München vor den Deutschen hinsichtlich der Tschechoslowakei getan hätte. Und er warnte: „Wiederholt nicht den schlimmen Fehler von 1938, als die aufgeklärten Demokratien in Europa beschlossen, die Tschechoslowakei für eine bequeme, aber flüchtige Lösung zu opfern.“ Und aus dem Abrücken der USA schlußfolgerte er für die Israelis: „Wir können uns nur noch auf uns selbst verlassen, und von diesem Tag an (dem Tag des Abrückens der USA – R.) werden wir uns nur noch auf uns selbst verlassen.“
Was Scharon uns sagen will, läßt sich besser so verdeutlichen: die Palästinenser können sich stärker denn je als die Sudentendeutschen fühlen, die, unter der Führung des zukünftigen Gauleiters Arafat, endgültig heim ins arabische Reich geholt werden.
Moshe Zimmermann bringt es in der aktuellen Ausgabe der Allgemeinen jüdischen Wochenzeitung auf den Punkt, wenn er daraufhinweist, daß der Vergleich mit 1938 nur belege, „wie verzweifelt die Situation für Israel gerade nach dem 11. September (...) ist.“
Was das für deutsche Linke bedeutet, darüber müßte man eigentlich keine Worte verlieren. Daß man es doch muß, ist gerade das Problem. Stärker noch als alle anderen Deutschen, versuchen deutsche Linke aus ihrer eigenen persönlichen Geschichte als Deutsche auszusteigen, in dem sie statt den Kampf gegen die deutschen Zustände aufzunehmen, wie Karl Marx es einst forderte, lieber ihre eigene Unfähigkeit auf andere revolutionsromantisch projizieren. Kampf den deutschen Zuständen und die Verachtung der deutschen Ideologie aber heißt: Schluß mit der linksdeutschen feudal- und Kolonialromantik von Unterdrückten und Unterdrückern, die erst jüngst in Durban als Kampfansage gegen Israel zur antirassistischen Chefsache mit dem Charakter einer Dienstanweisung mit Weltgeltung als bindend für alle Gutmenschen dieser Erde erklärt wurde.
Die Weltgeschichte hat längst mit vernichtenden Taten gesprochen: Die wirklich Verdammten dieser Erde sind nicht die unterdrückten Völker der verflossenen Kolinialgeschichte, sondern das zerschlagene und um den Erdball gejagte Volk der Jüdinnen und Juden! Deshalb gibt es für linke Deutsche in dieser Situation nur zwei Parolen: Solidarität mit Israel! Lang lebe Israel!
Ralf


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last modified: 28.3.2007