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Brother

Schweigsames Kino in kitschigen Polstersesseln – ein Versuch mit Takeshi Kitano.
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...Zwitter-Zombies fertig geworden, 7.3k

[Takeshi Kitano: Brother, 2000]

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Man kann nicht sagen, ob einem „Brother“, der letzte Film von Takeshi Kitano, gefallen soll. Natürlich spielt es eigentlich keine Rolle, ob man in der nato sitzt oder – wie jetzt – in der Passage. Aber es waren mehr Zuschauer als bei den anderen Kitano-Filmen zugegen, es kostete nicht nur 7,- DM und eigentlich liefen doch alle Kitano-Filme in der nato. Davon mal abgesehen.
Die handlung ist einfach: der Boss einer japanischen Mafiafamilie (deren Mitglieder die „Yakuza“ sind) wird von den Schergen eines Konkurrenzunternehmens erschossen. Die Untergebenen haben nicht aufgepasst. Sie sind schuld und könnten sich gleich den kleinen Finger abschneiden oder den Bauch zur Einsichtnahme in das Gedärm aufschneiden. Das kommt aber später. Die Reste der Familie schliessen sich der Konkurrenz an oder wissen nicht, was sie machen sollen. Einer (der Yakuza Aniki, gespielt von Kitano selbst), der nicht auf seinen Boss aufgepasst hat, flüchtet nach Los Angeles, weil er nicht in die neue Familie passt oder passen will. Er besucht seinen Bruder Ken, drückt auf dem Weg dahin einem schwarzen Mitbürger (für die Interessierten: Omar Epps) eine Weinflasche auf das Auge, stellt fest, dass sein Bruder zusammen mit dem Schwarzen (jetzt mit kaputtem Gesicht) und einem weiteren Kollegen Drogen verkaufen, stellt sich an die Spitze der Bande, legt sich erst mit den Mexikanern („die Mexen“) und dann mit den Italienern an. Er baut seine eigenen Familie auf. Es wird der Kampf der japanischen Yakuza-Moral und der amerikanischen Drogendealer in Form von Latinos und Italienern gezeigt. An den Italienern wird er scheitern.
Im vergleich zu „violent cop“ und „hana bi“ („sonatine“, „boiling point“ etc. hat der Autor nicht gesehen) ist „Brother“ viel brutaler. Er wäre wahrscheinlich noch brutaler, wenn wir alles sehen koennten, was Kitano in seiner 3-Stunden-Schnitt-Fassung uns zeigen wollte. Es wird nicht nur klassisch erschossen. Gesichter zerfallen an der Wand, wirklich viele kleine Finger werden abgesäbelt und Essstaebchen (schon beliebt aus „hana bi“ im Auge des Gegners) durch die Nase gestossen.
Geschwiegen wird aber immer noch viel. Kitano bzw. Aniki sagt nicht viel. Besonders eindrücklich gemacht ist dies am Anfang: er steht fast 2 Minuten vor dem Flughafen von Los Angeles, wartet und wird mit wandernder Kamera und zuckendem Gesicht gezeigt (das Zucken kommt von einem Verkehrsunfall, den Kitano wirklich mal hatte und ist seinem schauspielerischen Gesamteindruck sicherlich nicht abtraeglich). Er sagt auch nichts, als ihn der taxifahrer beleidigt oder als er dem Schwarzen die Flasche verpasst. Den längsten zusammenhängenden Satz hört man an ende: er lacht sein “hi-hi-hi”-Lachen und sagt „it’s over, we all die.“
Nicht nur viel Schweigen, sondern auch viel nicht-zuhören und viel nicht-verstehen. Um das zu verdeutlichen, sieht man manchmal Leute sprechen, aber man hört keinen Ton. Lustige Idee.
Wie immer ist auch das Auftreten von Kitano. Er hat Badeschlappen und einen schönen Anzug an und watschelt (anders kann man seinen gang nicht beschreiben) die Straße hinunter.
Ebenfalls gleich ist, dass der Hauptheld den Abspann des films nicht erleben darf. In diesem Fall ist es die Mafia, die ihn mit 12 Maschinenpistolen vor einem Motel (oder so was ähnliches, das ist wirklich nicht wichtig) niederstreckt.
Neu ist der Schauplatz. Erstmalig spielt ein Film nicht in Japan. Kitano vergleicht (taz, 04.09.2000) den Film mit dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbour. Er will es den Amerikanern beweisen und scheitert am Ende an ihnen (auch wenn es die italienische Mafia ist). So tragen alle japanischen Darsteller angeblich Namen von Weltkriegsgenerälen, was wohl nicht mal die Japaner selbst bemerkt haben werden (ich habe es auch nur gelesen).
Ebenfalls ist neu, dass einer überlebt. Der Freund mit der Flasche im Gesicht darf am Ende mit dem ganzen Geld flüchten und in einer wirklich kitschigen Szene mit Tränen in den Augen immer „fuck“ sagen.
Vielleicht hat das dem Film schlecht getan.

u.s.t


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last modified: 28.3.2007