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Der nachfolgende Artikel ist der Schülerzeitung der Jungen Linken Niedersachsen, der Fortlaufenden Nummer, Ausgabe Nummer vier, entnommen. CEE IEH erhofft sich davon den Beginn einer Diskussion über den Umgang mit Drogen in linken oder alternativen Zusammenhängen und überhaupt
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Vom Haschrebellen zum kiffenden Staatsbürger

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Der Bewegung der Kiffer, insbesondere ihrem organisierter Teil, ist kein Argument zu blöd, um endlich zu den Guten dieser Gesellschaft zu gehören

Ganz im Sinne des baudelaireschen Diktums erkor die erste deutsche Hanfbewegung nach ’68 Haschisch zur Droge Nummer eins, die wegen ihrer Drogen, 2.8k gesellschaftlichen Verufenheit und ihrer Wirkung geradezu prädestiniert für das Rebellentum schien. Der Haschwirkung wurde eine in sich emanzipatorische Dimension angedichtet, welche den Verfall in Spießbürgerlichkeit verhindern sollte. Und die Haschhysterie der Herrschenden paßte wunderschön in die Mär von der revolutionären Subjektivität, die man qua berauschendem Warenkonsum erhalten sollte. Am weitesten getrieben wurde dieser Unsinn von den umherschweifenden Haschrebellen, einer guerillaartigen Bewegung Anfang der 70er in Berlin, die in ihrer unverkrampften Rebellion auch einmal Bomben in

„Gäbe es eine Regierung, die den Untergang ihrer Untertanen beabsichtigte: sie müßte nur zum Haschischgebrauch ermutigen.“ (Charles Baudelaire)

jüdischen Einrichtungen legte. Das Hasch ersetzte die konsequente Reflexion auf das bestehende Falsche und wurde zum allein ausreichenden Beweis der richtigen Gesinnung. Was schon in dieser Haschbewegung begann und einem verbietet, sie wohlwollend zu belächeln, war die Verdammung der „wirklich gefährlichen“ Droge Heroin und ihrer Konsumenten. Weder Haschrebellen, K-Gruppen noch Autonome liessen es sich nehmen, Junkies aus der Linken auszuschließen und ihren Verfall dem bösen Heroin zuzuschreiben. Die Verelendung der Junkies auf eine dem Heroin immanenten bösen Wesenhaftigkeit zurückzuführen und sie nicht als Konsequenz staatlicher Verfolgung zu begreifen, ist deutlichster Beweis für die Reflexionsunfähigkeit der kiffenden Rebellen.
Drogen, 4.0k Hatte diese Haschbewegung auf Grund ihrer Rebellenhaftigkeit und ihrer antibürgerlichen Protesthaltung einen sympathischen Zug, so ist davon bei der heutigen Hanfbewegung nichts mehr zu bemerken, da sie nichts mehr als eine biedere Lobbyvereinigung darstellt.
Konstituierendes Moment für die zweite deutsche Hanfbewegung war das mittlerweile fünf Jahre alte Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Haschverbot zwar nicht aufzuheben, die Repression gegen Kiffer jedoch quasi aufzugeben. In der Hoffnung, ihr langersehntes Ziel, das Recht auf legalen Rausch, endlich zu erreichen, schossen nach dem Urteil massenweise Hanflobbyverbände und -zeitungen aus dem Boden. Vom rebellischen Charme der Haschrevoluzzer ist nichts geblieben, denn von nichts lieber wollen sich die neuen Hanfbewegten befreien. In der Form ihrer Aktionen und dem Inhalt ihrer Argumentation, entpuppen sie sich als perfekte Staatsbürger, die nichts weniger sein möchten, als die Outlaws, die aus ihnen gemacht werden: brav, deutsch und bekifft!
Drogen, 3.7k In der Art und Weise, in der sie ihrem Begehren nach freiem Hanfkonsum Ausdruck verleihen, zeigt sich, was wirklich hinter dem buntzotteligen Image der Hanfbewegten steckt: spießiges, deutsches Staatsbürgertum. Adressat ihrer Forderung ist stets der Staat, dem sie beweisen wollen, wie harmlos sie sind und welchen großen Nutzen ihm ihr Lieblings-Kraut verschaffen könnte. Dabei erweisen sie sich als Apologeten genau der Drogenpolitik, die sie vorgeben zu kritisieren. In ihrer besinnungslosen Anrufung des Staates kommen die Hanfbewegten nicht einmal mehr auf die Idee, die Einmischung des Staates in die Konsumgewohnheiten seiner Bürger zu kritisieren. Statt dessen verweisen sie auf ein angebliches „Recht auf Rausch“, welches ihr Anliegen legitimieren soll, welches natürlich nur der Staat garantieren kann, denn nur er kann ein Recht setzen.
Auch in ihrer weiteren Argumentation affirmieren die Hanfbewegten den Staat als Richter über den gerechten Rausch, in dem sie auf die Vorteile für das Allgemeinwohl und die Volksgesundheit, welche die Haschlegalisierung bringe, verweisen. Beliebtestes Argument ist der Hinweis auf die enormen Steuerein-nahmen, die dem Staat durch das Hanfverbot durch die Lappen gingen. Ausserdem finden sich in den einschlägigen Blättchen der Bewegung Drogen, 4.6k seitenweise Ausführungen, die den allgemeinen Nutzen des Hanfs dokumentieren, seine quasi Allzweckverwendung für Ökologie, Gesundheit etc..
Ausserdem lassen sich die Kiffer keine Gelegenheit entgehen, ihre Harmlosigkeit zu bekennen. Mit ihrer liebsten „Protestform“, der Selbstanzeige (aber auch alle anderen Arten, den Rechtsweg zu gehen, sind ihnen recht), zeigen die Hanfbewegten auch in ihrer konkreten Praxis, dass nicht Aufruhr, sondern Konformität ihr Mittel ist. In ihrer Präsentation darf ausserdem nie der Verweis darauf fehlen, daß Kiffer nichts mit Kriminellen zu tun haben.
Dieser Anbiederung liegt die Vorstellung einer wesenhaften Kriminalität zu Grunde, die quasi Ausdruck des Bösen sei und jenseits der Kriminalität, die vom Gesetzgeber definiert (hierunter fiele auch das Kiffen) wird, existiere.

Die wahren Bösen – Junkies und Dealer.

Drogen, 3.9k Über nichts wissen Kiffer besser Bescheid als die Ungefährlichkeit ihrer Droge und die Gefahr der „harten Drogen“. Das beständige Rekurrieren auf die Ungefährlichkeit von Hasch suggeriert, dass eine potentielle Gesundheitsgefahr gerechtfertigter Grund für das Verbot einer Substanz und den Zugriff auf den individuellen Leib sei. In dieser Argumentation vollziehen sie genau die staatlich gesetzte Trennung zwischen harten und weichen Drogen nach, welche sich angeblich aus der Schädlichkeit und dem Suchtpotential der Drogen ableiten liesse. Allein schon aus pharmakologischen Gesichtspunkten heraus ist das jedoch Schwachsinn, denn zum Beispiel die Horrordroge Nummer eins, Heroin, ist in Reinform und korrekt dosiert nicht schädlich, während dies von Alkohol oder Nikotin nicht behauptet werden kann. Die Kiffer bedienen sich jedoch der Ideologie, dass das Leid der Konsumenten in der Beschaffenheit ihrer Droge begründet sei und vergessen dadurch, dass das Leid ein durch die staatlichen Verbote induziertes ist.


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last modified: 28.3.2007