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Auf dieser Seite dokumentieren wir zwei LeserInnenbriefe, die kritisieren, wie das Conne Island mit sexistischen Texten von (speziell) OI-Bands umgeht.
Wir veröffentlichen diese Kritiken erst jetzt, da wir hofften, ein gemeinsames Positionspapier des Conne Island-Plenum zum Thema Sexismus hier ebenfalls anbieten zu können. Die Diskussion ist allerdings noch nicht so weit fortgeschritten, sodaß wir lediglich eine Diskussionszusammenfassung geben können.
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Brief von nine] [Brief von Leonardo di Caprioli]
der brief, 4.6k

... angeregt durch die texte der Lokalmatadoren + Kassierer ....

„... das leichte kleid des friedens gegen die schwere kälte der allgemeinen gewalt. lange möchten wir unsre kleider behalten, gegen die hitze der wirklichen dinge, gegen den schnee der angst, gegen den biß der entscheidung, als wären wir nicht, (...) die doch nur einzige kraft, die all den verrat zersprengt, schlagen wir uns in rätseltücher, zögerblusen, flüchtestiefel und lügenbärte, fallen wir, statt den plunder fetzend zu schwenken, zu unsrer tarnung ihn uns zu stülpen, tief nieder in dero schwarzes gehüt, zaubern uns aus ihm hinauf in glimmer, zappeln lachend, an ohren gehalten, zur trommel...“

christian geissler: kamalatta

Die Art der Diskussion bezüglich des Springtoifelkonzertes erschwert es ungemein, seinen Senf dazuzugeben.
Denn so, wie diskutiert wird, geht es unehrlicher, unaufmerksamer kaum, und eine Konsequenz daraus wäre, sich daran nicht zu beteiligen, da es so viele falsche Hälse gar nicht gibt, die gierig sind, etwas in denselben zu bekommen. Es geht nicht darum, kritisch miteinander umzugehen, sondern Positionen festzuklopfen. Erstaunlich ist, daß die sonst so trefflich ankommende Coolness, hier in eine Hypersensibilität umschlägt und sich viele mit schmollender Unterlippe bockig in die Ecke stellen, um dem Gefühl des ‘Angegriffenseins’ freien Lauf zu lassen.
Das dann noch in Argumente verpackt, ist peinlich.

Ob dieser Voraussetzungen... I try it.
Das Kotzen kommt mir diesmal beim Lesen einiger Texte der Lokalmatadore & Kassierer (siehe Klarofix 1/98).
Darum geht es. Eigentlich nicht.
Verwunderlich finde ich, daß bei OI-Konzerten, die ansonsten gern genommene ‘schwarz weiß Praxis’ in ein Spektrum schillernder Couleur aufgesplittet wird. Weiß mensch, daß Hippies scheiße sind und der imaginäre Bürger als Feindbild Nr. 2 herhält, ist das bei Skinheads etwas anderes. Es mag durchaus spannend sein, historische Bezüge zu strapazieren, doch wird bei allem Hängen und Würgen die Realität dadurch nicht anders. Und die gestaltet sich für mich als Außenstehende bei solchen Konzerten derart, daß ich „Fotze“ wohl als eine Spielart der liebenswürdigen Begrüßung, und „Titten raus“ ... etc. als freundschaftlich gemeinten Handshake interpretieren soll. Dazu bin ich nicht bereit. Genausowenig bin ich bereit, Texte wie: „Mach deinen Mund zu einem Arschloch“ oder wahlweise „Whitney aus Surinam“(1) zu akzeptieren. Klar ist, daß die Mißachtung der frau hier in potenzierter Form auftritt und somit die Skinhead-Szene erstmal Angriffspunkt ist. „... Das Machogehabe ist in der Endkonsequenz genauso ausgeprägt wie bspw. in der HC-, Punk-, Hip Hop-Szene oder bei Techno Parties. Ebenso innerhalb der Antifa-Szene, da brauchen wir uns nichts vorzumachen...“(2)
Mal abgesehen davon, daß das kein Argument ist, Sexismus bei solchen Konzerten (Gruppen) zu rechtfertigen, bzw. vielmehr auszubügeln, ist es als Feststellung natürlich richtig. Klar sind sämtliche Szenen auch nur Spiegel der Gesellschaft.
Anmerkungen:
(1) siehe KlaroFix 1/98, S. 50f
(2) CEE IEH #39, S. 9
(3) Viehmann, S. 41 in Klaus Viehmann, Ingrid Strobl, u.a.., autonome l.u.p.u.s.-gruppe: Drei zu Eins. Edition ID Archiv, Mai 1993
(4) Ingrid Strobl, S. 17, ebenda
„... Das Patriarchat existiert, (...) nicht im luftleeren sozialen-ökonomischen Raum. Es steht mit den anderen Unterdrückungen in Beziehung und in einer gemeinsamen Geschichte der Stabilisierung ...“(3)
Doch was folgt daraus? Ich finde es bemerkenswert, daß wir es in Leipzig geschafft haben, an diesem Thema vorbeizugehen, denn wäre das nicht der Fall, würden u.a. solche Konzerte nicht stattfinden.
„... Daß Männer von den sexuellen Herrschaftsverhältnissen schweigen, ist logisch. Ihr autistisches und usurpatorisches sexuelles Verhalten, das ihnen im Verlauf der Festigung und Erweiterung patriarchaler Macht zum scheinbar natürlichen Bedürfnis wurde, ist Teil ihrer Identität, dessen Aufgabe ihre Identität als solche bedroht. Daß Frauen davon schweigen, liegt unter anderem an ihrer Identifikation mit dem Aggressor und dessen Theorien. Und an der Angst der Sklavin vor den Frösten der Freiheit. So wird das zugleich verdinglichte und Gewaltverhältnis der Sexualität der Geschlechter, das den ökonomischen und sozialen Verhältnissen zugrunde liegt und das damit der radikalsten Aufhebung bedürfte, auch von denen ignoriert, die intendieren, Gewalt und Machtverhältnisse, Verdinglichung aufzuheben...“.(4)
Diese scharf formulierten Sätze mögen fürs Erste abschreckend wirken und sind geradezu dafür geschaffen, falsch verstanden zu werden. Allerdings nur, wenn sich weiterhin der Bereitschaft entzogen wird, sich mit strukturellen patriarchalen Herrschaftsverhältnissen in der Gesellschaft und damit auch bei „uns“, auseinanderzusetzen. Weniger sollte es um ein persönliches Ankacken gehen.
nine


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Brief von nine] [Brief von Leonardo di Caprioli]
der brief, 4.2k

+++ Deutsche Jungs in ”unserem Laden” +++ Endlich holt das Conne Island die Massen dort ab, wo sie stehen +++ Neue Betreiber: Die Social Beatniks übernehmen das Conne Island +++ Erster Gig der neuen Zeit: Lokalmatadore und Kassierer – Wann endlich Kraftschlag, Endstufe, Oithanasie?!

Ich kann mir vorstellen, daß man sich gut fühlt, wenn man ein Image als straightes, umstrittenes Kulturprojekt hat, das es keineswegs allen recht machen will. Wenn immer man offensiv und schnoddrig die etwas gestiegenen Preise rechtfertigt, die Tocotronic-Klientel beschimpft oder im CEE IEH gegen Deutschland anschreibt, weiß man sich im Dienst der guten Sache – und hebt sich auf charmante Weise vom allzu verbreiteten „Hauptsache unkommerziell“-Millieu ab. Das alles ist klasse und hat wohl wesentlich dazu beigetragen, das CI zum angenehmen Aufenthaltsort zu machen. Doch am 06.02. werden hier Lokalmatadore und Kassierer spielen, sexistische Bands (Texte: s. aktuelles KlaroFix), die von Faschos goutiert und also auch in deren Versänden angeboten werden. Und plötzlich ist die Harmonie ”unseres Ladens” nicht etwa durch near-Fascho-Bands, sondern durch ein paar durchgeknallte P.C.-Fanatikerlnnen gefährdet, die partout nicht einsehen wollen, Sexismus als Nebenwiderspruch zu behandeln. Schließlich ist man(n) hier antinational – von antipatriarchal war keine Rede. Es wird dabei geflissentlich übersehen, daß es Migrantlnnen keineswegs schadet, wenn ein Konzert mit sexistischen Bands abgesagt würde. Und übrigens: Nicht nur ein Text dieser Spießer ist nicht nur sexistisch, sondern auch rassistisch. Scheiß egal: Der totalen Subkultur ordnet sich alles unter. Hie und da wird noch fragwürdigem ”Pluralismus” Raum gegeben und als Auseinandersetzung ”interessierter, junger Menschen ... mit ihrer Umwelt, in diesem Fall dem Conne Island” (CEE IEH #40) gönnerhaft belächelt. Noch fix 6 kritische Briefe rein in den Newsflyer und dann ist die Bahn frei für unsere Party, kein irgendwie unmännlicher Hippie wird uns den Abend versauen.
Ich empfehle, Grünauer und Schönefelder Jugendklubs noch extra anzuschreiben – die Kameraden sind mit Sicherheit auch empfänglich für etwas Spaß; und das Cl kann schließlich garantieren, sie hier rundum sozialarbeiterisch zu betreuen, vielleicht lassen sie sich ja behutsam an ”unseren Laden” heranführen.

Die dümmliche Koketterie mit ”Prolls, Asoziale, Pöbel & Gesox” könnt ihr und können die Bands auch stecken lassen. Lieder und Texte für den arbeitsamen, deutschen Normalwiderling, der nach Feierabend die Sau rauslassen will, haben nix mit asozial zu tun. Leider. Derselbe Dreck wie das zurecht bespöttelte Social-Beat-Gesülz schwappt bald durch den Konzertsaal des Cl. Beide verbindet ihre P.C.-Gegnerschaft mit der ”Jungen Freiheit”, beide denunzieren sie P.C. als lustfeindlich, weil sie konträr zu ihren Spießergelüsten steht. Doch die einen tragen das hippe Subkulturmäntelchen aus dem Hause Oi!/Punk (”Rebellion ist erstmal gut”, Randale, Pogo, Alkohol), die anderen versuchen, eine unangesagte Bohemè wieder zu etablieren und verzichten aufs PrügeIn; und genau dies zeigt einen Unterschied an, der die einen als zu ”uns” gehörend, die anderen als verächtlich markiert. Dieser Unterschied heißt – Männergewalt.

Ich fordere, die beiden Bands wieder auszuladen!
Alternativ könnte im Conne Island in der Nacht vom 06.02. zum 07.02. eine Sexparty stattfinden – Saufen und Ficken könnten also als gesichert gelten – zumindest dann, wenn sich auch Heteros mit subkulturellem Background mal trauen würden, bei netter Musik und guten Getränken fröhlich eine Nacht durchzuvögeln. Vielleicht könnten die Männer an solcher location lernen, daß Anmache und sexueller Übergriff verschiedene Dinge sind. Lokalmatadore und Kassierer, die verklemmten, ewigen Teenie-Opas mit ihren schwitzigen Altherrenfantasien würden sich da wohl kaum blicken lassen.
Antinational und Antipatriarchal!

Leonardo di Caprioli, antipatriarchaler Arschficker



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last modified: 28.3.2007