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INHALT #246

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Caféshow: Bike Age, Empowerment
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• doku: Klimaschutz als Marketingstrategie
• das letzte: Ein Bruch des Wertgesetzes

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Ein Bruch des Wertgesetzes

Seit einiger Zeit sind Geldscheine im Umlauf, die gesetzlichen Zahlungsmitteln zum Verwechseln ähnlich sind, aber den aufgedruckten Nominalwert von null Euro besitzen. De facto handelt es sich dabei um sogenannte „Souvenir-Scheine“und daher wären sie in keinem Fall ein tatsächliches Zahlungsmittel. Allerdings werden sie von einer Druckerei(1) produziert, die auch echte Euroscheine druckt. (Zudem werden sie trotz ihrer Wertlosigkeit für mehr als null Euro abgegeben.)


Doch auch ganz abseits von diesen trockenen Fakten ist die Idee eines wertlosen Geldscheines durchaus interessant. (Insbesondere wenn er auch noch vergleichbare Sicherheitsmerkmale besitzt wie echte Geldscheine.) Die möglichen Verwendungszwecke wären dabei mannigfaltig: Geldausgabe auch bei überzogenem Konto, Rückgeld, auch wenn passend bezahlt worden ist, Erhöhungen von Sozialleistungen, die nichts kosten und auch die Möglichkeit, endlich im lokalen Umsonstladen zu bezahlen.


Das dumpfe Brummen, was wir jetzt aber alle vernehmen können, ist der Herr Marx, der angesichts dieses Wahnsinns (und nicht nur wegen seines Bildes auf einem dieser Scheine) im Grabe rotiert. Grob vereinfacht spiegeln sich nämlich in der Geldware all diejenigen Gebrauchswerte wider, die ich mit diesem Geld erwerben kann. Im Bezug auf einen „echten“ Null-Euro-Schein wären dies aber gar keine. Dieser Schein wäre Geld, ohne Geld zu sein. (Wobei wir es hier auch mit zwei unterschiedlichen Begriffen zu tun haben.) Wer sich sowas kauft, hat wohl zu viel Geld von tatsächlichem Wert.


Wozu also dieser Schein? Als Souvenir übrigens sehr beliebt, unterscheidet er sich durch seine Wertlosigkeit von zeitgenössischen Gedenkmünzen, die oftmals gar einen Nennwert besitzen und als Zahlungsmittel nutzbar sind. (Mensch denke hier an existierende 5- oder 10-Euro-Münzen.) Wie bei den Münzen ist auch dieselbe Verwechselungsgefahr gegeben, wenngleich der Schaden kleiner wäre, wenn aus Versehen mit einem Null-Euro-Schein bezahlt werden würde. (Die aufgedruckten Motive unterscheiden sich auch sehr von den echten Euro-Scheinen.)


Bei diesem Beispiel zeigt sich auch der Unterschied zwischen den USA und der Eurozone: Denn während es der US-Regierung auf direktem Wege nicht möglich ist, Geld drucken zu lassen, so kann sie doch Gedenkmünzen herausgeben und deren Wert völlig frei festlegen – bis hin zu mehreren Milliarden US-Dollar. In der Eurozone ist die Alternative zu einer wirklich wertvollen Münze eben der Null-Euro-Schein.


Mit einem solchen Schein ließe sich auch die von manchen herbeifantasierte Abschaffung des Bargelds auf eine absurde Weise durchsetzen. Wenn anstelle von werthaltigen nur noch wertlose Geldscheine – und Münzen – ausgegeben werden, dann müssen die Menschen eben mit Plastikkarten bezahlen, können aber trotzdem an der Kasse noch etwas abgeben. (Makabererweise gibt es im Rahmen von Jobcenter-Maßnahmen auch solche, in denen Fake-Supermärkte „gespielt“ werden, mit leeren Packungen und Spielgeld, um die Leute an Tagesabläufe zu gewöhnen und sie in die Mehrheitsgesellschaft zurückzubringen. Auch dort würden sich die Null-Euro-Scheine eventuell als alternatives Zahlungsmittel anbieten.)


Mit dem alten Marx lassen sich Null-Euro-Scheine nicht als Geld fassen, auch wenn sie wären. Der Wert von Geld bestimmt sich auch heute hauptsächlich dadurch, wie viel davon im Umlauf ist. Mehr Geldumlauf führt zu einem geringeren Wert des Geldes, gemeinhin auch als „Inflation“ bekannt. Wären also sehr viele Null-Euro-Scheine im Umlauf, wären diese weniger wert – als null Euro. Und ein einziger Null-Euro-Schein wäre dann extrem viel wert, andererseits ließe sich davon nichts kaufen, womit die marxsche Theorie allerdings in Bezug auf diesen absurden Scheine wieder am Ende wäre. (Aber der alte Karl konnte ja kaum ahnen, dass mal irgendwer so einen Wahnsinn produzieren würde. Was kommt als nächstes, die Null-Euro-Münze?)


Wie viel ist so ein Null-Euro-Schein nun denn wirklich wert? Das lässt sich einfach nicht sagen. Der Gebrauchswert ist abgesehen von etwas Brandbeschleunigung sehr gering, als Staubtuch oder Notizzettel ist er kaum zu gebrauchen. Der Tauschwert ist gleich null, aber der Marktpreis durchaus bei drei Euro oder gar höher. (Die teuersten Exemplare liegen bei eBay bei knapp über 100 Euro. Da lohnen sich Sammelkarten(2) als Wertanlage meist noch mehr und die haben sogar einen konkreten Gebrauchswert und sehen meist schöner aus. Aber wer kauft sich schon ein wertloses Stück Papier für knapp 100 Euro?)


Aber ich will den Leuten auch ihren Spaß mit dem ganzen Spielgeld nicht vermiesen. Lieber das ganze echte Geld in den Dreck ziehen: Dessen Wert ist nämlich nicht durch irgendeine Magie inhärent festgelegt, sondern per Gesetz. Ein 50-Euro-Schein ist 50 Euro wert, weil es so festgelegt ist. Das ist die gesellschaftliche Konvention. (Geld selbst ist mehr als bloße Konvention, aber lest halt euren Marx.(3))


Zum Schluss noch ein kleines Rätsel:
Wie viele Null-Euro-Scheine benötige ich, um mir einen Bitcoin zu kaufen?(4)

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Anmerkungen

(1) Oberthur Technologies

(2) Die teuersten Sammelkarten bei eBay liegen bei mehreren tausend Euro. Mit einer Ausnahme: https://www.ebay.de/itm/Vintage-Magic-MTG-PRISTINE-BGS-10-Beta-Black-Lotus-1-of-3-in-the-WORLD/311929034339?hash=item48a06b5663:g:bcwAAOSwEFZZgIOc (etwa 170.000 Euro)

(3) MEW 23, S. 109-160.

(4) Lösung: Alle.

14.12.2017
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