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Aktuelles Heft

INHALT #201

Titelbild
Editorial
• das erste: Die Identitären – Rassisten und Kulturalisten
NO NO NO! A Special Club Night
Roter Salon
State of Mind, Animal Instinct, RealityXReturns
Mala in Cuba Live
Maps & Atlases
Bizarre Ride II The Pharcyde Tour 2013
Sondaschule, Montreal, Das Pack
BORDER WEEKS - Electric Island pres.: Nathan Fake
Die Orsons
The Sea and Cake
Neaera, Bury Tomorrow, Counterparts
• inside out: Pressemitteilung des Conne Island zur aktuellen Ausstellung »In guter Verfassung« im Neuen Rathaus
• review-corner buch: Die Autobiographie des Besetzten Hauses Erfurt
• review-corner film: Marina Abramovic – Von der Arbeit, Kunst zu machen
• review-corner film: Blut muss fließen – Undercover unter Nazis
• doku: Kampf gegen Rassismus oder Beitrag zum Mythos Connewitz?
• position: It‘s a trap!
• doku: Redebeitrag 27.10.2012: »Rassismus tötet«-Demonstration
• leserInnenbrief: Zur Frage von Inhalt und Kritik
Das Werk 3 hat zu.
• das letzte: Wer Juden hasst, bestimme ich
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Marina Abramovic – Von der Arbeit, Kunst zu machen

Kunstfilme oder Filme über Kunst gehören für einige Menschen zu den Garanten eines langweiligen Abends, der in pseudointellektuellen Gesprächen mündet und ohne den bereitgestellten Bordeaux überhaupt nicht zu ertragen wäre. Gut, wenn es ein Film schafft, mit solcherlei Vorurteil aufzuräumen. Der Dokumentarfilm Marina Abramovic: The Artist is Present wirft einen Blick auf das Lebenswerk der Performancekünstlerin und zeichnet ihren Weg von der mittellosen Kunstnomadin zur etablierten Bestsellerin nach. Dabei wird eines klar: um es in das Museum of Modern Art zu schaffen ist nicht nur Ausdauer und künstlerischer Ehrgeiz notwendig, sondern auch Glück. Zwar gab es bereits ab den Sechziger Jahren Künstler, die Performance in den Mittelpunkt ihre Arbeit stellten oder zumindest wie Joseph Beuys damit experimentierten, einen soliden Lebensunterhalt zu bestreiten schien allerdings aussichtslos. Dies änderte sich erst in den letzten drei Jahrzehnten, in denen Performance als Kunstform größere Beachtung fand. Hierzu leistet Marina Abramovic keinen geringen Beitrag.

Spektakuläre Werke wie Rhythm 0 und The Lovers – The Great Wall Walk(1), welches sie mit Künstlerpartner und Ex-Mann Ulay realisierte, riefen nicht nur die Kuratoren und Galeristen auf den Plan, sondern auch die internationale Presse. Die Entwicklung,
vom bedeutungslosen Nischendasein des Künstlers hin zum Produzenten eines vermarktungsfähigen Produktes, wird im Film nachgezeichnet. Dabei – und dies ist der Form der Kunst geschuldet, wird der Performancekünstler selbst zum Produkt seiner Kunst. Das dies fast zwangsweise zur Selbstinszenierung führt, die mit Performance nichts zu tun hat, ist ein Teil des Kunstbetriebes.

The Artist is Present

Die Performance The Artist is Present, die gemeinsam mit einer Ausstellung anderer Werke von Abramovic im MoMA in New York präsentiert wurde, ist Herzstück des Filmes. Dabei lernt der Zuschauer einiges über den organisatorischen Aufwand und die Professionalität der heutigen Kunstproduktion. Hierdurch wird klar, dass sich Kunst, wenn sie erfolgreich sein soll, durchaus ins Korsett von Agenten, Galeristen und einer Horde anderer „Kunstverwalter“ pressen lassen muss. Bevor es losgeht und Abramovic ihre 726 Stunden lange Performance beginnen kann, müssen eine Unzahl von Details geklärt werden, die der Künstlerin die Position der Geschäftsfrau, Trainerin und der Asketin abverlangten. Das scheint viel Aufwand für eine Performance zu sein, die „nur“ daraus besteht, auf einem Stuhl zu sitzen und dem Publikum des Museums in die Augen zu schauen – ist aber Teil des Business. Das Konzept der Performance, das sich darauf richtet eine enge non-verbale Beziehung der Künstlerin mit dem Publikum herzustellen, schafft der Film durchaus gelungen zu präsentieren. Auch die subtile Botschaft, dass ein ruhiges Sitzen, ein Nichts-tun, in unserer Welt zur harten Arbeit werden kann, wird deutlich herausgearbeitet. Die emotionalen Reaktionen der Besucher der Ausstellung werden allerdings bis an den Rande des Kitsches betont und damit die tatsächliche Kraft
des Künstlers übertrieben. Marina Abramovic ist ein Star der Kunstszene. Ihre Groupies übernachteten vor dem Museum, da ist es schwer vorstellbar, dass deren Reaktionen ausschließlich durch die intensiven Blickkontakte mit Abramovic zustande kamen. Vielmehr sind sie Produkt einer Vorfreude und Aufgeregtheit – einer Hysterie, die sich um die Künstlerin breit gemacht hat. So wie Tausende bei den Beatles nicht wegen der Musik kreischten und heulten, so muss auch die Kunst nicht einziger Grund der Reaktionen im MoMA gewesen sein.

Regisseur Matthew Akers hat mit seiner Arbeit über Marina Abramovic einen heroisierenden Film geschaffen, der weithin auf plattes Philosophieren über den Sinn und Zweck von Kunst verzichtet. Der unterhaltsame Aspekt der Realisierung von Kunst in
einer vollkommen durchorganisierten Welt, tritt dadurch in den Vordergrund und zeigt den Künstler als das, was er heute ist: ein abhängiger Individualist.

Ben Romeo Rolf

Anmerkungen

(1) Rhythm 0 ließ die Besucher ins Zentrum der Performance treten und ermöglichte es ihnen, Marina Abramovic zum Gegenstand ihrer Launen werden zu lassen. Die Performance sollte zeigen, was Menschen zu machen im Stande sind, wenn sie nicht durch Verbote reglementiert werden. In The Lovers –The Great Wall Walk liefen Abramovic und Ulay über einen Zeitraum von drei Monaten vom östlichen und westlichen Ende der Chinesischen Mauer aufeinander zu. Das Ende der Performance, das Treffen der Lovers, führte zur Scheidung des Künstlerpaares.

01.02.2013
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