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Aktuelles Heft

INHALT #182

Titelbild
Editorial
• das erste: Unsere Insel stinkt
„ …a Mala Beat is a Mala Beat is a Mala Beat is a…“
Springtoifel
Karnivool, The Intersphere
The Creator: Pete Rock & CL Smooth
Napalm Death, Immolation, Macabre
Hot Christmas Hip Hop Lounge
Paperclip Release Night
We can feel the mountains in our skin and bones
Clash of the Monsters
Weihnachts-Tischtennis-Turnier
Man overboard
Caliban
Snowshower
NYE @ Conne Island
Kritik und Ressentiment
Veranstaltungsanzeigen
Großbaustelle Conne Island
Konzertabsage Maroon
Zur Absage der Veranstaltung mit Justus Wertmüller
• doku: Vielfalt tut gut
• doku: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
Es gibt tausend gute Gründe
Resultat einer infantilen Inquisition
Zu den Texten in diesem Heft
• review-corner film: Keeping it unreal
• doku: Sizilianische Verhältnisse
• doku: Macker, verpiss Dich!
Sind die Dichotomien unser Unglück?
Anzeigen
Punktsieg für den Antirassismus oder Reproduktion rassistischer Ausgrenzung?
• das letzte: Voll leer

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Sizilianische Verhältnisse

Bericht über einen Besuch der Leipziger Hooligan-Mafia

Auf einer Privatparty des Wohn- und Kulturprojekts B12 kam es am Freitag, dem 22.10.2010, zu drastischen Vorfällen, die wir für untragbar halten und daher hier thematisieren und dokumentieren wollen. Es ist zu fragen, wie es zu solchen Vorfällen kommen kann und welche Strukturen und Denkweisen diese ermöglichen. Dieser kurze Text soll Anstoß für eine notwendige Debatte über Sexismus, Gewalt und Prollgehabe in und um die linke Szene in Leipzig sein.

Zur oben genannten Party tauchten im Verlauf des Abends eine Gruppe Hooligans(1) aus dem Fanumfeld des Vereins Chemie Leipzig auf. Zunächst missachteten sie den Einlass und ignorierten die Mahnungen der anwesenden HausbewohnerInnen und des Gastgebers, gefälligst das Grölen sein zu lassen. Vom Tresen der B12 verschwand zudem das Sparschwein, das vor einem Jahr vom Arbeitskreis der B12 eingerichtet worden war, um Spenden für die Renovierung des Cafés zu sammeln. Fünf bis sechs der bereits negativ in Erscheinung getretenen Personen wurden beobachtet, wie sie mit einem großen Gegenstand unter der Jacke die Straße hinuntergingen; ein Mitbewohner, der ihren Weg am nächsten Tag verfolgte, fand eine Ecke weiter das zerschlagene Schwein mit einigen Resten Kleingeld. Dieselben Personen kehrten kurz drauf auf die Party zurück, wo sie das gestohlene Geld vermutlich versoffen und fortführten, sich völlig daneben zu benehmen. Mehrere Partygäste wurden bedrängt und mit sexistischen Sprüchen belästigt. Es fielen unter anderem Begriffe wie „Fotze“ und „Hurensöhne“; eine Besucherin der Party wurde gar angegrabscht. Im Verein mit anderen Personen aus dem Umfeld von Chemie Leipzig gelang es den BewohnerInnen, die Prolls und Sexisten ohne weitere Eskalation erst einmal loszuwerden. Als Abschiedsgruß wurden dann aber unsere Mülltonnen angezündet; wobei von Glück zu reden ist, dass das dicht neben den Tonnen geparkte Auto einer Hausbewohnerin nicht Feuer fing.

Am Wochenende folgte in unseren Räumen eine Fortsetzung des grotesken Schauspiels. Ein Mittelsmann wurde uns vorgestellt, der die Sache für seine Freunde bereinigen wollte – im Namen der „Kurve“, deren Ansehen nicht befleckt werden dürfe. Die Täter erböten sich, eine Entschuldigung vorzubringen und auch die Kohle wieder aufzutreiben. Nicht ohne weiteres bereit, uns mit einem lapidaren Sorry und der vagen Ankündigung, das Geld wiederzubeschaffen, zufrieden zu geben, kündigten wir eine Anzeige an, sollte das Geld nicht bis zu einem von uns bestimmten Zeitpunkt wieder auftauchen. Man wies uns darauf hin, eine Anzeige liefe auf „ungünstige Konsequenzen für alle Beteiligten“ hinaus. Auch der Gastgeber der Party vom Freitag erhielt einen Anruf, im Falle einer Anzeige werde man „noch ganz dicke Freunde“ – die Drohung wurde aber bald zurückgenommen, hatte doch inzwischen die „Kurve“ begriffen, wie sehr dieses Vorgehen dem Ansehen des offenbar heftig identitätsstiftenden Fußballvereins schadete. Auf dem sonntäglichen B12-Hausplenum tauchten weitere Unterhändler auf, das Erscheinen eines „Capos“(2) wurde in Aussicht gestellt. Ein halb vermummter junger Mann rügte das Verhalten seiner Jungs, ankündigend, „die Sache intern zu klären“ – in einem Gestus, der uns Sorgen bereitete, was dies im Rahmen der mafiös anmutenden Hooligan-Strukturen eigentlich heißen soll. Der für hauptverantwortlich erklärte Schweinedieb fand sich schließlich auch noch ein und rechtfertigte die Vorfälle mit einem schlichten: „Na und, ich war betrunken ...?“ Bei Erwähnung einer eventuellen Anzeige verließ er fluchend und fluchtartig den Raum. Am Dienstagabend wurde nach längerem Hin und Her der gestohlene Geldbetrag endlich zurückgegeben.

Es ist notwendig, eine Debatte über die Hintergründe und einen möglichen Umgang mit solchen empörenden Vorgängen zu führen. Wir werden uns deshalb mit einem weiteren Text zu Wort melden, der unsere Position zur politischen Dimension der Ereignisse darstellen wird.
Die B12 ist ihrem Selbstverständnis nach ein Ort, an dem Leute, ohne blöd angemacht zu werden, rumhängen, diskutieren, Politik machen und für wenig Geld essen und trinken können. Als linkes Haus, das gerade genug damit zu tun hat, sich mit den üblichen kapitalistischen Widrigkeiten auseinanderzusetzen, haben wir keine Lust, uns auch noch mit Mackern und Hooligans rumzuärgern. Schlagkräftige Besucher, wie wir sie neulich kennenlernen durften, tragen letztlich zum Kaputtgehen solcher Freiräume bei.

B12

Anmerkungen

(1) Inzwischen wurden wir belehrt, dass Hooligan ein von den Medien negativ geprägter Begriff sei, der von den so Bezeichneten abgelehnt wird. In Ermangelung eines besseren Worts soll hier trotzdem von Hooligans bzw. Hools die Rede sein – zynische Euphemismen wie „Sportler“ werden wiederum von uns abgelehnt.

(2) Capo bezeichnet, neben „Mafia-Chef“, den Vorschreier des Fanblocks. Die Assoziation mit der Mafia, deren wir uns polemisch bedienen, wird mittels dieser Eigenbezeichnung nahe gelegt. Mord, Totschlag, ein florierendes Drogengeschäft und Katholizismus sollen den Chemikern selbstredend nicht unterstellt werden; der Vergleich rekurriert lediglich auf ihr Auftreten in unserem Haus und die waffenbrüderliche Organisiertheit, in die wir einblicken durften.

 

30.11.2010
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