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Suicide Attacker und Appeasement. Der Iran.

Der iranische Vernichtungswille und die aktuelle Bedrohung Israels

Der Iran, 7.1k

Der Iran – Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer euro­päischen Förderer.
Stephan Grigat/Simone Dinah Hartmann (Hrsg.) Studienverlag, Wien 2008 Mit einem Vorwort von Leon de Winter und einem Geleitwort von Henryk M. Broder
„Das Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss aus den Geschichtsbüchern eliminiert werden. ... Wenn wir die gegenwärtige Phase erfolgreich hinter uns gebracht haben, wird die Eliminierung des zionistischen Regimes glatt und einfach sein.“
Achmadinejad, amtierender Präsident des Iran auf der Konferenz „A world without zionism“, Teheran, Oktober 2005(1)

„Wir beten nicht den Iran an, wie beten Allah an […] ich sage, soll der Iran brennen. Ich sage, soll dieses Land in Rauch aufgehen, vorausgesetzt, der Islam erweist sich als siegreich.“
Khomeini in einer Rede in Qom 1980(2)

„An appeaser is one who feeds a crocodile, hoping it will eat him last.”
Winston Churchill

Der vorliegende Sammelband trägt den Charakter einer kritischen Aufklärung gegen die “Islamische Republik Iran“ und ist zugleich eine praktische Intervention gegen selbige, der durch verschiedene realpolitische Forderungen Nachdruck verliehen wird. So kommt es zu Boykottaufrufen gegen das iranische Regime und es wird der Stopp seines laufenden Atomprogramms gefordert(3). Gleichzeitig fungiert jener als Sprachrohr für die Befürworter des „regime change“, der gerade von Iranern, die gezwungen sind im Exil zu leben, erhofft wird. Durch zahlreiche Beiträge wird die geschichtliche und gegenwärtige Genese des Iran mit Fakten angereichert, die einen tiefen Einblick in die Mullah-Diktatur liefern und die zugleich darstellen, warum es notwendig ist, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Es handelt sich dabei um eine ganze Bandbreite von wirtschaftlichen, politischen, religiösen, militärischen etc. Aspekten, die sich nicht einfach unter eine Kategorie subsumieren lassen, und so stellt sich diese Rezension als der Versuch einer Zusammenfassung dieses Konglomerats dar.
Warum ist es also wichtig sich mit dem Iran auseinanderzusetzen? Zunächst einmal handelt es sich um einen islamischen Gottesstaat, deren geistlichen und politischen Oberhäupter sich nicht vor dem Terror gegen die eigene Bevölkerung scheuen, den sie mit dem Verweis auf die religiösen Gesetzestexte der Sharia begründen. Seit der islamischen Revolution von 1979 durch den Schiitenführer Ayatollah Khomeini(4) (1902-1989), hat sich das Geschlechterverhältnis weiter zu Ungunsten der Frauen verschärft, die bei Nichteinhaltung der islamischen Kleidungsvorschriften und der ihnen zugeschriebenen Rollen mit drakonischen Strafen ebenso rechnen müssen, wie auch all die anderen, die nicht in das Bild der Umma/der islamischen Gemeinschaft passen. So schließt sich an die Verfolgung von Minderheiten wie Homosexuelle, Bahai(5), Juden, Kurden etc. meist die Verwirklichung eines martialischen Strafregisters an, das Misshandlungen, Verstümmelungen, Vergewaltigungen, Folter, öffentliche Auspeitschungen, Steinigungen und Hinrichtungen(6) gebietet. So verwundert es nicht, wenn Alex Gruber in seinem Beitrag konstatiert, dass es sich um ein Land handle, „das in Relation zu seiner Bevölkerung die höchste Rate an Hinrichtungen weltweit hat. In absoluten Zahlen ist der Iran der Staat, in dem weltweit am meisten Jugendliche hingerichtet werden und in der Gesamtzahl der Opfer rangiert er gleich hinter China auf Platz zwei bezüglich der vollstreckten Todesurteile.“ (A. Gruber, S. 115). Auch Minderjährige werden nicht verschont, da in der islamischen Rechtsordnung schon 9jährige Mädchen und 15jährige Jungen als Erwachsene gelten und bei „Vergehen“ ebenso hart bestraft werden. Die Unterscheidung des Erwachsenenalters von Mädchen und Jungen verweist schon auf den misogynen Charakter der Vergemeinschaftungsform, die durch eine rigide Moral und einen undiskutierbaren Sittenkodex Gewalt in Permanenz reproduziert. Der Auseinandersetzung über die religiöse Grundlage dieser Gemeinschaft wird im Sammelband ein großer Stellenwert eingeräumt, vor allem, was die Geschlechterrolle der Frau angeht, aber auch den Umgang mit Homosexuellen. Die pathischen Projektionsleistungen, die den Befürwortern und Verteidigern der Umma zugrunde liegen, sind der psychoanalytische Schlüssel zum Verständnis des Umgangs mit Sexualität im Islam: Was sexuell selbst ausgelebt werden möchte, aber durch Unterdrückungsmechanismen ins Unbewusste verdrängt wird, erfährt eine grausame Entladung am anderen, der es auslebt. Damit stellt das Verfolgen am anderen aber genau den unmittelbaren Kitt her, der es den Angehörigen und Verfechtern der Umma als kollektive Vereinigung erlaubt, Strafphantasien zu zelebrieren (Vgl. dergl., S. 122). Diese Riten brennen sich gleichzeitig in die öffentliche Wahrnehmung ein und sind als Warnung an vermeintliche Delinquenten gerichtet, die als repressive „Selbstreinigung“ (Justus Wertmüller, S. 251) der Gemeinschaft erscheint. Diese Darstellung lässt das Elend erahnen, das große Teile der Menschen im Iran, vorwiegend Jugendliche, erdulden müssen – die sich umso verbitterter zur Wehr setzen. In diesem Sinne ist zu hoffen, dass der „regime change“ aus dem Inneren des Iran angefacht wird, jedoch stehen die Chancen schlecht, wenn es an einer Unterstützung von Außen mangelt. Denn diese Unterstützung ist bei den herrschenden Verhältnissen im Iran mehr als notwendig, gerade was das brutale Vorgehen gegen die Opposition anbelangt: Im Falle des Iran handelt es sich nicht um ein geschlossenes Machtzentrum (Vgl. Thomas Uwer/Thomas von der Osten-Sacken, S. 149), was an der unklaren (außen)politischen Politik ersichtlich ist. Es handelt sich vielmehr um einen „Unstaat“ (Gerhard Scheit mit Bezug auf Franz Neumann, S. 61). Durch seine Kritik an der politischen Ökonomie des Rackets und an der politischen Gewalt, die im Iran in ein scheinbares Chaos mündet, konstatiert Scheit, dass die „Grenzen zwischen souveränen Staaten und politischen Banden, regulären Armeen und terroristischen Gruppen[…]wirklich fließend geworden (sind) – und nirgendwo sind sie so fließend wie im Fall der islamischen Republik Iran“ (ebd., S. 58).(7) Es existiert so keine einheitliche staatliche Kontrolle der militärischen und politischen Organe, die zwar in verschiedener Hinsicht miteinander verflochten sind, aber gleichzeitig gewaltförmig gegeneinander konkurrieren(8). Und da diese Banden die Sharia, die unvereinbar ist mit demokratischen Rechtsvorstellungen (geschweige denn mit einer Opposition gegen jene), in ihrem jeweiligen Herrschaftsbereich rigoros durchsetzen – ist die Rede von einer “Republik“ ad absurdum geführt. Dieser mit Widersprüchen durchsetzte Unstaat kann sich also nur konstituieren und eine Ordnung aufrechterhalten, wenn eine Intervention gegen den äußeren Feind in Permanenz durchgeführt wird (der nicht vom Kampf gegen die inneren Feinde der Gemeinschaft abzutrennen ist).(9) Der Terror gegen die “unsittlichen, unzüchtigen, ungläubigen Elemente“ in der Umma findet sein Pendant im globalisierten Terror, weil diese als „antinationales Projekt“ (Stefan Grigat, S. 19) konzipiert ist. Dieser Zusammenhang wird auch durch die Differenzierung des Begriffs Djihad plausibel1010
Der
kleine Djihad
, der gegen den inneren Feind, die Triebe ausgetragen wird, findet sich im
großen Djihad
, als Kampf gegen die Ungläubigen, wieder. Diese Trennung ist zur Veranschaulichung der Funktionsweise einer pathischen Projektionsleistung zwar richtig, kann aber in der Realität nicht getrennt voneinander begriffen werden, wie es sich an verschiedenen Stellen im Sammelband nachvollziehen lässt (Vgl. Fathiyeh Naghibzadeh, S. 106 und A. Gruber, S. 121f). Der Umstand, dass ein Djihadist sich selbst zur Waffe macht, indem er seinen Körper zur Bombe umfunktioniert, um sich in einer Masse von anderen Menschen i
n die Luft zu sprengen, zeugt von der äußersten Unmenschlichkeit gegenüber anderen und gegen sich selbst.

. Wenn aber der islamische Gottesstaat über alle Menschen hinweg durchgesetzt werden würde, dann würden die Verstöße gegen die Sharia weltweit ebenso geahndet werden, wie im Iran. Das gilt es zu verhindern. Und gerade weil die iranischen Theokraten einer apokalyptischen Weltanschauung anhängen, die im Mahdi-Glauben und im Glauben an den dritten Imam Hussein begründet ist, muss Schlimmes befürchtet werden, sollte die Bestrebung, sich eine Atombombe zu beschaffen, Erfolg haben. Denn das Martyrium, die ehrenvolle Aufopferung des eigenen Lebens für den Glauben, sichert den Einzug in das Paradies, der beim Kampf gegen die Ungläubigen, Homosexuellen, Imperialisten, Zionisten usw. bekanntermaßen Selbstmordanschläge nicht ausschließt, sondern vielmehr billigend in Kauf nimmt. Insofern sind die suicide attacks von islamistischen Märtyrern bspw. im Irak, die durch den Iran Unterstützung finden, nur der Ausdruck für das, was auf “staatlicher Ebene“ bevorstehen könnte: Der Iran könnte seinen eigenen Untergang billigend in Kauf nehmen (wie am Zitat von Khomeini am Anfang deutlich werden sollte), nur um seine Ziele durchzusetzen(11). Darin besteht die unberechenbare Gefahr, die vom Iran ausgeht. Insofern ist es zugleich als ein Appell zu verstehen, die Reden eines Achmadinejads nicht einfach als verrückt, irre und größenwahnsinnig abzutun, sondern diese vor allem Ernst zu nehmen. Denn neben der erdrückenden Analyse des Iran, mit all den widerwärtigen Implikationen, die hier nur angerissen werden können, ist in dem Band auch die Geschichte des iranischen Atomprogramms skizziert, die mit dem Shah Mohammed Reza Pahlavi (1919-1980) begann und seitdem vielfach unterbrochen wurde. Als im August 2002 der IAEO bekannt wurde, dass der Iran wieder am Bau von Atomreaktoren arbeite und bis 2012 in der Lage sei, nuklear angereichertes Plutonium herzustellen, ist die Rede von einem „Katz- und Mausspiel“ (Yossi Melman, S. 85), das zwischen der IAEO und dem Iran abläuft, wohl noch untertrieben. Wenn man sich einmal die Zeit nimmt und die Zeitungsartikel der letzten Jahre zu diesem Thema überfliegt, dann wird man konstatieren können, dass es sich um einen schlechten Witz handelt, wie gutmütig die so genannte internationale Gemeinschaft mit dem Iran umgeht. Dieser verdeckt mit Lügen und Vertuschungen seine nuklearen Bestrebungen; das erschließt sich eindeutig aus dem Artikel von Yossi Klein.(12) Zeitzeugen haben es leider nie vermocht, die Entwicklung der Zukunft vorauszusehen, doch können sie, eingedenk der Geschichte, auf die bestehenden Gefahren hinweisen, die im Bereich des Möglichen liegen. Wie auch im Falle des Iran, dem es ohne weiteres zuzutrauen ist, eine atomare Auslöschung Israels herbeizuführen.(13) In diesem Sinne kommt der Skandalisierung der Appeasementpolitik Europas, die an einzelnen Ländern, wie Deutschland und Österreich, im Sammelband vergangenheitspolitisch veranschaulicht wird, ein wichtiger Stellenwert zu. Denn nicht nur sind diese beiden Länder nicht willens aus der (besonders: ihrer) Vergangenheit zu lernen, sondern sie setzen diese vielmehr kontinuierlich fort(14) und etablieren einen globalen Kulturrelativismus in „deutscher Mission“ (Justus Wertmüller, S. 248), der die Verhältnisse in islamischen Ländern unter Berufung auf Orient- und Islamwissenschaftler rechtfertigt. Trotz verschärfter Sanktionen des UN-Sicherheitsrates unterhalten gerade jene Staaten wirtschaftliche Handelsabkommen mit dem Iran, die mit ihrer Vorgehensweise eine Situation heraufbeschwören, die vergleichbar ist mit der vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges. Beispielhaft wird dies an der Geschichte von OMV (ein Mineralöl- Erdgas und Chemiekonzern – das größte börsennotierte Unternehmen Österreichs) nachvollzogen. Durch den Abschluss von Milliardendeals mit dem Iran, nimmt OMV nun die Geschichte seiner Vorreiterorganisation wieder auf, denn diese unterstützte in der Vergangenheit die Wirtschaft des Nationalsozialismus nach Kräften.(15) Dass dabei heute die iranische Wirtschaft unterstützt wird, die ihre Einnahmen zugleich für den Terror nach Innen und Außen einsetzt, ist den Förderern ziemlich gleichgültig. Die Rechtfertigungen der österreichischen Handelsdelegationen (gleichermaßen der Politiker, Linken, Rechten usw.) sind so unsäglich, dass Geschichtsblindheit nicht einmal annähernd das erfassen kann, was sich da zuträgt. Schließlich rechtfertigen sie ihr Handeln mit Völker verständigenden Bewusstsein, das der Geschichte angemessen sei. Dies kann aber nur mit einer vollkommenen Ausblendung der weltpolitischen Lage einhergehen, die sich seit dem Ende des Kalten Krieges, den Terroranschlägen vom 11.9.2001, der Beseitigung der Talibanherrschaft in Afghanistan, dem Sturz Saddam Husseins im Irak etc. gravierend verändert hat. Der Iran ist zu einer unmittelbaren Gefahr für seine Nachbarn in nah und fern geworden ist, was die offensichtliche finanzielle und militärische Unterstützung der Terrororganisation Hisbollah durch den Iran im Libanon-Krieg 2006 unter Beweis stellte, die mit ihrem Führer Hassan Nasrallah die Vernichtung Israels ebenso intendiert.
Das Appeasement Europas gegenüber dem Iran ist gefährlich und wird so lange andauern, bis es zu einer öffentlichen Thematisierung der Repressions- und Hinrichtungswellen kommt, bis die paramilitärischen Truppen von Hamas bis Hisbollah nicht mehr in Schutz genommen werden oder dem Iran in hofierender Weise unterstellt wird, nicht das zu wollen, was er zu wollen vorgibt. Insofern stellt die Dokumentation von Grußbotschaften und Redebeiträgen am Ende des Bandes den Versuch dar, „eine breitere Öffentlichkeit für die Unmenschlichkeit des iranischen Regimes, seine Vernichtungsdrohungen gegen den jüdischen Staat und für die europäische Kollaboration mit diesem Regime zu sensibilisieren“ (S. Grigat, S. 9). Selbstverständlich sind sich die Autoren darüber bewusst, dass das nicht heißen kann, unmittelbar selbst in den Konflikt einzugreifen, aber die Aufklärung über den todessehnsüchtigen Feind trägt zumindest auf der nicht-militärischen Ebene zu seiner Bekämpfung bei. Die Motive, die hinter einer atomaren Bedrohung durch den Iran stehen, können zwar nicht durch die Vermehrung der Kritik über sie abgeschafft, geschweige denn, die Gefahr gebannt werden; aber an der damaligen Analyse des nationalsozialistischen Feindes und seiner Bekämpfung zeigt sich, wie notwendig und wichtig eine kritische Aufklärung ist. All das ist mit der Hoffnung verknüpft, das Weltgeschehen in seinem scheinbar unaufhaltsamen Gang doch zu beeinflussen. So ist der aufrüttelnde Beitrag des israelischen Historikers Benny Morris von außerordentlicher Bedeutung: Er ruft zur unbedingten Verhinderung eines möglichen Szenarios auf, das den „zweiten Holocaust“ (B. Morris, S. 289) zur Folge haben könnte.

Die Lektüre des Sammelbandes „Der Iran“ ist somit unbedingt zu empfehlen, auch wenn die zahlreichen Wiederholungen mit der Zeit die Lust am Lesen nehmen.

Chris

Fußnoten

(1) www.matthiaskuentzel.de/contents/ahmadinejads-antisemitismus-und-der-gegewaertige-krieg

(2) Behrouz Khosrozadeh: Die Ayatollahs und der Große Satan. Iran – USA. Die Beziehungen im historisch-analytischen Überblick. Berlin 2007, S.313; (zitiert nach Stephan Grigat im Iran-Buch, S. 18). Alle Zitate sind, sofern nicht anders gekennzeichnet, dem Sammelband entnommen.

(3) Siehe dazu der im CEE IEH abgedruckte Aufruf von „Stop-the-bomb“. Zum Beginn der Kampagne in Österreich zielten alle Bemühungen auf eine Einstellung der Verhandlungen zwischen der österreichischen ÖMV und dem Iran, die nun auch in Deutschland initiiert wurde.

(4) Die Revolution unter der Führung von Khomeini ist ein reaktionärer Wendepunkt in der iranischen Geschichte: Er rief im Jahr 1979 den Al-Quds-Tag aus, der von diesem Tag an als ein Feiertag des eliminatorischen Antizionismus begangen wird; er trug durch die Mobilisierung der Massen zu einer Verschärfung der Islamisierung bei, was u.a. 1983 die brutale Durchsetzung des Hijabs zur Folge hatte (Zwangsverschleierung); er schränkte die Meinungs- und Pressefreiheit als “antirevolutionäre Haltung“ ein; er rief zum islamischen Revolutionsexport auf, der alle Ungläubigen von der Erde tilgen solle etc. (Vgl. dazu u.a. Wahied Wahdat-Hagh, S. 44-55; Florian Markl, S. 129f.)

(5) Einen Überblick über die Lage der Bahai liefert Wahied Wahdat-Hagh (S. 49f.), der zugleich aufzeigt, dass der Antibaha'ismus mit verschwörungstheoretischen Ressentiments, die denen der gefälschten antisemitischen Schrift “Die Protokolle der Weisen von Zion“ in nichts nachstehen, versetzt ist.

(6) Wie die Todesstrafe vollstreckt wird, zeigt ein schockierendes Ereignis vom 20. Juli 2005 „als in Mashhad der 16jährige Mahmoud Asgari und der 18jährige Ayaz Marhoni wegen homosexueller Handlungen an einem Baukran erhängt wurden.“ (Alex Gruber, S. 111) Homosexualität ist nach geltendem (Un)Recht der Sharia eine Straftat, die wie Apostasie mit dem Tode bestraft wird (ebenso Ehebruch durch die Frau).

(7) Die Frage, ob es sich nun beim Iran um eine „islamische[…]Diktatur“ (Stephan Grigat/Simone Dinah Hartmann, S. 9), um eine „neue Form der totalitären Diktatur“ (Wahied Wahdat-Hagh, S. 39), um Islamofaschismus (u.a. Nasrin Amirsedghi, Vgl., S. 169) einen islamischen Gottesstaat (Vgl. Yossi Klein/Michael B. Oren, S. 110), usw. handelt, ist Gerhard Scheit zufolge falsch gestellt, weil der Iran, wie auch in der Vergangenheit das nationalsozialistische Deutschland, aufgrund ihrer unbegreiflichen realen Konstitution dem Begriff der Diktatur spotten (G. Scheit, S. 58). Die Gemeinsamkeit zwischen NS-Deutschland und dem Iran aber, „die nicht erklärt werden kann, unter keinen Umständen verständlich werden darf, besteht im Vernichtungswahn, der auf die Juden und Jüdinnen zielt.[…]Damals wie heute war es der Hass auf die Juden; damals auf das Weltjudentum, heute auf Israel und das Weltjudentum.“ (ebd., S. 65). Die Gründung der Muslimbrüderschaften durch Sayyid Qutb von 1928, der die islamistische Variante des eliminatorischen Antisemitismus und Antizionismus prägte, ist genau vor diesem Hintergrund zu betrachten. Die autoritäre Vergemeinschaftung des politischen Islam als Erweckungsbewegung ist „basisdemokratisch“, „sozial“, „egalitär“, „antikapitalistisch“, „antiimperialistisch“, „antisemitisch“, „antiamerikanisch“ (Justus Wertmüller, S. 253-257) und so dem Charakter nach nationalsozialistisch.

(8) Die Kritik an den politischen Verfallsstrukturen entspricht so der Kritik an der internationalen Krisenverschärfung, die mit der Situation des Jahres 1929 vergleichbar ist.

(9) Von einer klaren Analyse der außenpolitischen Vorgehensweise ist nur schwer auszugehen: „Der Fall der iranischen Irakpolitik der vergangenen Jahre macht[…]deutlich, dass die unterschiedlichsten Akteure auf die verschiedenste Art und Weise zum Teil vollkommen widersprüchliche Ambitionen verfolgen und ihnen dabei nur insofern ein Erfolg bescheinigt werden kann, als alle iranischen Interventionen sich durchweg negativ auf die Entwicklungen im Irak auswirkten.“ (Thomas Uwer/ Thomas von der Osten-Sacken, S. 149)

(11) Und das er sie umsetzt, zeigt sich am Terror, der vor allem durch die Pasdaran weltweit verbreitet wird (Vgl. u.a. Florian Markl, S. 136-146) Die iranischen Revolutionsgarden stehen den Terrorgruppen Hamas und Hisbollah in nichts nach, deren religiöses Fundament gleichermaßen an dem der Muslimbrüderschaften orientiert ist.

(12) Das Problem aber, das Texte wie diese aufweisen, die (fast) ohne Quellenangaben oder wissenschaftliche Belege von Studien usw. hantieren, lässt sich unter anderem auf den Missstand der Erforschung neuer ideologischer, politischer, diplomatischer etc. Phänomene zurückführen, die durch den Verschluss von Akten und Zeitdokumenten über lange Zeiträume hinweg nicht (wenn überhaupt) untersucht werden können. Auch können sprachliche Barrieren, die das Lesen von originalen (bspw. persischen, arabischen) Quellen verunmöglicht, die Auseinandersetzung erschweren, oder eben die politischen Verhältnisse im Land selbst, die eine freie Berichterstattung und die Erhebung von Umfragen nicht gestatten. Insofern trägt dieser Band theoretische und kritische Erkenntnisse über den Islam, den Iran etc. zusammen, um sie zugleich mit den realen Gegebenheiten und empirischen Ereignissen abzugleichen und zu vermitteln. Und dass die Vermittlung stattfindet, ist diesem Sammelband zugute zu halten, im Gegensatz zu andere Publikationen über den Iran.

(13) Der Verweis Stephan Grigats auf eine Umfrage in der israelischen Bevölkerung, die ergab, dass fast 1/3 aller Befragten das Land verlassen würden, wenn der Iran eine Atombombe besitzt, zeigt, wie schlimm es in dieser Situation um Israel bestellt wäre. (http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/328729/index.do?from=suche.inter.portal)

(14) „Heute soll man in den postnazistischen Gesellschaften Deutschland und Österreich nicht vom eliminatorischen Antizionismus und vom Antisemitismus der von eben diesen beiden Ländern gehätschelten Djihadisten sprechen. Tut man es doch, wird einem Ressentiment gegenüber dem Islam, Instrumentalisierung der Vergangenheit und Relativierung des nationalsozialistischen Antisemitismus vorgeworfen. Die ebenso simple wie folgenschwere Tatsache, dass es keine Diskrepanz gibt zwischen der Rhetorik und den tatsächlichen Absichten der Islamisten, gilt in weiten Teilen Europas nach wie vor als maßlose Übertreibung von politischen Extremisten“ (Stephan Grigat, S. 16) oder „Zum Judenmord der Vergangenheit findet man im Vergleich zu früher klare Worte und stellt auch Gelder zu seiner Erforschung zur Verfügung. Gleichzeitig sorgt man für die Unterstützung jener Kräfte, die den Judenmord in der Gegenwart planen.“ (Stephan Grigat/Florian Ruttner/ Farideh Azadieh, S. 228)

(15) Erinnert sei an die Buchvorstellung mit Stephan Grigat und Kazem Moussavi im Conne Island am 29.4.2008 bei der u.a. dieser Zusammenhang verbalisiert wurde. [Dazu auch Simone Dinah Hartmann: www.conne-island.de/nf/153/23.html]


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last modified: 25.11.2008