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Das UN-Racket

Buchcover, 16.9k
Pedro A. Sanjuan:
Die UN-Gang.
Über Korruption, Spionage, Antisemitismus, Inkompetenz und islamischen Extremismus in der Zentrale der Vereinten Nationen.
zu Klampen, 2006, 207 S.,
ISBN 3-93492-092-6

Pedro A. Sanjuan spricht in seinem Buch „Die UN-Gang“ über Korruption, Spionage, Antisemitismus und islamischen Extremismus in der Zentrale der Vereinten Nationen.

Ein geläufiger Spruch besagt: Es kann nicht sein, was nicht sein soll.

Dass es anders ist, und das was nicht sein soll, sehr wohl sein kann, musste Pedro A. Sanjuan bei seiner langjährigen Tätigkeit als Direktor für politische Angelegenheiten in der UN- Zentrale erfahren. Nach einer erfolgreichen fünfundzwanzigjährigen Laufbahn durch die verschiedensten US-Ministerien wird er 1984 vom damaligen amerikanischen Vizepräsidenten George Bush sen. in die New Yorker UN-Zentrale berufen. Seine niedergeschriebenen Erfahrungen aus zehn Jahren UN sind nun in Buchform erschienen und werfen ein erschreckendes Bild auf die Kultur und Arbeitsweise im Inneren der 1948 gegründeten „Weltregierung“.
In seiner kritischen Form bereitet Sanjuans Insiderbericht das erste Mal den Weg zu einer treffenden Charakteristik der jüngeren Geschichte der UN. In der UN grassiert der Antisemitismus, die Sowjetunion spioniert in der UN-Bibliothek Delegierte aus, und Spione faxen Baupläne von F-14 Kampfflugzeugen nach Russland. Immer wieder verschwinden Angehörige der sowjetischen Delegation und tauchen nicht zur Arbeit auf – man trifft sie nie wieder. In der Parkgarage unter der UN-Zentrale fahren, vor den Augen der Wachleute, mit Länderfahnen bestückte Limousinen zu Parkplätzen, auf denen dann unverschämt offen Koffer mit Rauschgift gegen Geld ausgetauscht werden. Und während all dies geschieht, sitzen korrupte Beamte, die Vetternwirtschaft betreiben und im Namen der UN Verträge über horrende Summen abwickeln, für die sie dann vom Vertragspartner lohnende Geldgeschenke erhalten, ein paar Stockwerke höher mit Blick auf den East River. Damit aber nicht genug.
In der „Delegates Lounge“ – der UN-Kantine –, in der man sich den ganzen Tag rumlümmeln darf, wenn man gerade mal keine Lust hat, seinen Aufgaben nachzukommen (z.B. der Konzipierung eines Versorgungsprogramms für aidskranke Kinder in Somalia), lohnte (und lohnt) sich ein Blick auf die Tischnachbarn. Es könnte sich nämlich um PLO-Delegierte handeln, die gerade ein Schwätzchen mit den Gesandten der Taliban und des baathistischen Irak halten und die sich in der UN-Zentrale, einem Ort der diplomatischen Immunität, ungestört beraten können.
Was ist nun aber der UN vorwerfen? Waren es nicht stets die Vertreter der einzelnen Mitgliedsstaaten, die in die geschilderten Vorgänge involviert waren und nicht die UN selbst? Sanjuan greift diese Frage auf und geht auf die Darstellung der „UN-Kultur“ über, die im Kern eine Kultur der Duldung und des Appeasements sei. Probleme, so Sanjuan, werden nicht offen gelegt, sondern bestmöglich vertuscht, um die reine Weste der UN nicht zu beflecken. Diese braucht sie, will sie nicht ihre Finanziers verlieren – allen voran die USA, den Hauptsponsor der UN.
Doch sehen wir weiter, anhand dessen was Sanjuan durchlebte, wie die UN-Kultur ein Einfallstor für Antisemiten und Kriminelle aller Couleur werden konnte.

„Ihr Vater war also Jude!“

Besonders schockierend sind Sanjuans Ausführungen über den gärenden Antisemitismus. „Das offen antisemitische Klima macht sich nicht nur in den Alltagsgesprächen und im zwanglosen Beisammensein bemerkbar – in den Gängen, Cafeterien, und Speiseräumen –, es hat auch eine sichtbar ästhetische Dimension.“(1) Einst hing ein Kunstwerk von Marc Chagall im Hauteingang der UN-Zentrale, doch wurde es auf Anweisung des UN-Generalsekretärs Waldheim, einem ausgewiesenen ehemaligem Wehrmachtsmitglied, entfernt. Wie Sanjuan vermutet, konnte dieser wohl nicht mit ansehen, dass das Bild des Juden Chagall in seiner Institution direkt am Eingang hing. Überhaupt spielten die UN-Generalsekretäre eine sehr aktive Rolle bei der Etablierung des antisemitischen Klimas in der UN.
Von Javier Perez de Cuellar, über den UN-Untergeneralsekretär, bis hin zu den zahlreichen sowjetischen UN-Beamten und den europäischen und arabischen Delegierten wird Sanjuan immer wieder mit antisemitischen Vorurteilen konfrontiert, die sich ganz „ehrbar“ den Antizionismus als Deckmäntelchen gaben.
Zu Dienstantritt wird Sanjuan zu Untergeneralsekretär Ustinow bestellt, der ihn ohne großes Zögern damit konfrontiert, das er wisse, dass Sanjuans Vater Jude war. Innerhalb der UN herrscht eine irrationale Angst vor Juden. Sowohl vor den israelischen Gesandten, als auch vor denen, die wegen ihres Namens Juden sein könnten. Bei Amtseinführung Benjamin Netanjahus, wurde ihm, erzählt Sanjuan, im Beisein des UN-Generalsekretärs höchstselbst, ans Herz gelegt: „Nehmen sie sich von diesem Netanjahu in acht“. Die Angst vor Netanjahu ging so weit, dass die israelische UN-Botschaft, die sich in einem Gebäude im 15. Stock der Second Avenue befand, Ziel von Einbrüchen aus dem 16. Stock des selbigen Gebäudes wurde. Dort befanden sich Büros anderer UN- Länder. Schlussendlich war die Bedrohung, der sich die israelische Botschaft ausgesetzt sah, so groß, dass die Fenster des Gebäudes vergittert werden mussten – denn es bestand zusätzlich die Gefahr von Sprengstoffanschlägen aus den darüberliegenden Büros.
Nancy Kassebaum, damalige Senatorin im amerikanischen Kongress, kritisierte häufig die verschwenderischen Praktiken der UN. Im Kongress brachte sie den Vorschlag ein, die Beitragszahlungen der USA von 25 auf 20 % des UN-Etats zu kürzen. Als Reaktion darauf wurde Sanjuan vom UN-Generalsekretär mitgeteilt: „Die Senatorin Kastenbaum (sic) hasst uns, weil sie Jüdin ist“. Dass Kassebaum gar keine Jüdin war, fiel dabei nicht ins Gewicht. In der antisemitischen Atmosphäre, wie sie Sanjuan beschreibt, wird jeder zum Juden gemacht, der die UN kritisiert. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass die UN sich stets bemühte, möglichst viele „echte Juden“, also israelische Bewerber für Sekretariatsposten, abzulehnen. Die Quote von israelischen Sekretären lag weit unter der Quote anderer Länder.
Nicht nur einzelne Kritiker – es blieb leider nur bei wenigen, die ihre Stimme gegen die UN-Praktiken und die Ausgrenzung von israelischen Delegierten erhoben – wurden von der UN gemieden, sondern auch ganze Organisationen wurden wegen ihrer Solidarität mit Israel missachtet. Dies musste Sanjuan bemerken, als er de Cuellar mit der Bitte konfrontierte, den Vorsitzenden der Anti Defamation League zu empfangen: „Ich muss dieses Jahr schon den Bnai-Brith-Präsidenten empfangen. Diese ganzen jüdischen Organisationen sind doch alle gleich. Wissen Sie, man sollte aus politischen Gründen nicht zu viele davon empfangen.(2)
Der Antisemitismus höchster UN-Beamter und fast aller UN-Länder in der Vollversammlung nahm seinen Ausgang in der antisemitischen Stimmung des Nachkriegseuropas und des arabischen Raumes, weitete sich aber auch auf Südamerika aus. Typische Stereotype vom raffgierigen amerikanischen Juden, der die amerikanische Regierung an sich gebracht hat und sie wie ein Puppenspieler bedient, schließt, folgt man Sanjuan, direkt an eine weit verbreitete antizionistische Stimmung an, die ihren Niederschlag in der Resolution Nr. 3379 fand.(3)
Heute kann man nur hoffen, dass sich die Meinungen und Resolutionen, die sich gegen Israel richten, immer mehr an Gewicht verlieren. Denn die Aussicht auf einen Meinungsumschwung zu Gunsten Israels ist nach der Lektüre von Sanjuans „UN-Gang“ kaum möglich. In seinem Resümee über die antisemitische und antiamerikanische UN-Kultur stellt Sanjuan fest: „Der Antisemitismus war eine verbreitete Geisteshaltung, bestimmend für die ‚UN-Kultur'“

Das UN-Racket

Da Sanjuans Buch nicht beansprucht, ein soziologisches zu sein, sondern der Erfahrungsbericht eines Insiders ist, geht ihm in seinen Schlussfolgerungen zur Struktur der UN einiges verloren. Was Sanjuan als Handlungsunfähigkeit der United Nation Organisation kritisiert, als „Märchenland“ bezeichnet, und seiner Ineffizienz überführt, liegt dem Charakter der UN zugrunde. Hier lohnt es sich, andere Autoren zu bemühen, um zu erklären, warum in den Vereinten Nationen so vieles möglich sein kann, was nicht sein darf. Gerhard Scheit stellt in seinem Buch „Suicide Attack“ fest, dass die UN keine Souveränität besitzt. Das bedeutet, dass sie das Internationale Recht bei interstaatlichen Konflikten nicht ohne Hilfe von Einzelstaaten durchsetzen kann. Sicherlich hat das etwas Positives. Denkt man an die antisemitische Stimmung in der UN, müsste man fürchten, dass Israel unter einem international geltenden Recht schlimme Urteile zu ertragen hätte.
Aber warum ist die UN nicht mal Herr im eigenen Hause? Die Antwort auf die Frage bleibt uns Sanjuan überraschenderweise weitgehend schuldig. Es lässt sich an Hand seiner Ausführungen über den Mangel an Kontrollinstanzen vermuten, dass die Vereinten Nationen innerhalb und zwischen ihren eigenen Organen keine bindenden Urteile fällen können und so unfähig sind, kriminellen Strukturen das Wasser abzugraben – wenn sie das denn überhaupt wollen. In den Bereichen, in denen die UN keine souveräne Handhabe über ihre Organisationen hat, können andere Organisationen und Personen in dieses Vakuum einstoßen und eigene Souveränität beanspruchen. Gerade dieser Mangel an Kontrolle, den die UN- Delegierten aufgrund ihrer diplomatischen Immunität genießen, lässt Freiräume für Vergehen aller Art. Wieder und wieder kommt Sanjuan darauf zurück. Sie erstrecken sich von der Vetternwirtschaft über Kerosinpreisbetrug zum Rauschgifthandel und vom Verkauf von Flugzeugen bis hin zum medial wahrgenommenen Betrug bei der Durchführungen des „Oil- For-Food-Programms“, das seinerzeit Saddams Kassen klingeln und das Konto von Kofi Annans Sohn, Kojo Annan, anschwellen ließ.
In dieser Atmosphäre der Duldung konnten immer wieder Gruppen entstehen, die innerhalb der UN eigene Interessen verfolgten, welche weit über humanes Engagement hinausgingen. Als offiziell wurde, dass es sich bei der Kampagne „Oil-For-Food“ um ein Betrugsgeschäft handelt, bestand die Reaktion lediglich in der Bildung eines Untersuchungsausschusses, der noch heute ermittelt und zu keinen Resultaten kommt. Doch was wären die Resultate? Das schlimmste was den Delegierten droht, ist die Entlassung. Es gibt keine Gesetze innerhalb der UN, die rechtskräftige Verurteilungen oder gar Haftstrafen folgen ließen. Dieser freie Spielraum, keine schwerwiegenden Konsequenzen fürchten zu müssen, macht es attraktiv „Interessengruppen“ zu bilden, die sehr wohl über legales Verhalten erhaben sind. Die Freiheit zur Bildung der Organisationen in der Organisation macht die UN zum Schutzhafen für diese Rackets.
Natürlich erkennt Sanjuan, obgleich er die problematische Struktur der UN nicht explizit auf ihre mangelnde Souveränität im Inneren zurückführt, sondern viel mehr noch auf ein Verwaltungsproblem, dass sich diese verheerenden Zustände ändern müssen. Als würde er seinem Fatalismus (die von ihm konstatierte Unabänderlichkeit der UN-Struktur) in plötzlicher Naivität selbst widersprechen, postuliert er am Ende des Buches eine Lösung des Problems: die Vereinten Nationen sollen antisemitische Äußerungen verbieten, mit amerikanischen Untersuchungsausschüssen zusammenarbeiten und ihre kriminellen, aber immunen Mitglieder vor ordentliche Gerichte bringen, die sie der Gerechtigkeit zuführen.

Sehr fromme Wünsche, die sicherlich daher rühren, dass Pedro A. Sanjuan nicht will, dass das bleiben darf, was in den Vereinten Nationen bis heute ist.

Kaubi

(1) Alle kursiv gesetzten Textabschnitte entstammen dem Buch: Pedro A. Sanjuan: „Die UN-Gang“, Zu Klampen Verlag, Springe 2006
(2) Bnai-Brith ist eine jüdische Vereinigung, die sich offen zur Solidarität mit Israel bekennt und neben Spendenprogrammen auch Veranstaltungen organisiert.
(3) Bekanntlich wurde 1975 die Resolution Nr. 3379 verabschiedet, die Zionismus als eine Form des Rassismus verurteilt. Erst 1991 wurde diese Resolution zurückgenommen.


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last modified: 28.3.2007