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sports, 1.2k

Zwangs-Diäten und Überflieger


Frank Löffler, 29.2k Unsere deutschen Ski-Adler schnitten diesmal bei ihrem alljährlichen Haupt-Event, der Vier-Schanzen-Tournee, alles andere als gut ab. Ein sechster Rang im Gesamtklassement ist, mit Verlaub gesagt, wirklich zu wenig für das erfolgsverwöhnte deutsche Fernsehpublikum. Und wenn dann unser bestplatzierter Bub’ auch noch so wenig mackenreich daherkommt, wie der Georg und anders als der Hanni oder der vom Dauerformtief geplagte Martin so wenig smart dreinblickt, dann muss – sorry Jungs – ja dann muss man euer Abschneiden als Bauchklatscher werten.
Lag es am Erwartungsdruck? War er diesmal besonders hoch, nachdem man euren bisherigen Chef so sang- und klanglos verabschiedete und eure Trainingsprogramme umstellte? Oder wart ihr dieses Jahr zu schwach auf der Brust, was unter anderem hätte daran liegen können, dass ihr so wenig auf den Rippen habt? Einer aus euren Reihen, ein gewisser Frank Löffler, hatte ja im „Spiegel“ behauptet, ihr Athleten müsstet hungern und hättet Zwangs-Diäten durchmachen müssen, um auf Teufel komm raus auf akzeptables Fluggewicht zu kommen. „Bei uns im Verband wird diese Devise inzwischen auf die Spitze getrieben. Was hier abgeht, ist kein Skispringen mehr, das ist Kampfwiegen.“, so Löffler gegenüber dem „Spiegel“. Zwangshungern, dachte ich mir, ist das nicht ein Phänomen des internationalen Catwalks oder ein klassischer Exportschlager der Dritten Welt? Aber da muss doch, so dachte ich weiter, was dran sein an dieser Idee, euch knallharte Diäten vorzuschreiben. Na klar: weniger Nahrung = weniger Gewicht = besseres Hangauftriebsverhalten = weitere Sprünge, und darum geht es ja bei euch: Weiter springen muss man als die anderen, um erfolgreicher zu sein als diese und um ein Held zu sein. Ein Held, der ist tüchtig und ebenso süchtig – nach Erfolg natürlich. Aber vielleicht muss er in eurem Fall auch magersüchtig sein? Die erste kritische Stimme zu derartig harten Trainingsbedingungen kam dazu – wie gesagt – aus den eigenen Reihen. Doch man reagierte schnell und beförderte den Hungerstreikbrecher Löffler gleich mal in den C-Kader, wo man normalen Essgewohnheiten und ausschweifendem Lebensstil (Löffler ging gern mal abends aus) sicher etwas kulanter begegnet.
Die anderen von euch erstklassigen Springern machen natürlich weiter wie immer, damit auch in Zukunft weit gesprungen wird und der deutsche Fernsehzuschauer zufrieden ist, mit euch und eurer Hungerleistung. Denn das hat er schon immer zu würdigen gewusst: Entbehrung und Aufopferung für nationalen Erfolg. Ob dann eure ausgemergelten Gesichter aber noch für Schokoladenwerbung taugen, bleibt eine andere Frage. Fazit: Nix im Bauch für Volk und Vaterland – das kommt an bei denen, die nix im Kopf haben.

Auch beim Bayern FC aus München kursierten letztens Gerüchte über eine angebliche Zwangs-Diät von unser aller Liebling aus dem Osten, dem Ballack Michael aus Karl-Marx-Stadt. Dieser aber hat nun glücklicherweise ein Top-Alibi, um solch infamen Behauptungen zu entgehen, ist es schließlich ein weltweites Fast-Food-Unternehmen, das ihn für neueste Werbearrangements einspannte. So recht aber mag man den Fußballprofis dann doch nicht glauben, wenn diese behaupten, essen zu können, was immer ihnen in die Quere kommt. Gerade wenn es für die Münchner in die aktuelle Rückrundenvorbereitung geht und man um einen Platz im Kader zu bangen hat, können ein paar Pfunde zu viel schon das harte Urteil des gestrengen Betreuungsstabes provozieren. Vorgebaut hat man beim FC aber allemal, denn es geht noch mal ins Traininglager, und zwar ins „härteste aller Zeiten“, wie Manager Uli Hoeneß ankündigte. Ich mutmaße mal, dass da trainiert wird wie noch nie und vielleicht auch gehungert bis sich die Balken biegen – für die Meisterschaft, für den Verein und für den eigenen Arbeitsplatz.

Roman



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last modified: 28.3.2007