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Zur Diskusssion um die Geschehnisse wegen der verbotenen Antifa-Demo in Saalfeld hier ein Beitrag, der in modifizierter Form bereits in der Wochenzeitung jungle World vom 23. Oktober erschienen ist.
Wir danken dem Autor, daß er uns den Artikel zur Verfügung gestellt hat.
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Für eine gepfefferte Demo.

Eine bundesweite Antifa-Demo in Saalfeld als Reaktion auf das Verbot ist zwingend notwendig.

Das Verbot der bundesweiten Antifa-Demo, die am 11. Oktober in Saalfeld über die Bühne gehen sollte, taugt leider nicht zum exemplarischen Possenspiel. Wenn auch die Verlautbarungen der lokalen Gralshüter aus Politik und Behörden den Saalfelder und Rudolstädter Heimatschutz als starkes Stück Deutschland repräsentieren und somit normal deutsch daher kommen, so verdient doch die geballte Ladung aus Anti-Antifa-Konsens und Provinzmief eine gebührende Antwort.
Vergegenwärtigt man sich die monatelange Vorbereitungszeit für die Saalfeld-Demo, sollte klar sein, daß diese Antwort, soll sie denn inhaltlich und zahlenmäßig nach vorn losgehen, einige Zeit auf sich warten lassen muß. Mit einer längerfristigen Terminierung würde also auch der Verfaßtheit der Antifa-Szene Rechnung getragen. Schließlich mahlen entsprechend den gesellschaftlichen Realitäten auch Antifa-Mühlen nicht mehr so schnell und spontan wie vielleicht noch vor ’89.
Die gelaufenen Aktionen gegen das Verbot unmittelbar am geplanten Demo-Tag, dem 11.Oktober, sprechen in jedem Fall für die autonomen Antifa-Gruppen und deren Aktionismus. Im Gegensatz zu den beteiligten Gewerkschafts- und Parteikreisen liessen sich die Autonomen durch das Verbot nicht kalt stellen. Und es darf durchaus vermutet werden, daß den unabhängigen Antifa-Gruppen die bundesweite Relevanz des Verbotes um einiges bewußter war, als anderen potentiellen Demoteilnehmern.
Nicht zuletzt wiegt der Fakt besonders schwer, daß einer der wesentlichsten Ausschläge für das Verbot durch die Anmeldung einer Gegendemo von Nazi-Seite herbeigeführt wurde. Durch das Saalfeld-Verbot könnte sich ein Szenario Bahn brechen, wie es Antifas bisher nicht kennen: Nazis melden eine Gegendemo an und schwupps, erfolgt das Verbot der entsprechenden Antifa-Demo. Die behördlichen Verbotsgründe in Saalfeld, bestätigt durch das Geraer Verwaltungsgericht, weisen stark in diese Richtung. Umso wichtiger ist ein konzertiertes Vorgehen auf juristischer und politischer Ebene. Eine Klage gegen das Verbot vor dem zuständigen Oberverwaltungsgericht muß dehalb im Nachgang der erlassenenen einstweiligen Verfügung auf jeden Fall erfolgen. Diese muß jedoch von einem politischen Verständnis motiviert sein, um tatsächlichen Erfolg haben zu können. (Nach Informationen des Autors war dies bei der gescheiterten Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht der Fall.)
Die juristische Durchsetzung von Demonstrationen ist ein wichtiger Faustpfand der praktisch-politischen Handlungsfähigkeit. Das umso mehr, als der Fall Saalfeld in nichts der Alltagssituation von Gollwitz, Dolgenbrodt, Babenhausen oder Grevesmühlen nachsteht. Überall treffen Antifas auf einen festgeschmiedeten Volks-Block aus Politik, Behörden, Medien und Bevölkerung.
Gegen diesen Monolith gilt es in Saalfeld mit einer gepfefferten Demo klarzustellen, wie die Fronten in diesem Land verlaufen. Das sollte auch der Maßstab für das nötige Demo-Bündnis sein. Eine Verwässerung der inhaltlichen Brisanz des ereilten Verbotes durch ein breites Bündnis auf Gedeih und Verderb nützt der Sache recht wenig. In der Vergangenheit sind so immer inhaltliche Diskussionen und Standortbestimmungen ausgeblendet oder gar weggebügelt worden. Darüber sollte man auch in Antifa-Kreisen endlich ein Liedchen singen dürfen. Schließlich und letztendlich geht es gerade bei den Reaktionen auf das Demonstrationsverbot um die Perspektive einer antifaschistischen Bewegung hierzulande. Denn eines ist gewiß, das nächste Demonstrationsverbot kommt bestimmt. Daran strikt nicht nur ein thüringischer SPD-Innenminister und ein paar Provinzkasper, sondern tatsächlich ein gesamtes Gemeinwesen. Kay Claus


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last modified: 28.3.2007