home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt
[100][<<][>>]

Eine neue Frauenkirche und ein neuer deutscher Mob.


Drei Episoden aus dem Alltag in Deutschland. Von Florian

Vorneweg. Ich bin nicht in der Antideutsch-Kommunistischen Gruppe (AKG), aber auch ich bekomme mehr und mehr den Eindruck, dass sich in Deutschland etwas auftut, was definitiv nicht gut zu heißen ist. Man kann auch sagen, dass die Wurzeln von dem, was sich in diesem Land konstruiert, nie richtig erkannt und bekämpft wurden. Auffällig wird dieser Zustand in Zeiten, in denen sich politisch global doch recht viel bewegt.
Der 11. September 2001 hat eine neue Epoche der Weltgeschichte eingeleitet: Amerika wurde getroffen. Die Motive der Attentäter sollten mittlerweile auch klar sein. Die Vereinigten Staaten machen das, was jeder andere Staat auch tun würde. Sie versuchen der neuen Gefahr entgegen zu treten. Sicher, Amerika hat ökonomische Interessen, aber welcher Staat hat diese Interessen nicht? An dieser Stelle ertönen die Lautsprecher der Friedensbewegung und verlautbaren, dass die Völker dieser Erde keine ökonomischen Interessen vertreten. Das Volk will den Frieden. Sehr richtig das. Das Volk mordet nicht aus ökonomischen Interessen, sondern vielmehr mit der Motivation der Ideologien. Das Volk würde alles tun, um den Frieden zu schützen. Die deutsche Friedensbewegung würde alles daran setzen, um es Amerika mal so richtig zu zeigen. Denn wer den deutschen Frieden bedroht, dem muss konsequent entgegengetreten werden. Sowieso hat man mit Amerika noch ein Hühnchen zu rupfen. Erst bezwingen sie einen im 2. Weltkrieg und nehmen Deutschland damit den Frieden weg und dann besetzen diese Amerikaner dieses, unseres Deutschland. Diese Amis sind schon unverschämt, denkt sich der deutsche Friedensmob mit Kirche, Kind und Kegel. Vielleicht kann man das nicht allen DemonstrantInnen der Friedensbewegung unterstellen, vielleicht denkt ein Teil der jüngeren Generation anders als die Omis und Opis der PDS, SPD, CDU usw. Vielleicht gibt es diese 3%, mmh vielleicht? Wie schon gesagt, ich bin kein großer Fan der Leipziger Antideutschen, die mit ihrer Überaffirmation zu Amerika manchmal ganz schön nerven können. Aber bei solch einer Lage der Dinge kann man ihnen manchmal nur dankbar sein.
Ruine der Frauenkirche, 19.0k
Doch es braucht nicht immer eine weltpolitisch gespannte Lage, um die neu motivierten Bewegungen des deutschen Volksmobs zu erkennen. Samstag, den 3.Mai 2003, nämlich: Darauf haben sich die Dresdner und Deutschen schon lange gefreut. Die Glocken für die wieder aufgebaute Frauenkirche sind endlich da und sollen nun das erste mal nach der Niederlage von 1944-1945 wieder ertönen. Samstag ist Selbstmord, kann ich da nur sagen. So ein Ereignis muss natürlich auch durch die Medien laufen. Und somit bekomme auch ich die Möglichkeit, mir Stimmungen der Bevölkerung zur Einweihung der Frauenkirche einzuholen. Natürlich auf Deutschlandfunk 96,6Hrz UKW(1). Es kommen dabei Stimmen der Bevölkerung zu Wort. Und schon rasselt es los: „ ja das ist ein herrlicher Tag für mich, dass ich das noch erleben darf... Es ist ja auch ein Symbol des Friedens nach dem schrecklichen Krieg damals...“, sagt der 72 Jahre alte Rentner Walther T. aus Dresden. Alle anderen Personen, die dazu interviewt wurden, faselten ebenfalls was vom Zeichen für Frieden und schrecklichen Kriegserinnerungen. Das muss schon ein Trauma für die Deutschen gewesen sein, jetzt bloß nicht schon wieder an die Niederlage denken.
Was man offensichtlich mitbekommt, ist, dass das Erinnerungsvermögen der Deutschen meist nur bis zum Kriegsende reicht. Was sich nicht so schnell offenbart, ist die Denkweise, welche unreflektiert im Unterbewusstsein der Deutschen rumbrodelt.

Anderer Schauplatz, anderes Beispiel dafür. Die super attraktive Talkrund auf meinem Lieblingsheimatkanal MDR. Bei Gysi und Späth(2)sitzen sie nun alle und diskutieren über Krieg und Frieden.
Konstellation der Gesprächsrunde: ein amerikanischer Journalist, Mr. Späth (CDU), Mr. Gysi (PDS) und ein Friedensaktivist der PDS, der wohl um die 50 Jahre alt sein müsste. Dialog in der Sendung läuft so: Mr. Gysi hält die Idee für gut, wenn man statt Krieg anzuwenden, den Irak mit Untersuchungskräften besetzt. Mr. Späth reagiert kühl und meint, dass man dann noch 20 Jahre in diesem gespannten Zustand auf ein Entgegenkommen des Iraks warten müsste. Der Friedensaktivist der PDS rastet schon fast aus, läuft rot an und sagt dann, dass das egal sei, da die Amis und Russen 50 Jahre hier waren. Alles klar? Bemerkt ihr was? Die späte Rache also.

Ob nun bei der Friedensdemo, bei der Einweihung der Frauenkirche oder im ostzonalen Fernsehsender MDR. Die Deutschen wissen wieder wer sie sind und was sie vereint. Die Aufarbeitung der Geschichte nach den alten Ideologien des deutschen Volkes nämlich.
Ignorieren wir diesen Zustand erst einmal, dann haben wir bald wieder alle Hände voll zu tun.

In diesem Sinne:
Nie Wieder Deutschland!
Nie Wieder Deutsch!

Fussnoten

(1) der Radiosender, der immer nachts um 0.00 Uhr die deutsche Nationalhymne abspielt
(2) Ist der Name der Talkrunde, die immer am ersten Montag des Monats auf mdr läuft – noch nie lagen Weinen und Lachen so nah beieinander.


home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt |
[100][<<][>>][top]

last modified: 28.3.2007