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Kultur-Report, 1.7k

PinUps und Konzertplakate


Betty Page, 17.7k Der Rock’n’Roll oder das, was der Konsument dafür hält, feiert fröhliche Auferstehung, und mit ihm all die tatsächlichen und vermeintlichen Mythen, die mit diesen Subkulturen zusammenhängen. Hot Rods, Tolle, der Rebel without a Cause, James Dean, diverse B-Movie-Versatzstücke und eben auch Pin-Up-Motive. Und besagte Mythen landen dann auch in schöner Regelmässigkeit auf den Postern, die Combos zur Bewerbung ihrer Tonträger und Touren nutzen und die wir ebenfalls zum Zwecke der Werbung plakatieren. Diese Plakate sorgen dann auch in regelmässigen Abständen für Aufregung und Diskussionsstoff, mehr als es jeder Songtext vermag. Im Speziellen sind das Motive mit gezeichneten oder fotographierten PinUps. Und wir sind dann jedes Mal im Erklärungsnotstand. Ob so etwas nicht zumindest tendenziell sexistisch sei, wird man des Öfteren gefragt oder derartige Plakate werden beschädigt. Und die Antwort „das sei halt so beim Rock’n’Roll“ fällt immer sehr unbefriedigend aus. Was also haben PinUps tatsächlich mit dem ganzen Rock’n’Roll-Mythos zu tun?
Entstanden sind derartigen Abbildungen mehr oder weniger gutgebauter Frauen – und es handelt sich dabei ausschliesslich um Frauen – wahrscheinlich schon mit Beginn der Fotographie. Anfänglich noch als erotische Kunst daherkommend, wird aus dieser Art Darstellung im Amerika der dreißiger und vierziger Jahre fast so etwas wie ein Zweig der Unterhaltungsindustrie. In den Anfängen kann man den PinUpS einen emanzipatorischen Gehalt nicht absprechen, entstanden diese doch in Zeiten rigider und viktorianisch geprägter Sexualmoral und führten auch dazu, diese aufzubrechen. Das Bild des Vamps entstand, das heisst, Frauen, die der Objektrolle entkommen und selber als sexuell handelnde Subjekte auftreten. Die Schattenseite ist aber auch von Anfang an mit angelegt, nämlich die Verwertung und das zum Objekt Degradieren weiblicher Körper nach kapitalistischer Logik. Auch damals galt das berühmte Sex sells schon. Jane Mansfield, Betty Page und vielleicht auch Marlene Dietrich stehen für dieses doch emanzipative Frauenbild.
Versucht man allerdings Plakate aus den goldenen Jahren des Rock’n’Roll mit derartigen Motiven zu finden, wird man wahrscheinlich nichts finden. Amerika war und ist dafür zu bigott.
Wie also sind solche Motive im Jahre 2003 zu bewerten? Der Skandaleffekt ist seit Ende der Sechziger vollkommen verpufft, wir leben in einer Zeit in der protestantische Moralvorstellungen nurmehr marginal auftreten und in der allen Entwicklungen zum Trotz, via sexualisierter Darstellungen, jegliches Produkt beworben wird. Und wenn das auf Konzertplakaten – auch wenn die Ästhetik der Fünfziger bemüht wird – genauso dargestellt ist, handelt es sich um Werbung für ein Produkt, und genau das ist bei aller Sympathie, als sexistisch zu sehen.
Wie nun, wird der geneigte Leser fragen, ist dann aber die Stellung des Conne Island bei den selbstgestellten Ansprüchen und den in den vergangenen Jahren geführten Diskussionen dazu? Schwierig, Schwierig, einerseits will man das Konzert veranstalten, und muss das dann auch bewerben, andererseits, weiss man, dass der Werbeträger sexistischen Inhalts ist. Wir sollten uns an unseren Ansprüchen messen lassen.

Kay


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last modified: 28.3.2007