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Ein geistiger Sexgangster?

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Der Österreicher Jörg Haider ist die personifizierte allumfassende Gewöhnlichkeit

„Wo ist das Problem?“
(Franz Beckenbauer gegenüber der
Agentur dpa auf die Frage,
was er von der Regierungsbeteiligung
der FPÖ in Österreich hält.)

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Der Satiriker Werner Schneyder meint über die Person Haider zu Bild: „Jemand, der wegen Kinderschändung verurteilt worden ist, kann auch nicht Leiter eines Kinderdorfs werden. Auch wenn er sich sterilisieren lässt.“
Haider, ein geistiger Kinderficker und Sexgangster, der für immer aus der Gesellschaft ausgestossen und geächtet gehört? Einer, der die Menschen für seine Ideen missbraucht? Die Menschen, Haiders Wähler, alles nur naive Teenager?
Die Teilhabe an der Macht, sie korrumpiert auch positiv: Was der reine Parteipolitiker Haider noch meinte, sagt der regierungbeteiligte nimmer mehr. Der Wolf trägt keinen Schafspelz, sondern immer noch österreichischen Nationalchic – eine Mischung aus Trachtenfolklore und westmetropolitaner Designerklamotte. Und, was blieb ihm anderes übrig: das Wölflein Haider entdeckt das Kreidefressen als globalisiertes österreichisches Fastfood.

Haider entdeckt das Kreidefressen als globalisiertes österreichisches Fastfood.

„Hai-der-ist – ein-Fa-schist“ – so hallt es bei den Demos gegen ihn wieder und wider. Und trotzdem ist er keiner, sondern ein Sympathisant, der sich die turborverdrängte Nazi-Vergangenheit der Österreicher nicht nur zu nutze machte, sondern felsenfest von der Unschuld des blutreinen österreichischen Menschen überzeugt ist.
Haider ist ein so gewöhnlicher Österreicher, dass nur – tatsächlich nur – seine besonders allumfassende Gewöhnlichkeit ihn aus der Masse der normal-gewöhnlichen Österreicher herausstechen läßt. Er personifiziert österreichische Unschuld, ohne eine Gnade der späten Geburt vorzutäuschen. Er ist eine generationsübergreifende Identifikationsfigur der Österreicher: tugendhaft-kämpferisch wie Großvater bei der Wehrmacht, unbefleckter Patriot wie die Nachkriegsgeneration der Eltern, nationaler Hedonist wie Sohn und Tochter. Man sollte sich wirklich mal seine Biografie, insbesondere der Kindes- und Jugendjahre vorknöpfen, um dem Vorgang Haider auf den Grund zu gehen. Nur so läßt sich der gewöhnlich-idealtypische Österreicher „entzaubern“ (Kalk(!) Master Erich Böhme). Dass sich „der Haider Jörgl“ im direkten Disput immer „für die Ehrenmitgliedschaft in der Antifaschistischen Aktion zu bewerben“ scheint (Der Spiegel), liegt nicht zuletzt an der Auffassung der guten Demokraten, dass ein Faschist vom Himmel falle und in aller Regel nicht aus Fleisch und Blut sein kann. Dann allerdings kommt das böse Erwachen. Im Angesicht des Haider stellt man fest: den kann man sogar anfassen – und er fühlt sich ganz normal an.
Die Botschaft der EU an alle innerhalb und ausserhalb des mit den USA konkurrierenden Wirtschaftsraumes Europa ist ein-eindeutig: ein Haider ist schon ein Haider zuviel – denn: wir – die EU – sind der Haider!

Im Angesicht stellt man fest: den kann man sogar anfassen - und er fühlt sich ganz normal an.

Die EU verteidigt das Schengener Abkommen, in dem das Monopol auf Rassismus in Europa festgeschrieben wurde. Was der Haider dagegen will, ist ein Schengen nur für Österreich.
Sicherlich ist ein gemeinsames Europa eine Sache „von Krieg und Frieden“ (Helmut Kohl). Doch Frieden ist nur, wenn es kapitalistischen Interessen nützt. Im Falle des europäischen Wirtschaftsraumes ist es so, wie der Name schon sagt: es geht um ökonomische Interessen, um Kapitalfluss und Überwindung des sozialdemokratischen Wohlfahrtsmodells. Wer da nicht mitzieht, bleibt zurück. Das weiss man auch in Österreich, in dem der Abbau sozialer Standards über die Jahre ein wenig verschlafen wurde. Deshalb soll auch in Österreich reformiert und dereguliert werden, was das Zeug hält. Da jahrelang die Sozis in Österreich am Ruder waren, machen dies nun die Konservativen zusammen mit den Rechtsaussen. Deren Politik allerdings wird sich letztlich nur in Nuancen von der Grundlinie eines Schröder-Blair-Papieres unterscheiden können. Denn der Gestaltungsspielraum nationaler Politik ist gemeinsam beschlossene und gewollte EU-Chefsache.

Der Wolf trägt keinen Schafspelz.

Die besondere österreichische Konstellation brachte der Wertkritiker Robert Kurz auf den Punkt: „Das sonst nur indirekte Zusammenspiel von Globalismus und Nationalismus, von Demokraten und Rassisten ist bei Haider zur unmittelbaren Verschmelzung gelangt.“
Mit Haider steht also nicht die Demokratie auf dem Spiel, sondern die gesellschaftliche Ausgrenzung und Ächtung offen-faschistischer Ideologeme. Darüberhinaus gilt, was ebenfalls Robert Kurz feststellte: „Eine Linke (...), die zu dem Gesamtsyndrom keine transnationale radikale Kapitalismuskritik als Alternative entwickelt, sondern mit den Schafen der Demokratie blökt und gleichzeitig selber nach der obsoleten ‘nationalen Geborgenheit’ schielt, macht sich unfreiwillig mitschuldig am Aufstieg der Haiderei.“
Ralf



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last modified: 28.3.2007