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Ästhetisierender Zirkelschluß

stereolab, 1.6k

Um Rückgriffe geht es. Deren motivische Basis und die Umsetzung: Die Lineraität von Geschichte liest sich bei Stereolab als elementare Verschüttung - festgemacht an den jeweiligen historisch anerkannten Brüchen.
stereolab bild, 5.9k
„Ebene eins - ’die symphatischste Pop-Musik des Jahres’“
Von wem diese anerkannt und demzufolge vollbracht wurden, ist eine Frage, die sich Stereolab nicht stellen: Ein Kontext existiert - oder auch nicht. Wenn es ihn gibt, wird er für die Band interessant. Steht ihnen doch die Beliebigkeit als für sie notwendiges Abgrenzungsmodell zur Seite.
Anfänglich bewirkte das eine musikalische Interpretation von sich selbst, die nach außen hin zu allem Überfluß auch noch als ansehnliche Retrokiste daherkam. Ein Grund dafür mag in der Vergangenheit von Tim Gane und Laetitia Sadier gelegen haben. Ende der Achtziger in die Band McCarthy involviert, mußten sie sich immer dagegen wehren, nicht von der C86-Britpop-Umarmung erdrückt zu werden.
Wenn sie deshalb auf Can, Neu, Faust, Velvet Underground, Sun Ra-„Universalismus“ oder Burt - die Leichtigkeit des Seins, die gar keine ist - Bacharach verweisen, kommt das ihrem Theoretisieren über „Revolution“, von der sie oft singen, so nahe, wie der virtuelle Fortschritt der Klassenkampftheorie von Antiimps: Die Revolution, die keine sein darf, ist eine, weil „eine Zukunft nur möglich ist, wenn man die Vergangenheit wiederholt. Es geht keineswegs darum, Traditionen fortzuschreiben, sondern den Teil an der Vergangenheit aktiv werden zu lassen, die in ihr schlummernden Potentiale, all die Versprechen wach werden zu lassen, die nicht abgegolten oder übersehen worden sind.“ Diese umstürzlerischen Worte Tim Ganes (in SPEX) brauchen nur ein Satzzeichen, um beim genauen Gegenteil anzukommen. „Für mich ist es verlockend, diesen Aspekten den Platz in der Geschichte zuzuweisen, der ihnen bislang verweigert worden ist.“

„Die Revolution, die keine sein darf, ist eine.“

Symptomatischer kann man meines Erachtens nicht zitieren, um den ästhetisierenden Zirkelschluß Stereolabs aufzuzeigen. Die Aneinanderreihung als eine Neuinterpretation, die sich auf die subjektivistischen Elemente beschränkt, auch Reduktion genannt, wehrt den Vorwurf des Eklektizismus erfolgreich ab. Heraus kommt eine Musik, die trotzdem auf zwei Ebenen funktioniert. Die eine macht es möglich, ihnen die „symphatischste Pop-Musik des Jahres“ zu attestieren, die andere, wichtigere, daran zu glauben, daß Gesellschaftsmodelle immer noch aus der Geschichte erwachsen und somit ihr Bestandteil sind.
Doch nicht nur Laetitia Sadier weiß: „Dann sind wir schon wieder weiter.“ Ralf


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last modified: 28.3.2007