Dienstag, 15.04.2025, Einlass: 18:30 Uhr, Beginn: 19:00 Uhr
»Leutzscher Juden« Zur Idee der Aneignung jüdischer Identitäten im Kampf gegen Antisemitismus im Fußball Vortrag und Gespräch mit Monty Ott und Ruben Gerczikow
Antisemitismus ist auch in Fußballstadien ein Thema. Mal kommt er als klassische Breitseite mit nationalsozialistischen Reminiszenzen, mal subtil in Form kapitalismuskritischer Ressentiments, zuletzt immer öfter im Kontext des Nahostkonflikts als Bekenntnis zu vermeintlich widerständigem Handeln.
Es gibt Fußballvereine, die immer wieder in beleidigender Absicht als »jüdisch« bezeichnet werden. Chemie Leipzig gehört ebenso dazu wie die Frankfurter Eintracht, im internationalen Kontext sind es Teams wie Tottenham oder Ajax. Teilweise existieren dabei reale Bezüge zum »Jüdischsein« – aufgrund ehemaliger Spieler, aufgrund jüdischer Eigentümer oder aufgrund einer florierenden jüdischen Community in der Stadt – teilweise kommen die antisemitischen Stigmata auch völlig »ohne Juden« aus.
Der Vortrag soll ausgehend vom Beispiel Leipzigs die Bedeutung sogenannter »Judenclubs« und ihrer Fans diskutieren. Dabei geht es auch und in erster Linie um die Strategie der Aneignung jüdischer Identität, um antisemitischen Anfeindungen zu begegnen. Aktive Fanszenen nutzen das »performative Jüdischsein« im Stadion, eignen es sich symbolhaft an und haben dabei durchaus einen Hang zur Übertreibung und Zuspitzung. Daher soll es in der Diskussion auch um die Fallstricke und Missverständnisse gehen, die solche Konzepte mit sich bringen.
Monty Ott ist Politik- und Religionswissenschaftler sowie politischer Schriftsteller. In seinen Arbeiten setzt er sich mit Antisemitismus, Erinnerungskultur, Intersektionalität und Queerness auseinander und bringt neue Perspektiven in gesellschaftliche Debatten ein. Mit seinem viel beachteten Essay »Inzwischen ist es kalt geworden«, veröffentlicht in DIE ZEIT Anfang 2023, lieferte er eine prägnante Analyse des Antisemitismus in linken Bewegungen – und nahm damit Entwicklungen vorweg, die nach dem 7. Oktober 2023 verstärkt in den Fokus rückten. Seit über einem Jahrzehnt engagiert er sich aktiv in der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit. Derzeit arbeitet er an seiner Dissertation zur »Queeren jüdischen Theologie«.
Ruben Gerczikow ist Autor und hat Publizistik und Kommunikationswissenschaften studiert. Er recherchiert zu antisemitischen Strukturen im analogen und digitalen Raum. Er hat in der Vergangenheit bereits für Medien wie dem Spiegel, der FAZ, den Tagesspiegel und DER ZEIT geschrieben. Seine Veröffentlichungen behandeln die Themenfelder Antisemitismus, Rechtsextremismus, Islamismus und jüdische Gegenwart.
Beide geben im Herbst 2025 den Sammelband »Juden auf den Plätzen, Juden auf den Rängen« im Verlag Die Werkstattheraus.
Eine gemeinsame Veranstaltung von Chemiefans gegen Antisemitismus und dem Fanprojekt Leipzig.
Mit freundlicher Unterstützung der Amadeu-Antonio-Stiftung und der DFB-Kulturstiftung.