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review corner Film, 1.4k

Kameradschaftsabend
mal anders

„Duck & Cover: American Military Propaganda for Soldiers & Civilians“

Unter dem Motto „American Outlaw Cinema: Music, Sex & War“ lud das alternative „filmkunsthaus die nato“ in Leipzig vom 29. April bis zum 1. Mai ein. Während sich der erste Tag mit seinen anti-amerikanisch rezipierten Kriegspropaganda-Filmen eher an das nationalrevolutionäre, prüde Publikum richtete, dürften die weiteren Filmvorführungen mit „illegal produzierten Pornos“ eher dem feucht-fröhlichem Burschenschaftsspektrum gefallen haben.

Am ersten Abend wurden unter dem Titel „Duck & Cover: American Military Propaganda for Soldiers & Civilians“ amerikanische Filme des Verteidigungsministeriums aus den Jahren 1946 bis 1962 gezeigt; präsentiert vom „mittlerweile in Dänemark lebenden Filmjournalisten und -verleiher“ Jack Stevenson – und die nato war so voll wie schon lange nicht mehr. Die Antifa Leipzig, sofern es sie noch gäbe, hätte diese Veranstaltung eigentlich zu einem ihrer Angriffsziele machen müssen. Die Reste der Antifa saßen jedoch im Publikum verteilt und werden entweder den sich bahnbrechenden Anti-Amerikanismus geteilt haben oder waren vor Erschrecken genauso gelähmt wie der Autor.
Schon bevor der Film begann, machten üble Verschwörungstheorien über die bösen, kriegslüsternen, verlogenen und geldgeilen Amis die Runde. Jack Stevenson stellte dann die einzelnen Filme kurz vor. Zum ersten Film, „Your Job in Germany“, den die nato folgendermaßen ankündigt: „Einer der wütendsten anti-deutschen Propagandafilme von Frank Capra. Ein Meisterwerk der emotionalen Maipulation“ (Rechtschreibfehler im Original), bemerkt er, daß dieser den Deutschen die Schuld am 2. Weltkrieg geben würde – und nicht den Nazis, deren erste Opfer die Deutschen geworden wären; wie es all die anderen US-amerikanischen Propagandafilme gemacht hätten. Daraufhin bricht das Publikum in wildes Lachen ob der angeblichen rassistischen Borniertheit der Amis gegenüber den Deutschen aus. Zum nächsten Film, „Our Job in Japan“ (nato-Flyer: „Sehr ähnlich dem Job in Germany beschreibt Capra die Japaner als einen Haufen von ungebildeten Feudalzeitkriegern, denen die Überlegenheit des ‘American Way’ erst noch beigebracht werden muß“), weiß Stevenson zu berichten, daß er nicht gezeigt wurde, weil er zu „far out“ war: Die Japaner wären den Amerikanern ein mysteriöses, undurchschaubares Volk gewesen.
Die beiden Filme allerdings zeigten sehr deutlich, wie sich der Nationalismus in Deutschland und Japan entwickelt hat. Es wurde auf die historische Kontinuität von Bismarck über Kaiser Wilhelm bis hin zu Hitler hingewiesen (analog in dem japanischen Film). Der Film warnte die US-Soldaten vor einer Fraternisierung mit der deutschen Bevölkerung, da diese Träger des Nationalsozialismus gewesen sei. Zwar wurden die Konzentrationslager geschlossen, die Nazipropaganda gestoppt und die Nazi-Eliten entmachtet, das nationalsozialistische Gedankengut lebt allerdings in den Deutschen fort.
Der Film über Nazideutschland mag ein Propagandafilm gewesen sein, er bringt aber die wahren Verhältnisse, Jahrzehnte bevor Goldhagen dies wissenschaftlich untermauert hat, besser auf den Punkt als jedes andere zeithistorische Dokument. Der Film über Japan zeigt darüber hinaus sehr deutlich, daß die amerikanische Propaganda bei aller kitschigen Überhöhung der amerikanischen Verhältnisse nicht rassistisch war. Denn er betont sehr eindringlich, daß die Japaner die gleichen (biologischen) Voraussetzungen hätten, wie alle anderen Menschen auch und somit prinzipiell empfänglich für das amerikanische Glücksversprechen sein könnten, jedoch durch die nationalistische und religiöse Propaganda der Eliten verführt wurden.
Diese beiden Filme verdienen es also, in einem bejahenden anti-deutschen, antimilitaristischen und antifaschistischen Kontext gezeigt zu werden. Was machen aber Jack Stevenson und die nato? Sie zeigen diese Filme zusammen mit der wirklich lächerlichen und patriotisch-antikommunistischen Propaganda im Osten Deutschlands vor einem anti-amerikanischem Publikum. Die Intention war, die Kriegspropaganda (unter diesem Motto werden die Filme zusammengefaßt: Ob antifaschistischer Krieg gegen Deutschland oder Kalter Krieg gegen die Sowjetunion scheint keinen Unterschied zu machen) bloßzustellen. Die Message ist angekommen: Das Publikum kann sich besonders bei dem Film „Your Job in Germany“ vor Lachen kaum halten, obwohl jedem das Lachen eigentlich vergehen sollte. Es fallen Sprüche wie: Die Propaganda ist schlimmer als bei den Nazis; Die Amis sind so dumm, die glauben da sogar dran; In 10 Jahren sehen wir solche Filme über den Afghanistankrieg und wundern uns, wie dumm die Menschen damals waren; Heute haben die Amis CNN, die brauchen solche Kinospots nicht mehr; Es hat sich nichts geändert, heute gibt’s das in Farbe; So platt wird das nicht mehr gemacht; Sogar in Deutschland gibt es inzwischen solche Kriegspropaganda.
Yvonne


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last modified: 28.3.2007