Die große Fanzine-Gala im Conne Island (Roter-Stern-Mittwochsveranstaltung)
Der Anlass ist bescheiden, das Ereignis dennoch ein großes: Die 10.
Ausgabe des Roter-Stern-Leipzig-Fanzines Prasses Erben erscheint am
26.09.01 und wird zum Anlass genommen, die erste große Fanzine-Gala
Leipzigs zu zelebrieren. Derzeit ist das Prasses Erben nahezu das letzte
existierende Fanzine Leipzigs, welches aus einem eher linken Background heraus
agiert. Dabei hat Leipzig jedoch eine große Fanzine-Geschichte hinter
sich.
Fanzines sind seit Anbeginn Ausdrucksorgan und Begleitwort jeder subkulturellen
Szene. Fanzines sind kleine Hefte, zusammengestückelt und kopiert,
bestehend aus Artikeln, Statements, Fotos und allerlei sinnlosen Sinnigkeiten
über diejenigen Dinge, welche das Leben in einer Subkultur bestimmen.
Meist sind diese Fanzines an eine bestimmte Subkultur gebunden. So gab es in
der Vergangenheit jeweils eine große Fanzine-Szene im Punkrock ebenso wie
im Skinhead-Bereich, beim Fußball sowie beim Hardcore. In diesen Heften
werden auf der einen Seite die Leidenschaft für das gemeinsame Thema
ausgetauscht, auf der anderen Seite aber auch Diskussionen geführt. Es ist
die betonte Subjektivität der MacherInnen, welches den besonderen Charme
eines Fanzines ausmacht. Meist sind es einzelne Leute, die aus einer Laune
heraus, mit dem Anspruch, ihre Leidenschaft mitzuteilen, in Eigenregie ein
solches Heft kreieren und ebenso vertreiben.
In den Zeilen der Fanzines findet man denn auch einzig Authentizität einer
Szene. Hier melden sich diejenigen zu Wort, welche sich mit ihrem Thema voll
und ganz identifizieren, diejenigen, welche eine solche Szene voranbringen,
verändern und am Leben halten. In den meisten der Fanzines versuchen sich
die MacherInnen aber nicht in schweren Analysen und gewichtigen Artikeln,
sondern zelebrieren ihr eigenes Fan-Dasein in emotionalen Berichten ihres
Alltags. Diese gnadenlose Subjektivität bis hin zum völligen
Egozentrismus ist das entscheidende Kriterium eines Fanzines und seine alles
entscheidende Qualifikation.
Fanzines, so wurde aus diesem Grunde nicht selten festgestellt, sind das Herz
einer Szene, sie geben Aufschluss über die Befindlichkeiten und über
Motivationen und sie sind Indikator für das Existieren einer lebendigen
Fankultur. Innerhalb einer Szene stellen Fanzines ganz wesentlich die
Kommunikationsstruktur. So wie es verschiedene Punk-Zines schafften, 1995
tausende Punx zu den Chaostagen nach Hannover zu locken, wurden die '97er
Chaostage ebenso von diesen abgesagt.
Anfang bis Mitte der 90er kam es in Deutschland noch einmal zu einem Boom der
Subkulturen und damit einhergehend einem Boom der Fanzines. Besonders der
Punk-, Skinhead und Fußballbereich wurde von Fanzines nur so
überschwemmt. Mitte bis Ende der 90er ist jedoch genau der gegenteilige
Trend zu beobachten: Das Fanzinesterben hat eingesetzt und begräbt mit
sich die Einheit der Subkulturen. Die Szenen zerfallen zusehends in ihrer
lokalen Bestandteile und verlieren ihre überregionale Bedeutung.
Auch Leipzig war immer Heimstatt mehrere Fanzines. Dabei soll es bei der
Leipziger Fanzine-Gala nicht um alle Fanzines gehen, die in Leipzig durch die
verschiedensten Hände gegangen sind, sondern lediglich um diejenigen,
welchen einen linken Anspruch formulieren. Eines der ersten dieser Art
überhaupt: das MSE, in welchem sich zum Teil die politisierende
Szene Connewitz repräsentiert sah. Kein klassisches Fanzine-Konzept
zwar, aber dennoch für die Entwicklung einer linken Szene in Leipzig nicht
unerheblich. Auch im Fußballbereich existierte über Jahre mit
Melk die fette Katze eines der bekanntesten Fußball-Zines
Deutschlands. Aus der gleichen Ecke, aber in eine andere Richtung
schließlich, das helmuts erben, welches im Punkbereich ebenfalls
überregionalen Ruhm genoss. Ebenfalls im Punkbereich existierten nur kurz
die Machwerke Qschiss und Toifelswerk. Neben dem Melk die
fette Katze entstand später bei Chemie die Schwarze
Sau und im Gefolge der Gründung des Roten Sterns erst Die
Fünfte und später das noch heute existierende Prasses
Erben. Nicht zu vergessen ist das Persona non grata, welches
anfänglich als Fanzine gestartet ist und sich (ähnlich dem
Kreuzer) allmählich zu einem ordentlichen Pop-Magazin gemausert
hat. Alles in allem sind hiermit noch längst nicht alle Fanzines genannt,
die es in Leipzig je gegeben hat, aber diejenigen, die uns auf den ersten
(subjektiven) Blick als irgendwie wichtig erschienen.
Am Abend des 26. Septembers werden wir versuchen, noch einmal durch 10 Jahre
Leipziger Fanzineleben zu gleiten. In einem festlichen Programm werden Texte
und Episoden dargeboten, Fanzines und FanzinemacherInnen ausgestellt. Nach
Beendigung des öffentlichen Programms, wird ein großer Ball den
großen Abend gemütlich ausklingen lassen. Viel Spaß dabei
wünscht der Rote Stern Leipzig
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