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das Erste, 1.3k

Was sonst noch passierte – Deutschland und die Welt.

Ralf, 15.1k „Es gibt kein Recht auf Faulheit.“ Da spricht Schröder die Wahrheit des Kapitalismus aus und von links jaulen die betroffenen faulen Hunde, denen der Gang zum Arbeitsamt jedesmal zu Recht der Gang nach Canossa wird: ob nun Sozialhilfe oder Arbeitlosenkohle – erst mal muß man Ware und Rechtssubjekt sein dürfen, um vom Staatsschmodder überhaupt ein paar Groschen zu erhaschen.
Daß einem im Zweifelsfall der Sozialstaat näher ist als die Wohlfahrt zur Hölle ist subjektiv nicht nur richtig, sondern völlig richtig. Denn nur dem, der existiert, kann man auf der Tasche liegen. In Zukunft werden das noch ein paar mehr sein, denn man hat sich im großen und ganzen Stile in Deutschlands korporatistischen postfaschistischen Verbändestaat endgültig darauf geeinigt, daß Deutschland ein Einwanderungsland ist. Denn, daß es keines ist, sei inzwischen so unhaltbar „wie die Behauptung, die Erde sei eine Scheibe“ (Peter Müller, Vorsitzender der CDU-Zuwanderungskommission).
Die CDU ist dabei, SPD, Grüne, FDP und PDS sowieso und die CSU wird es in absehbarer Zeit auch sein, denn die Unterschiede seien bei aller Skepsis seitens der CSU „nicht so gravierende“ (Zeitlmann, innenpolitischer Sprecher der Partei).
Der nationale Konsens ist somit ähnlich hergestellt wie für den Euro und gegen die „Rechtsextremisten“. Der autoritären deutschen Bevölkerung frisch auf den Tisch wurde angewiesen: ‘Was kümmert uns unser Geschwätz von gestern, wir sind ein Einwanderungsland und basta!’
Der Perspektivwechsel, der anfang der 90er noch unvorstellbar war, ist vollzogen. Nach Schengen und Abschaffung des Asylrechtes steht der neue nationale Konsens der Deutschen fest: Zuwanderung, „begrenzt“ und im „nationalen Interesse“ (O-Ton des Abschlußberichtes der CDU-Kommission „Zuwanderung und Integration“).
Nun, nur die, die nicht verstehen, daß der Staat von seinem Wesen her im nationalen Interesse handeln muß und nur diejenigen, die offene Grenzen statt gar keine fordern, werden sich wieder aufregen, wie ein Staat nur so ungerecht sein kann. Spätestens zum traditionellen „Grenzcamp“ – dieses Jahr in Frankfurt/Main, wo man sich den Versuch des kollektiven Zusammenlebens als Widerstand halluziniert und dabei Flüchtlings- und Migrantenmißbrauch betreibt – wird man wieder die Medien belästigen und jauchzen und frohlocken, daß das „Medieninteresse in diesem Jahr noch größer war als im letzten“ oder so.
Für unsere Freundinnen und Freunde von der Antira, denen ja paradoxerweise ein Heiratsantrag von der verstorbenen Antifa vorliegt – aber wer ist schon so nekrophil –, muß das besonders bitter sein: nun hat man jahrelang dafür gekämpft, daß Deutschland ein Einwanderungsland sein soll und nun ist es eins – so ‘ne Scheiße aber auch!
Zusammen mit der Antifa kann man sich nun ausheulen – das „Grenzcamp“ ist ja dafür zum Beispiel ideal –, wie das alles nur passieren konnte: erst nimmt man der Antifa die Nazis weg und nun läßt man die lieben guten Flüchtlinge viel stärker auch ohne Fluchthilfe und antirassistische Betreuung ins Land.
Daß das alles noch verzwickter ist, darf hier nicht unerwähnt bleiben: die einzigen Vollidioten, die nun noch immer schreien, Deutschland sei kein Einwanderungsland, sind die Nazis. Über deren längerfristiges Schicksal ist damit ausreichend viel gesagt, vorausgesetzt, man lügt sich nicht wie jahrelang die Antifa in die Tasche und behauptet dreist, die Nazis stünden in Deutschland kurz vor der Machtübernahme (im übrigen ein besonderes Hobby der Voyeure vom Antifaschistischen Infoblatt).
Für unsere Freundinnen und Freunde vom Antira-Bewegungsflügel kommt es aber noch dicker, denn selbst die so sicher als Objekt der Kritik geglaubte Festung Europa bröckelt mehr, als die Antira von den italienischen Tuti Bianchi (die „Sichtbaren“ mit den weißen Overalls) bis zur Forschungsgesellschaft für Flucht und Migration wahrhaben können, um ihre eigene Widerstandsidentität nicht zu gefährden.
Da hat doch die zuständige höchstoffizielle EU-Kommission zur künftigen Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik der Europäischen Gemeinschaft tatsächlich festgestellt, daß die „Politiken der Nullzuwanderung, die das Denken in den letzten 30 Jahren dominierten, nicht mehr in den wirtschaftlichen und demographischen Kontext passen“ und daß sich deshalb alle EU-Staaten wohl oder übel „zu wirklich aufnahmebereiten Gesellschaften entwickeln“ müßten. Es läßt sich ohne weiteres dem Fazit der taz anschließen, das da feststellt, daß es „in nächster Zukunft zu einem grundsätzlichen Perspektivwechsel in der Einwanderungspolitik kommen“ wird.
Aber hallo, gestorben sind so also nicht nur endgültig die Blütenträume der Revolutionären Zellen (RZ) von einst, die trotz viel mehr Fragen statt Antworten kurz vor ihrer Auflösung so richtig doch nicht vom Glauben an das zu revolutionierende Subjekt der Migration ablassen konnten, sondern auch die Perspektive der Antira als irgendwas radikales.
Natürlich ist der Einwand richtig, daß die Antira noch nie im Leben radikal war und es auch gar nicht sein kann, dennoch ist die Marschrichtung klar: entweder den Firlefanz weitermachen und damit NGO und Menschenrechtsinitiative sein oder aber radikale Gesellschaftskritik; aber da wären wir wieder beim Thema und darauf soll von mir an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.
Nun ist also absehbar, daß die Antira in kürze vor einem ähnlichen Scherbenhaufen stehen wird, wie es die untergegangene Antifa selbstverschuldet in Kauf nehmen mußte. Daß man sich da selbst bemitleiden will und den Drang zur Schicksalgemeinschaft – der „Fusion“ – verspürt, ist rational und verheerend.
Damit man bei aller Krokodilstränerei und feuchtem Blick auch noch was von der großen deutschen blühenden Weltmacht mitbekommt, hier ein paar Informationen in fast schon – vom Standpunkt der Heulsusen aus gesprochen – betriebsfremder Sache:
„Die neuen Akzente in der Europapolitik“ Deutschlands (FAZ) sind da. Nachdem Johannes Rau und Joseph Fischer noch am alten kleinen Konzept vom „Kerneuropa“ Lamers und Schäubles hingen, haben beide, so die FAZ, „den Ansatz übernommen, daß Deutschland in der Europapolitik seine nationalen Interessen nicht eng auslegen dürfe, sondern als größtes Land die Einigung vorantreiben müsse“. Als treibender Hirte, wen wunderts, verdingt sich Gerhard Schröder, der den „Ansatz“ lieferte, den Rau und Fischer übernahmen, und somit offizielle Linie geworden ist. „Alles in allem lautet (Schröders) Botschaft: Die europäische Einigung soll vorangehen und effizienter werden, die Nationalstaaten sollen jedoch nicht verschwinden“ (FAZ). Deutschland als Motor seines Europas will nun endgültig alles – und nicht nur den Osten. Daß Schröder damit, wie die FAZ konstatiert, in „ein europäisches Wespennest gestochen“ hat, macht die Konstellation sonnenklar: In Großbritannien und Irland treffen die deutschen Machtansprüche „auf einen empfindlicheren Nerv“ (FAZ) als noch andere Vorschläge vordem. Mit „höflicher Mißbilligung“ (ebenda) reagierte Paris, in Skandinavien „überwiegt Skepsis“ (ebenda) und wie es zum Beispiel in Italien aussieht, kann man sich spätestens nach Berlusconis Wahlsieg an allen fünf Fingern abzählen. Deutschland hat sich in Stellung gebracht. Das Leitmotiv ist ausgerufen und läßt sich in etwa so auf den Nenner bringen: Heute gehört uns Europa und morgen mit den USA die ganze Welt.
But anyway. Viel Spaß beim diesjährigen Sommerurlaub im Antira-Grenzcamp vom 27. Juli bis 05 August 2001 am „Knotenpunkt Rhein-Main-Airport FfM“ wünscht
Ralf

(P.S.: Mein Trip-Tip: Wer nicht hinfährt, ist nicht dabei.)


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last modified: 28.3.2007