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Zitat ZAP Heft 49 (1992) Martin Büsser
Das "andere" Denken, was Hardcore sein wollte, ist zum Ritual verkommen, hat sich eine eigene Grammatik angewöhnt, eine Alchimisten-Sprache, über die hinaus diese Welt nicht wahrnehmbar geworden ist. Das es massenweise Fanzines gibt, heute mehr als je zuvor, und fast niemand in dieser Szene mindestens bei zwei Bands gespielt und eine Single aufgenommen hat, zeugt nicht unbedingt davon, wie schön kreativ wir doch alle sind. HARDCORE ist die Religion der Atheisten geworden. Mit unerschüttbarer Selbstsicherheit bewegen sich die Priester, die Amtsinhaber, vom Labelchef bis zum Drummer, vom Fanzineschreiber bis zum GIG-Organisator (keiner ist ohne Funktion) aufeinander zu und schauen sich auf die Finger. Die Inquisition findet monatlich in den verschiedenen Fanzines statt. Die Freiheit, die Hardcore garantiert, ist beschränkt worden auf die Freiheit über Produkte und Interessen. Wer wen kennt, wer welchen GIG besucht hat, wer welche Aktion gestartet hat - dadurch entscheidet sich der Wert einer Person. Vic Bondi nannte Hardcore eine tragische Komödie: komisch, weil sich jeder einzelne in der Gemeinschaft nur noch über Äußerlichkeiten identifizieren kann und tragisch, weil er damit genau das erfüllt, was die Gesellschaft von ihm erwartet. Das Insidertum hat in allen Bereichen, wo Hardcore hätte wirksam werden können, von der ANTIFA bis zur Sexismus-Debatte, nur Schaden angerichtet. Hardcore ist die Fortsetzung von PUNK mit anderen Mitteln (um eine alte Politphrase leicht abzuwandeln) und wird sich bei der Fortführung des grassierenden Selbstmitleides bei gleichzeitiger Vervielfältigung von Belanglosigkeiten dahin bringen, wo es nie hinwollte und auch nicht hingehört: ins endgültige Abseits! Das passende Zine dazu trägt den Namen GHETTO PROST. Das war vor 2 1/2 Jahren. Bis heute hat sich nichts geändert. Ganz im Gegenteil. Werden Briefe verschickt, Warzone-Konzerte zu boykottieren - sie sind ja die Faschoband, daß ich nicht lache. Warzone sind seit Mitte der achtziger Jahre in der Hardcoreszene etabliert, haben in New York mit vielen anderen Bands, wie Agnostic Front, Sick of it All, Cause for Alarm, zusammen gespielt, ja die Hardcoreszene mit aufgebaut. Ehe irgendwelche Leute Gerüchte in die Welt setzen, sollten sie sich erst einmal mit der Geschichte des Hardcores auseinandersetzen, ja selber erst einmal bei sich anfangen. Die Leute wissen überhaupt nicht, was durch solche Lügen kaputtgemacht wird. Sind dann Agenturen, wie z. B. MAD oder ich Faschisten? Oder ist das alles bloß Neid, um sich selbst beweisen zu müssen, wie wichtig und politisch korrekt wer ist. Ich kann mich noch genau an die erste Agnostic Front - Tour erinnern. Sie waren auch Faschisten in Euern Augen. Nachdem Slapshot auf der letzten Tour, wie auch Agnostic Front klare Statements abgegeben hatten, mußtet Ihr großen Wahrheitsprediger die Mütze vors Gesicht ziehen. Menschen, die Konzertbesucher, die Lederjacken anhaben und keine Veganer sind, als "Lederjackenf..." zu bezeichnen, haben zwar das Recht, ihre Meinung zu sagen, aber noch lange nicht das Recht, über andere Menschen zu urteilen, wie sie ihr Leben führen sollten. Noch was, plitisch korrekt ist noch lange nicht, wer seit 3 Tagen mit einem "Gegen - Nazis - Aufnäher" auf der Jacke rumläuft, und dadurch denkt, andere Leute in politisch korrekt und politisch unkorrekt einordnen zu müssen,. Sowas spiegelt sich auch in solchen Diskussionen wider, wie z. B. die Diskussion über die Eintrittspreise im Conne Island. Da wurde doch gemeckert, daß Sick of ist All 15.- DM kostet. Hast Du oder Ihr einen Plan, wie wenig Kohle das ist. Die Band ist seit 10 Jahren in der Hardcoreszene aktiv (nicht nur die). 10 Jahre den Arsch hinhalten und dann die Chance zu bekommen, bekannt zu werden und sich durch die Musik ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Aber dies scheinen manche Leute hierzulande nicht zu verstehen oder verstehen zu wollen. Da wird gemeckert und gemeckert und vor der Tür aber steht der blankgeputzte GTI. Und Montag muß man wieder brav arbeiten. DANN KOMMT DOCH EINFACH NICHT!
WIR SEHEN UNS BEIM NÄCHSTEN KONZERT WIEDER |