Die Optik-Tour mit:
SPAX & DJ Mirko, MB 1 000, DJ Static und special guest
Als ich das erste Mal das Video von Bo und Co.,
Türlich, türlich sah, wurde mir bewußt, wie sehr
dieses den hiesigen, gerade deutschrappigen Hip Hop, repräsentiert. Hip
Hop in Deutschland hat sich inzwischen vom Hip Hop-Mutterland Amerika so sehr
emanzipiert, dass Nachahmungen von originalem amerikanischen Sound,
Ästhetik oder Habitus nicht etwa zur Farce werden, sondern ein Eigenleben
führen. So wählten Bo und Co. den berüchtigten Miami Bass Sound
a la 2 Live Crew oder Sir Mix A Lot, weil sie genügend
Selbstbewußtsein haben, diesen auch wirklich real
rüberzubingen. Soll heißen: ihr Jeep Beat läßt
soundtechnisch nichts zu wünschen übrig. Gleichzeitig wissen die
Jungs aber ganz genau, dass dieser Sound für die sexistischsten aller
sexistischsten Lyrics im Hip Hop ever steht nur noch getoppt durch
große Teile von jamaikanischen Oberbollos des Dancehall, aber wen
interessiert das schon, wenn in hiesigen Breiten die Feuerzeuge in die Luft
gehen und die Hüften sexy bogeln, schließlich grassiert selbst in
der Spex bei der Berichterstattung (Sag bitte bloß nicht
Auseinandersetzung dazu!) über das vermeintliche Phänomen
Dancehall-Rezeption in Deutschland die explizite Stupidness. So schaut man von
Deutschland aus, nennt das ganze dann Differenz oder macht genügend
Abstand geltend, und stellt diesen Dicke-Titten-fette-Ärsche-Shaker-Kram
so nach, als ginge es um die Restauration eines wertvollen Kulturerbes der
Menschheit. So gerät man in die glückliche marktwirtschaftliche
Konstellation von vorgetäuschter integerer Moral und realem Profit: den
Kritikern (Deine Mudder, Alter!) sagt man, man hätte ja nur nach dem
üblichen Hiphoppigen-Sygnifiying-Rollenspiel-Prinzip etwas quasi
nachgestellt und von den dümmlichsten Käufer-Hoschis läßt
man sich abfeiern für so viel Titten und Ärschen von geilen Fotzen
und so.
Zu den wenigen, die zumindest innerhalb der Hip Hop-Szene überhaupt noch
dazu in der Lage sind, sich über oben geschilderte Machenschaften
aufzuregen und Kritik zu üben, gehört SPAX. Viele MCs
übernehmen keine Verantwortung mehr oder werden von der Plattenfirma
völlig falsch vermarktet, konstatiert der Wahlhannoveraner in
Bezugnahme auf die entstandene Situation, Wir müssen, vor allem was
die Inhalte betrifft, sehr viel sensibler werden. Und diese
Sensibilität zeigt SPAX gerade auch permanent, wenn er in der
Öffentlichkeit sein neues gutes Album Alles Relativ promotet.
Die Homophobie, die Schwulenfeindlichkeit in der Hip Hop-Szene gerade
auch in den Lyrics kotze ihn maßlos an, erklärt er
allenthalben, und fügt hinzu, daß diese Intoleranz definitiv gegen
die eigentlichen Grundwerte der Hip Hop-Kultur stehe. Daß SPAX
weiß, wovon er da redet, läßt sich z.B. mit dem Verweis auf
gemeinsame Auftritte mit der Ober-Homophoben-Sau Eminem erklären.
Vorsprung durch gelebte Erfahrung, so nennt es SPAX
Plattenfirma.
Dass von SPAX niemals ohne DJ Mirkomachine die Rede sein kann, ist ja innerhalb
des Hip Hop-Biz inzwischen fast zu etwas natürlichem geworden.
Entertainen ist neben der Improvisation das eigentliche Ziel der
Beiden. So darf man also mehr als gespannt sein, wie ihnen die
Livepräsentation ihres Albums gelingen wird, zumal die Beiden
darüberhinaus auch noch ihre nähere Familie, zu der u.a.
auch MB 1 000 gehören, dabei haben werden.
Ralf
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