Fight ClubRegie: David FichnerUSA 1999, 139 Min. |
Goldene Niete für >>Fight Club<<
in USA. Los Angeles (SAD). Als schlechtester Film von 1999 wurde in den USA
jetzt >>Fight Club<< eingestuft. Der National Enquirer,
Amerikas auflagenstärkste Wochenzeitung, erklärte, der brutale
Streifen, der im November in Deutschland anlief, sei der verantwortungsloseste
Film, der je gedreht wurde. (...) Die Verantwortung für diese
Meldung übernehmen die Meinungsmacher der LVZ vom 3.01.2000 auf Seite 1
[Heute mit Ratgeber Kochen].
Auftaktfrage: Welche Intention könnte verfolgt werden, wenn ein so
vieldurchblättertes Periodikum wie der National Enquirer, zu
deutsch National Fragende/Untersucher, einen Film zur Jahresniete kürt, da
dieser brutal und verantwortungslos ist? Handelt es
sich um die Verfilmung zum Lapsus >>Es war einmal eine Chinesische
Botschaft<<? Oder waren weiße 14jährige Newyorkcityboys, die
mexikanische filterlose Zigaretten rauchten, in einer kurzen Einstellung zu
sehen? Let me introduce...
Hauptfigur und Erzähler der Story, Edwart Norton, lernen wir gleich in der
ersten Sequenz des Films in einer etwas unglücklichen Situation kennen.
Kniehend, gefesselt, verschwitzt und noch eine Wumme im Mund. Dort verweilt sie
auch für die nächsten zwei Stunden. In dieser Zeit erzählt er
rückblickend das Kapitel: Was bis hierher geschah.
Norton ist ein unauffälliges Mitglied dieser Gesellschaft. Tagsüber
arbeitet er in einem Versicherungsbüro, und in seiner Freizeit beteiligt
er sich affirmativ am Konsumrausch. Sein Leben ist so aufgeräumt, wie der
Katalog nachdem er sich möbliert, und genauso langweilig, matt
glänzend und trist. Er erfüllt leise seine Biographie. In seinem
Leben gibt es nicht die geringste gefühlsmäßige Bewegung, keine
Möglichkeit, Emotionen zu entwickeln oder gar zu zeigen. No friends, no
woman, no dog, no emotions. Das ändert sich, als er beginnt, als Tourist
die verschiedensten Selbsthilfegruppen zu besuchen. Hier kann er endlich
entspannen und sogar weinen, wie scheinbar alle Menschen in dieser Welt nur
noch hier entspannen und weinen können, denn hier ist es erlaubt und
gefordert. [Wir gehen partnerweise zusammen, einer legt den Kopf auf die
Schulter des Anderen und beginnt zu weinen. Selbstständig wechseln.]
In den Therapiegruppen lernt er auch Marla (Helen Bonham Carter) kennen, die
wie er selbst eine Selbsthilfetouristin ist und eigentlich keine definierbare
Krankheit hat. Beide verlieben sich ineinander, logisch. Zum happy end kommt es
aber erst am happy end.
Scheinbar zufällig trifft er den ausgeflippten Tylor Durden (Brad Pitt).
Er verkörpert das Abbild Mann der Werbeindustrie:
gutaussehend, selbstbewußt, sexuell hyperpotent, schlagsicher und vor
allem schlagfest. Lebensstil und Gedankengängen nach steht er allerdings
der bürgerlichen Welt konträr gegenüber. Er lebt in einem
Abrißhaus, arbeitet nur wenn er Geld braucht und textet seine Umwelt mit
gesellschaftskritischen Sprüche zu, die auch noch cool klingen. Eines
Nachts schlagen sie sich, just for fun, vor einer Bar gegenseitig in die
Fresse, und sie lernen zum ersten mal ein schönes Gefühl kennen, das,
wenn der Schmerz nachläßt. Dieses Gefühl suchen natürlich
auch andere Männer, und so formiert sich schnell der illegale Fight Club
im Keller der Bar. Männer jeden Alters und Standes schlagen sich hier in
ritualisierten Faustkämpfen, damit sie in einer hoffnungslos
reizüberfluteten Welt überhaupt noch etwas fühlen. So wird der
Club ebenfalls zu einer Selbsthilfegruppe, die den Menschen [hier
ausschließlich Männern] ermöglicht, verdrängten
Gefühlen freien Lauf zu lassen. Man erfährt nicht genau, was sie
zusammenführt, ob es Hass auf die Gesellschaft ist oder Hass auf das
eigene Leben. Klar wird, dass sie den gesellschaftlichen Wertekonsens
Schlagwortregister: a) Karriere und b) Hedonismus ablehnen oder
zumindestens in Frage stellen.
Ein richtiger Club hat natürlich auch eine richtige Clubordnung, die als
Memorierübung laut formuliert wird. Regel Number One lautet: You do
not talk about the fight club. Und weil man bei Schlägen auf den
Kopf doch mal was durcheinander bringen kann, lautet die zweite Regel:
You do not talk about the fight club. Sicher ist sicher. Schnell
wird aus dem Club eine Massenbewegung, mit Ablegern im ganzen Land. Diese
Entwicklung wird nicht erklärt, wir nehmen es als Fakt hin. Plötzlich
begegnen sich überall in der Stadt Typen mit beschädigtem
Gesichtsfeld oder Stützkorsett, die sich zublinzeln und damit wohl meinen:
Ich auch! Ausreichend Kampfmaterial scheint vorrätig, und Taylor beginnt
eine kleine Aktionsgruppe zu formieren. Erste Happenings folgen, wie das
Entmagnetisieren von Tapes in einem Videoshop bis hin zur Auflösung eines
Computergeschäftes mittels Sprengsatz. Menschen kommen dabei
grundsätzlich nie zu Schaden, nicht mal kollateral. Als die Staatsmacht
sich daraufhin dieser Clubs verantwortungsbewußt annehmen will, nimmt die
Geschichte den vom Zensor erwarteten Lauf. Die Clubber folgen längst
(gedanklich) blind den Anweisungen ihres Vereinsvorsitzenden Taylor. Dieser hat
den Club zu einer subversiven Sekte ausgeformt, mit willenlosen, altruistischen
und sportiven Anhängern. Taylors Entscheidungen spiegeln nur noch
terroristischen Vernichtungswahn wieder. In dieser Darstellung erscheint die
Absicht, einige Finanzgebäude incl. aller Schuldenkontos zu
zerstören, mit der Aussage Erst wenn alle nichts haben, können
wir von vorn anfangen., nur noch als Floskel eines Irren. Was
zunächst als herrlich subversive Altenative zum bürgerlichen Leben
erscheint, mutiert zu einer Form scheinbar blindwütigen Terrors, der nur
gestoppt werden kann, wenn der Erzähler alias Norton zu sich
selbst findet. [Zur Thematik multiple
Persönlichkeit siehe Wörterbuch der Psychologie] Zum
Schluß stehen der angeschossene Held und seine Geliebte, wie bereits
weiter oben erwähnt, Hand in Hand vor dem Fenster eines Wolkenkratzers,
und beobachten wie die Skyline unter den Detonationen der selbstgelegten Bomben
zusammenbricht. Eine poetische Apokalypse? Das Ende läßt viel Raum
für die wildesten Interpretationen.
Was wollte der Regisseur David Fichner uns mit diesem Film sagen? Sport
im (legalen) Verein am Schönsten? Oder vielleicht doch ein
Hinterfragen der Säulen westlicher Demokratie: Macht Konsum
Maul halten? Materialismus und Gier nach Macht als eine der Hauptursachen
emotionaler Verkümmerung? Im Film suchen Menschen Fluchtpunkte als Form
von Religion und Sektierertum, die final ins Fanatische umschlägt. Die
anfänglich formulierte teilweise linke Kritik eines Einzelnen an den
Verhältnissen kulminiert im terroristischer Exzess einer Sekte mit
faschistischen Strukturen und wird so negiert. Veränderungen sind also
doch nur auf dem Rechtsweg möglich. Schade eigentlich. So erhält der
Film leider nur drei Punkte, auf der meistens offenen Rezi-Skala. Einen
für die Videoclipästhetik, einen für Musik und einen für
Nortons Selbstdarstellung und Geschirr, das meiner Persönlichkeit
entspricht.
Und konträr der sakralen Devise, Du sollst dir kein Bildnis machen, der
Evergreen unter den schlechtesten Anmachen eines gewissen Humphrey B. aus C.
>>Sieh mit deinen Augen, Kleines<<.
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