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der bock und der gärtner
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Die Riots von Seattle gegen die WTO-Konferenz waren ein voller Erfolg
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Tatsächlich scheiterte die Konferenz der WTO, der Welthandelsorganisation, an dem entschiedenen militanten – nicht aber „normalen“ – Widerstand, der parallel zum WTO-Treffen auf den Strassen Seattles stattfand. Er reichte aus, um für die gesamte Stadt den Ausnahmezustand nebst nächtlicher Ausgangssperre zu verhängen, und rief sogar die Nationalgarde auf den Plan.
Die friedlichen Proteste von Seattle trugen im Gegensatz zu den Riots den Charakter einer Interessenbündelung, die alles zuliess, was nur irgend rummmaulen wollte. So fanden sich esoterische Veganer, Umwelt- und Naturbündler neben linken Gewerkschaftern, Kommunisten, Anarchos und Kämpfern für das Überleben der Landschildkröten. Die Ablehnung des Kapitalismus war dabei eben nicht der Konsens aller. Und dennoch sind die Riots von Seattle ein erster internationalistischer symbolischer Erfolg nach dem proklamierten „Ende der Geschichte“ – dem vermeintlich endgültigen Sieg des Kapitalismus weltweit. Und noch dazu mitten im Herzen der Freien Welt.
wto, 13.7k Der notwendige Zwiespalt antikapitalistischen Denkens muss sich der Frage stellen, wieviel Schuldzuweisung auf konkrete Personen als Repräsentanten des Kapitalismus gerechtfertigt ist, ohne dabei zu vergessen, was den Kapitalismus eigentlich ausmacht – nämlich sein unpersönlicher Mechanismus, dessen Räderwerk aus Macht und Gewalt sich letztlich ohne vollständige kompromisslose Neuregelung der Besitz- und Produktionsverhältnisse niemand praktisch entziehen kann und demzufolge solange eben Bestandteil des Ganzen ist. Die Personifizierung des Bösen ist die Voraussetzung für militanten Protest. Genauso, wie erfahrungsgemäss das Böse ohne Riot niemals nachhaltig symbolhaft benannt werden kann.
In Seattle erlebten wir die Rückkehr des militanten Protestes unter erstmalig wirklich globalen universellen Vorzeichen. Das gibt Anlass zur Hoffnung wie auch gleichzeitig zu Skepsis. Das bisher immer bei militanten linken Protesten mitschwingende patriotische, nationalistische Pathos spielte tatsächlich keine Rolle. (Im Gegensatz dazu sei als jüngstes und aktuellstes Beispiel auf die Proteste anlässlich des Clinton-Besuches in Griechenland vor gut zwei Monaten verwiesen.) Doch gleichzeitig vermag bisher niemand genau zu sagen, welch antikapitalistisches Verständnis die Riots beflügelt hat. Nicht gerade wenig weist darauf hin, dass hier beim Feindbild der Bock zum Gärtner – „das ausführende Organ kapitalistischer Sachzwänge als deren Ursache identifiziert“ wurde (Jungle World).
Festzuhalten bleibt trotzdem eines: Die Praxis antikapitalistischen Widerstandes kann nur auf der symbolischen Ebene, also gegen das, was stellvertretend/exemplarisch sichtbar gemacht wird und werden kann, funktionieren. Gerade deshalb aber, weil daraus auch die Gefahr eines falschen oder verkürzten Antikapitalismus erwächst, den praktischen Widerstand sein zu lassen, wie es hin und wieder von gerade deutschen Linken zu hören ist, wird der Notwendigkeit nicht gerecht. Zum Widerstand gibt es für Linke keine Alternative – ansonsten ist sie nicht! Ralf


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last modified: 28.3.2007