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Lerke von Saalfeld (Hg.):

„Ich habe eine fremde Sprache gewählt“

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Der oft und ausführlich geschmähte Peter Handke schrieb vor einigen Jahren, daß es doch eine schöne Sache sei, daß Gott dem Menschen zu Babel die Sprache verwirrte. Und so sind, wie es in den Sprüchen Salomonis heißt, „Tod und Sünde... in der Gewalt der Zunge.“
Die Sprachverwirrung kann aber eine Erfreulichkeit in dem Sinne sein, daß unterschiedliche Erzählweisen einander auf wunderbare Weise beleben. Man vergleiche nur die Geschichten aus 1001 Nacht mit den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm. Sind erstere als oppulent bis ins Detail zu benennen, zeichnen sich letztere durch eine fast schmerzende Kargheit aus.
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Sprache als Kitsch

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Daß es also schön ist, wenn das eine auf das andere trifft, mag die Literaturwissenschaftlerin Lerke von Saalfeld bewegt haben, eine Zusammenstellung mit dem Titel „Ich habe eine fremde Sprache gewählt – Ausländische Schriftsteller schreiben deutsch“ herauszugeben. Ihre These aber ist nicht einfach, daß das schön sei, sondern „ausländische Schriftsteller, die Deutsch zu ihrer Literatursprache gewählt haben, ... belegen, in welcher Vielfalt sie der deutschen Literatur Farbe und Reichtum verleihen.“ Und es „gelangt eine Lebendigkeit und Vielseitigkeit in die deutsche Literatur, die den hausgemachten Eintopf zu einer wohlschmeckenden Kost verwandelt.“ Als Beleg für die Nützlichkeit der Autorinnen und Autoren für das Deutsche gibt es zum jeweiligen Gespräch einen kurzer Textauszug von so unterschiedlich Schreibenden wie Rafik Schami, Hung Gurst, Franco Biondi oder Galsan Tschinag. Und so steht – man glaubt es kaum, aber Papier ist geduldig – der „Prager Frühlings“-68er Ota Filip neben der anmutigen Könnerin Yoko Tawada.
Neben dem Beklagen der wenigen Einflüsse von außerhalb auf die deutschsprachige Literatur, was im Gegensatz zu Kolonial- bzw. Einwanderungsländern wie England, Frankreich oder USA steht, versündigt sich von Saalfeld bereits im Vorwort mit gewagter Bildersprache an ihrem Anliegen. So heißt es auf Seite 17: „Ota Filip haßt ‘Wurzeln’, sie riechen ihm zu stark nach blutgetränkter Erde – also gibt es für ihn auch keine ‘Ent-Wurzelung’.“ Nur interessiert das eine Seite später nicht mehr, denn da sind Filips „Themen hingegen ... verwurzelt in der Mitte Europas, in Mähren und Böhmen.“ An anderer Stelle ist von der „Wiederbelebung versunkener Gefühls- und Erlebniswelten in der Türkei“ die Rede. Aber auch: „Von Meridian zu Meridian knüpft der syrische Lyriker Adel Karasholi poetische Bande, um das ungleiche Paar Ölbaum und Eiche in sich zu vereinigen.“ Und nicht nur das, denn „frei von jeder sentimentalen Nostalgie“ gelingt es einem Autoren, die „Welt der albanischen Minderheit in Kalabrien wieder zum Leben zu erwecken“, eine Welt, die selbstverständlich eine „vergessene und unbekannte“ ist. Und Rafik Schami muß sich von der Herausgeberin unterstellen lassen: „Seine Geschichten sind gewebt aus den blumenreichen Metaphern des Arabischen und der realistischen Präzision des Deutschen – listig miteinander verschlungen.“
An dieser Stelle habe ich das von Herrn Wieland anempfohlene Buch in die zuständige Ecke geworfen. Sicher ist von Saalfeld eine Rassistin nicht. Dem Negerlein würde sie wohl eine Identität backen, denn diese wirkt sich ja so unglaublich befruchtend auf die Kultur aus. Und auf die eigene Sprache als solche ums Ganze sowieso. Es ist ja ganz gut, wenn Menschen gut sind, doch manche von ihnen sind es dermaßen, daß es den sensibleren ihrer Artgenossen sehr weh tut.

P. S. Was soll das für ein Buch über die Fremdheit von Sprache sein, in welchem der bekannteste Sprachnomade in seinem Niemandsland namens Nirgendwo, der Lutz Rathenow nämlich, nicht einmal erwähnt wird? Gibt es denn ein besseres Beispiel als diesen André Brie der literarischen Salons, dem jedwede Sprache eine fremde ist, dem Sprache als Fremdsein in einer unwirtlichen Welt gilt?
Gunnar Schubert

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Goethe auf Koreanisch, 7.5k

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last modified: 28.3.2007