Woodstock-Mythos durch zünftigen Riot zerstört.
Hurra! Nach 30 Jahren Woodstock ist der Mythos
durch einen zünftigen Riot zerstört worden. |
30 Jahre hats gedauert, den verlogenen Mythos Woodstock, von der Liebe
und den Drogen, zu zerstören: Zum Jubiläumskonzert ende Juli, zu dem
immerhin 220 000 Leute kamen, gab's Rambazamba satt: die Bühne wurde
zerkloppt und abgefackelt, die Imbißbuden, LKW's und Wohnwagen
zerdroschen und angebrannt, so nochn bißchen rumrandaliert und am
Ende die Bullen massiv angegriffen. Bild konstatierte völlig von
den Socken: Die Sicherheitskräfte waren machtlos.
Was damals, zu Woodstockzeiten, der rassistischen Massenmörder-Kommune um
Charles Manson unfreiwilligerweise nicht vergönnt war, den Mythos vom
Hippietum und dem schönen Kommuneleben schon zu Lebzeiten zu
zerstören, brachte erst die Jugend der End-Neunziger fertig.
Nicht nur Punkerherzen schlagen höher bei diesem schönen Ende der Old
School-Ära synthetischer Bewußtseinsvernebelung. Nein, auch alle
anderen müssen sich nun nicht mehr dem Maßstab vom Fest der
Liebe ausgesetzt sehen, bei dem bekanntlich außer
flippig-kollektivem Schlammsuhlen und Fickereien nichts bei rumkam. Die
Mittelschichtsjugend war aus den Suburb-Häuschen aufs offene Feld
gepilgert.
Woodstock war keine Rebellion, nicht einmal rebellisch,
konstatiert der altehrwürdige Greil Marcus, und bringt damit auf den
Punkt, was wir schon immer wußten: Der Hass gegen Hippies ist dem
Klischee verpflichtet und der absoluten Ablehnung des oberbekloppten
christlichen Masochisten-Ideals dem Klischee vom potentiell
Flüchtenden vor der Realität und der Ablehnung, beim
In-die-Fresse-Kriegen um noch mehr Schläge zu betteln. Das war schon immer
so, und so soll es auch bleiben!
Der Hippie als Synoym für die Mentalität des gesellschaftlichen
Aussteigers, sei es nun der etwas unhippe Bagwahn-Fimmel, die Indianer-Macke,
der Traum von einem Leben im Kiffereldorado namens Rasta-World, die Karma-Meise
oder sowas in die Richtung, lebt fort bis heute. Ganze Heerscharen jeder
nachgekommenen Generation von bewußtseinserweitert zu-sich-Gekommenen
wählt den nennen wir ihn mal ruhig Woodstockweg. Was sie
nicht erkennen, verhält sich nämlich so: ihr Lebenscredo heißt
nicht mehr Raider (Woodstock), sondern Twix (alternativ, autonom und
selbstbestimmt). Dieses Raider-Twix-Syndrom ereilt all jene, die gelernt haben,
die Welt nur noch mit erweiterten Pupillen zu sehen. Davor also zu warnen, ist
durchaus Sinn dieses Artikels.
Es ist schon aufbauend zu erfahren, daß der Godfather of LSD und
Hippieism, Timothy Leary, ein Kollaborateur war. Seine Zusammenarbeit mit dem
FBI und CIA ist nun amtlich und demzufolge nicht mehr als Gespinst irgendeiner
mutmaßlichen Verschwörungstheorie abzutun. Schon 1978
entschlüpften Leary die folgenden Worte: Die gesamte LSD-Bewegung
war ursprünglich von der CIA gesponsert, der ich ansonsten viel zu
verdanken habe. (...) Man sollte der CIA dafür danken, eine wahre
Intelligence Agency zu sein. Erst jüngst bekannte sich die taz
dazu, Learys Lebensanspruch als den Versuch des Aufbaues eines
Kapitalismus mit langhaarigem Antlitz bloßzustellen. Das
wiegt bei dem Blatt besonders schwer, stellt doch Leary mit Sicherheit eine
Ikone bei einem großen Teil der taz-Leserschaft dar. Warum dieser
Mann auch an dieser Stelle so in den Mittelpunkt rückt, sei nochmal kurz
skizziert: Leary wurde 1970 von der linksradikalen Organisation der Weatherman
spektakulär aus einem kalifornischem Gefängnis befreit, in dem er
für den Besitz weniger Gramm Marihuana eine Haftstrafe von zehn Jahren
verbrummen sollte. Seitens der Weatherman war dies ein Akt der Solidarität
mit der hedonistischen Hippiebewegung, der sie ihre diffuse linke Systemkritik
zugute hielten und auf die sie sich positiv bezogen. Welchem Trugschluß
die Linksradikalen aber damit unterlagen, verdeutlicht das folgende Zitat von
Hunter S. Thompson: Statt Schilder hochzuhalten und revolutionäre
Slogans zu verkünden, trugen immer mehr Demonstranten Blumen, Luftballons
und bunte Poster, auf denen Sätze von Dr. Timothy Leary, dem Hohepriester
der Acid-Bewegung, standen. Die Drogenkultur wuchs schneller, als es die
politischen Aktivisten für möglich hielten. Statt, wie die politisch
Radikalen, die von der Free Speech Movement kamen, wollten die Hippies aus der
Gesellschaft aussteigen, statt sie zu verändern.
1974, auch das wurde jetzt vom FBI bestätigt, plauderte Leary sein Wissen
über die bewaffnete linksradikale Untergrundorganisation der Weatherman
gegenüber den Behörden aus. Die Schadenfreude über das
endgültige Ende des Mythos Woodstock sollte eigentlich grenzenlos sein!
Denn fest steht: Drogen richten nur Scheiße an! Und deshalb: Keine Macht
den Drogen! ohne Drogen kein Woodstock und ohne Woodstock ein besseres
Leben!
Und nicht vergessen: Lieber den Stein in der Hand, als den Nebel im Gehirn! Das
ist wirklich alternativ!
Euer Sid Viscious jr.
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