Ende 1998 fand in Berlin der 15. Chaos Communication
Congress statt. Es trafen sich technikinteressierte junge Männer zum Informationsaustausch und zur Standortbestimmung.
Die Geschichte des Chaos Computer Club und erster Hacks
reichen bis in die sechziger Jahre zurück. Damals wurde das Telefonnetz
der Bahn für Ortsgespräche quer durch Deutschland
benutzt. Ende der siebziger Jahre, entstanden Kontakte zwischen Hackern aus
Europa und den USA. Amerikanische Computerzeitschriften sorgten dafür,
daß sich auch hierzulande Gruppen bildeten. Schließlich wurde 1981
auf Anregung von Wau Holland in der taz der Chaos Computer Club
gegründet; die erste Ausgabe der Datenschleuder, das Organ des CCC,
erschien. Wau Holland zählt heute übrigens immer noch zu den aktiven
Mitgliedern des Vereins. Er ist eine Art Urgestein.
Aber was ist eigentlich hacken? Der Chaos Computer Club hat sich schon mit
Erscheinen der ersten Datenschleuder auf die Definition geeinigt: Hacken
ist kreativer Umgang mit Technologien.
Die Hacker des CCC agierten von Anfang an im Spannungsfeld von restriktiver
Strafgesetzgebung und den Möglichkeiten zur Informationsgewinnung, die
sich ihnen boten. Auf ihrer Hacker-Definition aufbauend benutzten sie einen
Trick, um dennoch ihren Spaß zu haben: Sie zerstörten nichts und
machten ihre Hacks publik. Damit wurden sie sogar zu Helden, die
auf diese Weise halfen, Sicherheitslücken im BTX, in Polizei-, Bank- oder auch NASA-Computern zu schließen.
An diesem Vorgehen hat sich bis heute nichts geändert.
Spektakuläre Hacks der letzten Zeit betrafen vor allem Chipkarten. Diese
Dinger werden einem z.B. von Krankenkassen oder Kreditinstituten gegeben. Sie
finden sich auch in Decodern für Digitalfernsehen oder Handys. Und die
Hacker wissen mehr: Wie fange ich die Strahlung eines Computer-Monitors auf? Wo
sind die Schwachstellen des Internet-Protokolls? Warum ist Copyright
Aberglaube? Wie kommen Geheimdienste an Informationen? Warum soll die Anwendung
von Krypthographie reglementiert werden? Wie bleibe ich im Netz anonym? ...
Eine wahre Informations-Flut bot sich dem Besucher des Congresses.
Telefongesellschaften, Banken, PayTV-Anbieter, Geheimdienste, Gruppen der
sogenannten Organisierten Kriminalität, ... alle haben ein Interesse am
Wissen der Hacker. Informationen sind Macht.
Wahrscheinlich ist unlängst auch Tron diesen Verhältnissen zum Opfer
gefallen. Zumindest umnebeln einige Ungereimtheiten seinen Tod. Auch dazu gab
es Diskussionen auf dem Congress. Tron baute z.B. die Telefonkarte, die sich
selbst wieder auflädt. Er kümmerte sich beim D2-Hack um die
Chipkarten. Er plante ein abhörsicheres ISDN-Telefon. Und so weiter. Die
Leute vom CCC glauben nicht an einen Selbstmord.
Auch ein früherer Fall gibt noch heute Rätsel auf. Er diente jetzt
als Wegweiser für einem Film: 23 Der Tod des Hackers Karl Koch.
Ob dieser und anderer Fragen entspannen sich auch Diskussionen über die
Hacker-Ethik. Dabei geht es letzten Endes um eine Verklausulierung des oben
geschilderten Tricks für sorgenfreies Hacken, kombiniert mit Gedanken
über den Zustand der Gesellschaft und der eigenen Rolle.
Was nun im nächsten Jahrzehnt?
Das Netz wird boomen. Zu verlockend sind die Möglichkeiten für die
Anbieter. Individuelle Fließbandproduktion, schon heute Werkzeug der
Autoindustrie, wird perfektioniert und zu neuen Horizonten vorangetrieben. Es ist wie immer: Effektivität, Profit, ...
Die Hacker haben das Wissen über die internen Vorgänge im Netz. Und
mit ihrem veröffentlichten Wissen ermöglichen sie Einblicke und damit
Interventionsmöglichkeiten. In diesem Sinne, lets hack the system.
bertram@z.x.free.de
Demonstration des Abhörens von Computer-Monitoren. Für den Einstieg modifiziert mensch den alten
SW-Fernseher und bastelt einen Dipol. (rechts) Damit läßt sich der
Rechner (links) schon auf einige Meter Entfernung belauschen. Die Qualität
steigt bei höherem Aufwand rapide an. Es ist heutzutage kein Problem, ein
ganzes Bürohochhaus abzuhören und die einzelnen Computer-Monitore
sich anzeigen zu lassen. Wohlgemerkt im Kleinbus vorm Haus.
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