Einige Worte zu unserer Plenums-Entscheidung, Leute mit Earth Crisis Bandshirts den Einlaß bei Veranstaltungen zu verwehren. Von Ralf
Nun ist es Realität im Conne Island: Leute mit Earth
Crisis-Shirts kommen bei uns nicht mehr rein. Nachdem wir uns schon vor Jahren
dagegen entschieden haben, diese Band jemals wieder bei uns auftreten zu
lassen, haben wir nach langen langen zähen Diskussionen innerhalb und
außerhalb des Conne Island-Plenums uns nun durchgerungen, ein
entsprechendes Zeichen gegen die Entwicklungen in der Sraight Edge (SE)- und Tierrechtsszene zu setzen.
Mittelschichtsbubis aus wohlsituierten Elternhäusern |
Earth Crisis sind bekanntlich die Spitze des Eisbergs einer esoterisch und
sektenhaft veranlagten SE-Szene, die sich so weit von den Ursprüngen von
Minor Threat entfernt hat, daß es eigentlich bestraft werden
müßte, wenn sich SE Kids von heute auf diese Band berufen.(1)
Was damals begann, um besser destruktiv sein zu können, sich besser dem
kapitalistischen Verwertungssystem wenn auch nur symbolisch, so doch
ganz bewußt entziehen zu können, ohne dabei zu vergessen,
daß an allem immer noch die kapitalistische Kapitallogik schuld ist, hat
sich heute in einen gefährlichen Club von latenten Menschenhassern und
erzreaktionären katholizistischen Moralaposteln gewandelt. Die SEer von
heute haben alles verloren, was diejenigen von damals ausmachte: Positives
Denken hieß im Gegensatz zu heute nicht etwa päpstlicher zu sein als
der Papst und dessen reaktionäre Moralvorstellungen noch zu
Die Tiere können sich im Gegensatz zu den Menschen
keine eigene Meinung bilden deshalb interessieren die Tierrechtsaktionen
auch sprichwörtlich kein Schwein. |
überbieten. Was damals zählte war die Bündelung des Hasses, die
permanente Gewaltbereitschaft für die Erkämpfung und Verteidigung
einer eigenen, so autark wie möglich funktionierenden Infrastruktur und
eines eigenen Network. Einzig und allein dafür wählte man den
geraden Weg eines spartanischen Lebens. Nicht zuletzt weil man
wußte, daß die Zerstörung des eigenen Körpers, wie es der
Punk letztendlich zelebrierte, nur den herrschenden Verhältnissen und ihren Nutznießern zuspielte.
Gegen die vorherrschenden Werte in der von Mittelschichtsbubis aus
wohlsituierten Elternhäusern getragenen SE-Szene von heute gilt es zu
kämpfen. Es geht schlichtweg um die Verteidigung des
zivilgesellschaftlichen Humanismus und des Festhaltens an der linken Option,
daß das Indviduum Mensch durch Bewußtsein zur Emanzipation von den
kapitalistischen Ausbeutungsverhältnissen fähig ist.
Daß, was die Menschheit über Jahrtausende geschaffen hat,
knüpft sich an Machtkämpfe, Unterdrückung, Ausbeutung,
Kolonialismus, Kriege usw. Doch genauso viel knüpft sich an die
Kämpfe dagegen. Die materialistische Weltsicht eines aufgeklärten
Earth Crisis propagieren den Sozialdarwinismus. |
Individuums, von denen es in der SE-Szene von heute kaum welche zu geben
scheint, wenn man dem philosophischen Quatsch bis Dreck Glauben schenkt, der
aus der Szene herüberdringt, ist die größte Errungenschaft der
Menschheit. Allein diese Weltsicht ist in der Lage, Gesellschaftssysteme und
ihre Funktionsweisen tatsächlich zu durchschauen.
Die in der SE-Szene beliebte Verklärung der Natur und Negierung des
technischen Fortschritts führen dazu, daß Leute wie die Mitglieder
von Earth Crisis inzwischen ganz offen den Sozialdarwinismus propagieren, in
dem sie die mutmaßlichen Naturgesetze vom Recht des Stärkeren auf
die Menschheit erweitern bzw. übertragen und dabei zu dem Schluß
kommen, daß Menschen summasummarum nicht mehr Rechte haben dürften
als Tiere.(2) Es ist allen denkfaulen Tierrechtlern und SEern klipp
und klar zu sagen: Eure beschränkte Weltsicht, aus dem Faktum der
Massenvernutzung von Tieren die Welt erklären zu wollen, ist
einfältig und dümmlich. Der Mensch hat als einzigstes Individuum
dieser Erde die Fähigkeit, sich die Natur Untertan zu machen und sie so zu
nutzen, daß es ihm gut geht und er besser leben kann. Wer auf dieses
Positives Denken heute. Das heißt päpstlicher sein als der Papst. |
Argument hin einwendet, daß der Mensch die Natur nur
zerstört und sie vernichtet, dem sei mit aller Deutlichkeit gesagt: Nicht
der Mensch zerstört die Natur, sondern die
Gesellschaftssysteme und die von ihnen geprägten sozialen
Verhältnisse zwingen Menschen dazu, zum einen Profit zu machen und zum
anderen sich ausbeuten zu lassen. Es ist auffällig, daß SE-Kids wie
alle anderen Tierrechtler nicht zu dem Schluß kommen, daß die
sozialen Verhältnisse und der Kapitalismus bekämpft werden
müssen. Das ist ihnen schlußendlich egal. Die SE-Szene von heute
interessiert das Elend der Menschheit nur sekundär. Das mag nicht zuletzt
daran liegen, daß man den dümmlichen Tierrechtsscheiß auch nur
aus dem alltäglichen Wohlstand heraus entwickeln kann als eine
besondere Form von Wohlstandschauvinismus. Wenn es aber darum geht, gegen die
Erscheinungen des Gesellschaftssystems mobil zu machen, das Tiere und
Menschen vernutzt, verlegt man sich aus Denkfaulheit schon deshalb auf die
Tiere, weil die zu den Weltbildern und Aktionen der Tierrechtler im Gegensatz
zu den Menschen sich keine eigene Meinung bilden können. Und deshalb
fühlt man sich moralisch im Recht. Sprichwörtlich ist es nämlich
so, daß das, was die Tierschützer denken und abziehen,
tatsächlich kein Schwein(!) interessiert. Mehr als moralische
Tölpelhaftgkeit kommt bei der Weltsicht der Tierschützer nicht rum.
Weil sie sich davor scheuen, daß, was sie tagtäglich sehen, wirklich
zu hinterfragen, sozusagen nach dem Wesen der Erscheinung zu suchen und zu
fragen, versteifen sie sich auf eine Art Verschwörungstheorie, die davon
Die Weltsicht der Tierschützer ist moralisch tölpelhaft. |
ausgeht, daß der Mensch alleinig auf der Welt sei, um Tiere
zu unterdrücken. Wer solchen Schmarn für bare Münze nimmt,
propagiert auch ohne Probleme die Unterdrückung der Frau, in dem man gegen
Abtreibung hetzt und den Lebensschutz der Embryonen über das Recht der
Frau auf individuelle Entscheidung erhebt. Für solcherlei
Frauenverachtung, das sei knallhart gesagt, gibt es vom Conne Island aus
keinerlei Plattform. Wer denkt, diesen reaktionären Dreck vertreten zu
müssen, sollte statt bei uns zum Hardcore lieber zum Krippenspiel in die
Kirche gehen. Und wo wir schon dabei sind, eine Empfehlung: Wer wirklich in
eins mit der Natur leben möchte, dem sei der Umzug in den Wald empfohlen.
Im Conne Island werden die linken Grundwerte weiterhin verbissen gegen den
reaktionären Rollback in der SE-Szene verteidigt, auch wenn wir wissen,
daß wir im Alltag von den Idealen in den meisten Fällen
tatsächlich mehr als meilenweit entfernt sind. Doch Lustfreundlichkeit
statt verknöcherter Lustfeindlichkeit, das Recht auf Rausch oder
als oberstes Gebot der Mensch als Maß aller Dinge, fähig zur
Emanzipation und zur Beeinflussung der gesellschaftlichen
Verhältnisse(3), das sind die Dinge für die wir gerne
einstehen und die wir verbissen verteidigen. Dabei mit uns für die linke
Sache trotz aller Widersprüche und Probleme zu kämpfen, dazu sind
letzendlich alle angehalten. Was Ihr daraus macht und wie Ihr damit umgeht, das
ist Euer Ding. Grenzenlose Toleranz jedoch, die jeden Bullshit
zuläßt, ist mit uns nicht zu machen. Das zu verdeutlichen, dazu soll
beispielweise die symbolische Geste gegen Earth Crisis Shirts auf unseren Konzerten dienen.
Anmerkungen: (1)
Minor Threat aus Washington D.C. gelten gemeinhin als
DIE Begründer des Straight Edge. Später gingen aus ihnen beispielsweise Fugazi hervor.
Es ist im übrigen kein Zufall, daß die andere Band, die SE
begründet hat, nämlich Youth Of Today, später dann zum Hare Krishna konvertiert ist.
(2)Wenn hier von der Negation des technischen
Fortschritts durch die SE-Szene die Rede ist, so bin ich mir bewußt,
daß alle, wirklich alle in der SE-Szene anders leben als sie reden. Ob
nun Auto, Audio, Video, Haustier oder sonstige zivilsatorische
Annehmlichkeiten. Auf diese genannten Dinge und noch viel mehr wollen die SEer
bewußt nicht verzichten. Daß das im krassen Gegensatz zu ihrer
Propaganda steht, scheint ihnen nicht mal selbst aufzufallen. Man könnte
daraus leichtfertig den Schluß ziehen, diese durchgeknallten
Jüngelchen nicht besonders ernst nehmen zu müssen. Doch davor ist bei
dieser reaktionären und menschenverachtenden Weltsicht nur zu warnen.
(3)Und damit auch fähig zur Beendigung bestehender Ungerechtigkeiten gegenüber Tieren. |