Hans Magnus Enzensberger veröffenlichte einen Band
mit Aufsätzen aus den Jahren 1989 bis 1996. Grund genug für ihn zurückzuschauen:
Natürlich habe ich mich gefreut, daß sich der Ostblock aufgelöst hat. Es ist doch immer gut, wenn Menschen aus
lagerähnlichen Verhältnissen befreit werden.
Immer gut -
alles gut. Vor allen Dingen, wenn
lagerähnlichen Verhältnissen
ohne Umschweife die Freiheiten vor dem Lagertore folgen. Vielleicht aber meint
Enzensberger ja auch nur, daß Weiterstadt niemals so modern sein kann wie
die Knastbedingungen im
Ostblock.
Na immerhin.
Trotzdem wärs ein Fall für den Verfassungsschutz. Dessen 96er
Bericht ist auch wieder Klasse:
Der Verfassungsschutz befaßt sich traditionell auch mit
der Spionage ausländischer Dienste. Hauptproblem sei hier 1996 die
Wirtschaftsspionage östlicher Länder gewesen. Den jüngsten Fall
von Wirtschaftsspionage eines befreundeten amerikanischen Dienstes
bezeichnete Kanther als ärgerlichen und einmaligen Vorfall.
Überschießende Energie ist auch hier von Übel,
sagte Kanther. Das wird nicht wieder vorkommen.
Die moralische Integrität ist das Herzstück
überschießender Energie.
Sie darf die
befreundeten
Kreise nicht treffen. Sonst fliegt alles auf.
Das wird
darum auch
nicht wieder vorkommen.
Zumindest so in der Öffentlichkeit.
Der stasifizierte Gauckgummi läßt dpa tickern:
Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte beginnt nach Ansicht des
Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Gauck, erst richtig. Das
Studium von Fakten des geheimen Unterdrückungsapparates der DDR sei ein
nur erster Schritt gewesen, sagte Gauck (...) zum fünfjährigen
Bestehen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Eine
Entkommunistisierung wie die Entnazifizierung habe es
in Ostdeutschland nicht gegeben.
Jaul jaul. Krächz krächz.
Entkommunistizierung wie die Entnazifizierung
bedeutet in der Praxis den sofortigen Stopp der
Aufarbeitung der DDR-Geschichte.
Das kann Gaucki aber nicht wissen. Schließlich war der
Staatsbürgerkunde-Unterricht für ihn nur Teufelszeug und die BRD
schon immer das Paradies.
einen großen Vorteil hat das ND tatsächlich - Ausgabe vom 24.03.1997
Sybille Tönnies, Professorin für Sozialwesen in Bremen, erklärt
den taz-Lesern, warum man legitimerweise zu den Waffen rufen muß, was ja
die taz-Leserschaft zu einem hohen Prozentsatz erfreuen dürfte:
Die Friedensbewegung hat die Gesellschaft in Sachen Frieden
ausgelaugt. Fast zwei Jahrzehnte lang hat sie ihr das Thema so vehement
aufgedrängt, daß sie jetzt erschöpft ist. Die rein friedliche
Orientierung erzeugte eine Stickluft, in der das kriegerische Element wie eine
Sauerstoffzufuhr lockt. Viele, die früher auf der Seite der
Gewaltlosigkeit standen, haben sich umorientiert.
Der Bellizismus als neue Ökoströmung. Ich hab das ja schon
immer geahnt. Die Friedensengel sind eben doch die, die
das kriegerische Element wie eine Sauerstoffzufuhr lockt.
Und weil wir gerade beim Thema sind, soll auch das Neue Deutschland
gewürdigt werden. Dort versuchte man sich doch tatsächlich an einer
Rezension des Buches Entspannt in die Barbarei von Jutta
Ditfurth:
Der besondere Wert des Buches liegt in der konsequenten
Auseinandersetzung von links aus. Die Leser sollten nur nicht vergessen,
daß nicht jede reigentanzende Leinenkleidträgerin und nicht jeder
verträumte Müsligenießer rechts steht. Jutta Ditfurth sieht sie
aber als Manövriermasse eines möglichen künftigen
Faschismus.
Ja, das ist schon ein harter Brocken, was. Dabei könnte doch das Neue
Deutschland beim diesem Thema jegliche Verbiegung vermeiden. Denn einen
großen Vorteil hat das ND tatsächlich. Von der
reigentanzenden Leinenkleidträgerin
wird es wohl ebenso wenig gelesen, wie vom
verträumten Müßligenießer.
Die BILD vom 15. April hat es in sich:
Wie viele aus Rumänien oder Ghana, aus Hongkong oder der
Türkei? Und Juden aus Rußland? Da kommt man schnell in des Teufels
Küche und landet bei der vom amerikanischen Senator Chab
Revercamb unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges durchgesetzen
Einteilung für US-Einwanderer: Quoten für Schwarze, Latinos, Asiaten,
Inder und - Einwanderer nordischer Zucht! (Nordic
Stock). Hitlers Rassenwahn läßt grüßen!
Weiter gehts dann auf Seite drei:
Der Dimitroff-Platz. Hier wurde Geschichte geschrieben. Ein
Schauprozeß der Nazis. Mit einem Helden, der auch Kommunist
war.
Zwei Fliegen mit einer Klappe. Die eine heißt: überall Hitlers. Die
andere: Helden ja, aber keine Kommunisten. So einfach können Weltbilder
sein, wenn die BILD zuschlägt. Ralf |