Neunzehnhundertsiebenundneunzig. Haareraufende Menschen
stellen sich in regelmäßigen Abständen immer wieder die selbe
Frage. Ist es noch Jungle? Drum&Bass? Es ist mehr, gluckst es im selben
Atemzug es aus Ihren Mündern; this is Future, yeah. Die neue Dimension mit
dem Schritt in die Zukunft – die Sportschau und Langnese habens auch
erkannt.
Wo ist das rettende Ufer? Wohl kaum in den imitierten Klassifikationsversuchen
und semantischen Spielchen, wer gegen wen. Hardstep, Intelligence, JumpUp,
Techsteppin, was nun.
Nur wenige Projekte hatten die Coolness, den Zug der hungrigen Mäuler, den
Hype und die stilistische Eingrenzung vorbei zischen zulassen, eins davon sind
die Londoner 4 Hero.
Ersteinmal Pause. Wir befinden uns in einer
unüberschaubaren Zeit, Drum&Bass hat so ziemlich alle stilistischen
Schnittpunkte aufgebrochen, trotzdem ist noch nicht einmal der Anfang vom Ende
in Sicht. Es gibt sie noch, die nichtentdeckten Räume und ungelösten
Rätsel in Sachen Breaks und Hooks, die elektronischen Blaupausen in den
Cubase Programmen. Was erwartet uns im nächsten Leben? Vielleicht
Affinitäten und dokumentarische Momente der Syles mit dem Ansatz, diese
zumindest in eine profane Nachvollziehbarkeit zu bringen. Wenn du eine
Geschichte hast, lass sie sehen, lass sie hören. Vielleicht totale,
vollkommen kranke Abstraktion, vielleicht wird alles noch schwebender,
harmoniebedürftiger. Spekulation, Spekulation, Fakt ist, das die Musik,
die sich da Drum&Bass nennt, in ständiger Transformation arbeitet und
auch nur so arbeiten kann. Das hat definitiv nichts mit dem Durchbrechen
irgendwelcher imaginären Grenzen zu tun, im Gegenteil es geht um die
Aktualisierung musikalischer Strukturen.
Auch 4 Hero aka Mark und Dego arbeiten im Kontext der
Aktualisierung, ganz im besonderen sogar. Sozusagen mit dem dem Science Fiction
Manuskript hinterm Sofa und der 303 unterm Kopfkissen. In der Musik 4 Heros
erscheint Techno lebendiger als je zuvor, gerade auch in Bezug auf Science
Fiction, kosmonautischen Habitus und in Ansätzen der Mothership
Connection. „We’re computer programmers, not musicians“ sagt uns
der Kosmos und erteilt somit dem Macintosh die endgültige Berechtigung,
Instrumente im klasischen Sinne ignorieren zu dürfen, zu müssen.
Salop gesagt: Eine gesampelte Trompete ist definitiv keine Trompete mehr oder
ein gepitchtes Intro nur noch ein Zeichen der kompletten Verschobenheit der
Dinge. Die Floskel Techno ist tot – jetzt kommt Drum&Bass paßt
eben nicht (ganz). So wie Photek (O-Ton) mehr von Basic Channel
beeinflußt ist, als von Jazz oder HipHop, läßt sich 4 Hero
ebnfalls durch das Techno-Ding definieren. Die Mitarbeit von Juan Aitkins und
Carl Craig an den Projekten von 4 Hero ergab sich wohlweislich nicht aus einer
Reihe von Zufällen. Hinsichtlich dieser Erkentnisse kann der Radius, der
sich um 4 Hero zieht, als Minimalismus-Treffpunkt zwischen London und Detroit
angesehen werden – Pioniere unter sich. Oder Drum&Brain, um Grundlagen
bemüht.
In den Zeiten der Großen Ausdifferenzierung liegt im Festlegen in einer
bestimmten Richtung eher ein Nachteil – das wissen Mark und Dego
ebenfalls. Elektronische Musik ist ein weites Feld und so gehen wir es auch an.
4 Hero heißt genauso Jacobs Optical Stairway, Tek 9, Nu Era oder
Tom&Jerry, je nach personeller Besetzung, Vorlieben und Konzeption –
heißt Sci-Fi Drum&Bass, flavored HipHop oder Techno Konversation.
Alles in allem ist und bleibt man dabei in einem einzigen Paralleluniversum
und, wenn wunderts, betreiben die beiden Kosmonauten gleichzeitug zu ihren
Projekten das Reinforced Label. Genau das, immer den Schritt voraus und immer
mitendrin – nicht in der Leichtigkeit des Seins, Nein; „here
we’re talkin hypernova-voodoo-bassline.“
Sebastian |
