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INHALT #265

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Editorial
• das erste: Die islamistische Rechte. Teil 1: Die Muslimbruderschaft und der legalistische Islamismus
• kulturreport: Die Stadt als Zelle – Gedanken zu graffiti writing und darüber hinaus
• interview: Kein Dancefloor ist ein Safe Space
• interview: Interview mit Hot Topic!
• position: Conne Elend: ein Nachgesang
• position: Der Ignorant bist Du!
• review-corner buch: Ignoriert die Befindlichkeiten der Männer!
• review-corner buch: Rezension: tapis-Magazin – Analyse zur islamistischen Rechten
• doku: What's Right?
• doku: Die hochtrabenden Fremdwörter
• das letzte: Je te présent: Françoise Cactus

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Conne Elend: ein Nachgesang

Zwischen unilateralen Perspektiven und Pauschalisierungen

Conne Elend – Ein Abgesang lautet die Überschrift eines Textes der CEE IEH-Ausgabe 264, in welchem aus Perspektive einiger Ehrenamtlicher mit dem Conne Island abgerechnet wird.

Fakt ist, das Conne Island steht und fällt mit dem Ehrenamt. Menschen, die mit viel Zeit, Energie und Engagement seit nunmehr dreißig Jahren das soziokulturelle Projekt mitgestalten und mit am Laufen halten. Vielleicht hat sich seit 1991 die Motivation geändert, vielleicht auch der Bezug zum Eiskeller, seiner Entstehungszeit und Bedeutung, aber der Bedarf an ehrenamtlicher Mitarbeit ist stets geblieben.

Der Text hangelt sich an drei Problemfeldern entlang, die durchaus schlüssig sind, jedoch leider oft darin münden, dass eine Spaltung zwischen zwei Gruppen geschaffen und gelesen wird: den »Festies« und den Ehrenamtlichen. Viele Probleme werden nur aus einer einseitigen Perspektive beschrieben. Dieser Antworttext versucht an manchen Stellen, die Perspektive zu ändern, um einerseits aufzuzeigen, dass auf der Insel nicht nur Elend und Undankbarkeit zu finden sind. Andererseits versucht dieser Text, die künstlich geschaffene Kluft etwas zu schließen, da man nicht nur eine Gruppe von Personen für gewisse Entwicklungen verantwortlich machen kann.

Wozu Engagement am Conne Island?

Zu Beginn des Textes wird nach der Motivation für das Ehrenamt gefragt und recht schnell gelingt der Umschwung zur »unentgeltlichen Maloche«.

Was kann das Ehrenamt an einem Projekt wie dem Conne Island sein? Was sollte mich dazu motivieren, in dieser undankbaren Elendssuppe unentgeltlich mitzumischen?

Versetzen wir uns doch mal in die Perspektive einer Gruppe, die den Laden schon sehr lange aus einer Peripherie begleitet und dennoch sehr stark mit ihm verbunden ist - die Skater*innen und ihr Nimmerland. Nachdem die Stadt Anfang der 90er den Betreiber*innen des Projektes das Gelände für eine Vereinstätigkeit zugesprochen hatte, kamen junge Skater*innen, welche die Möglichkeit sahen, ihren primären Interessen nachzugehen und einen Skatepark zu verwirklichen. Nach einer ersten Minirampe im Saal entstand recht zügig ein selbstgebauter Holzpark, der zu Beginn der 2000er schließlich in eine »Betonschüssel" verwandelt wurde, so wie man sie heute sehen, auf ihr sitzen, ihn ihr Bands spielen sehen, oder eben auch skaten kann. Harter Schnelldurchlauf ;-)

Und seit siebenundzwanzig Jahren wird dieser Bereich mit viel Begeisterung und ehrenamtlich vor allem von Skater*innen betrieben. Bis zur Beton-Umgestaltung musste der Holzskatepark jährlich renoviert werden. So haben sich über mehrere Generationen Leute eine Plattform geschaffen, die sie vor allem aus einer Motivation heraus auch heute noch unentgeltlich betreiben, weil sie Spaß dran und Bock darauf haben. Suff, Sport, Spaß, Party und unvergessliche Zeiten. Klingt doch irgendwie auch nach Conne Island? Und so wurde auch letzten Sommer über Tage und Stunden hinweg Beton gemischt, im Dreck gewühlt und weiter gebaut. Und auch wenn bei der Finanzierung von Baumaterial geholfen wurde, die Leute so gut wie nie im Plenum sitzen und das Bier in den letzten Jahren verdammt teuer geworden ist, bleiben die Motivation und das Engagement in der Bowl auch weiterhin ehrenamtlich.

Wirft man nun jedoch einen Blick auf das dem Text beiseite gestellte Meme, glotzen einen neben dem Zug, der von Ehrenamtlichen in Bauarbeitermontur gezogen wird, zum einen das Plenum und zum anderen Skater an. Was soll mir das sagen? Dass Skater*innen und Plenum zuschauen, wie die Ehrenamtlichen den gesamten Laden auf dem Rücken tragen? Soll es heißen, dass Skater*innen keine Ehrenamtlichen sind? Wenn sie doch seit fast dreißig Jahren ohne Bezahlung den Skatepark gestalten, am Leben erhalten und damit auch Veranstaltungen planen? Oder gehört der Skatepark nicht zum Conne Island? Aber was hätte er dann in dieser Debatte verloren? Oder ist deren Engagement nicht ausreichend? Was sind denn diese ehrenamtlichen Aufgaben, die man leisten muss? Was ist die Erwartungshaltung an alle vermeintlichen Nicht-Ehrenamtlichen? Und wer sind die eigentlich? Mag die Abbildung eine Übertreibung sein, aber bei Leser*innen, die nicht im Thema stecken und den Laden nicht kennen, hinterlässt es ein bestimmtes Bild.

Der Text schafft eine Spaltung zwischen Festangestellten und Ehrenamtlichen.

»Die Festies«

Manche fordern ein, dass Festangestellte sich doch bitte nur um die Infrastruktur, lästige Büroarbeit und eine allgemeine Administration kümmern sollen. Andere wiederum stellen an jede*n neue*n Bewerber*in eine Erwartungshaltung an vorerst undefinierbarer ehrenamtlicher Zuarbeit zusätzlich zu dem, was in der eigentlichen Verantwortung, die eine feste Stelle mit sich bringt. Denn irgendwie soll ja alles fair sein. Festangestellte sollen nicht nur ins Island kommen, ihren Job machen und dann mit einem Lohn, der gerne als Einheitslohn beschrieben wird, nach Hause gehen. Nein, es muss Zeit für ehrenamtliche Aufgaben freigehalten werden. Und diese reduzieren sich halt oft auf das Vorbereiten und Nachbereiten von Veranstaltungen. Also Putzen, rum räumen, von A nach B rennen und ja nicht bei Pflichtveranstaltungen wie Plenum, Arbeitstreffen, Wegfahrt und allen anderen Teambesprechungen fehlen, die übrigens auch gerne unter periphere Aufgaben abgeheftet werden.

Und nicht zu vergessen: das politische Engagement. Wer kein Interesse an aktuellen gesellschaftskritischen Themen hat, sich nicht intensiv mit dem Bandkonglomerat des laufenden Monats beschäftigt und dann nicht noch die Historie des Eiskellers sowie alle prägnanten Debatten der letzten Jahre aus dem Effeff nachreden kann, hat entweder schlechte Chancen oder im Plenum halt nicht viel mitzureden. Wer hat das Zeug zum*r perfekten Islander*in?

Man könnte also meinen, dass weder Ehrenamt noch Festanstellung am Conne Island irgendwie attraktiv seien. Und angeblich sei ja auch »Allen [...] bewusst, dass dem Conne Island sämtlicher Inhalt abhandengekommen ist. « Und dass es auch keine DIY- Mentalität gäbe.


Warum also mitmachen? 

Vielleicht sind viele am Conne Island gestrandet und auch dortgeblieben, weil sie etwas gefunden haben, von dem sie entweder nicht wussten, dass sie es suchten, oder weil sie es nirgends sonst fanden. Und wenn man einmal verstanden hat, worum es beim Conne Island im Großen und Ganzen geht, dann bleibt man mit dem Ort verwachsen. Egal, ob man jede Woche am Start ist, oder nur ein paar Mal im Jahr einen Fuß aufs Gelände setzt. Sollte es nicht vor allem Ziel sein, dass dieser Ort erhalten bleibt? Dass er weiterhin für alle möglichen Menschen zugänglich und nutzbar ist? Dass man sich selbst aussuchen kann, in welcher Form man die Angebote dieser Insel nutzt oder meidet? Und machen diesen Ort nicht viel mehr Dinge aus als einzelne Persönlichkeiten oder lästige Aufgaben? Ja na klar, Kotze aus dem Klo zu kratzen und nachts um zwei den Backstage schrubben oder Technik von der Band einladen kann mal nerven. Aber das ist nicht das, was das Island oder Ehrenamt und Engagement am Island ausmacht. Und auch, wenn so oft über Plena- und Bandentscheidungen gemeckert wird, der Laden und seine Leute als Verräter verschrien werden, das sind meist einzelne Ansichten, die auf persönlichen Meinungen beruhen, jedoch nie auf den ganzen Ort sowie all seiner Betreiber*innen übertragen werden sollten.

Denn man hat stets die Möglichkeit, daran teil zu haben, dass dieser Ort und dieses Projekt nicht nur erhalten bleiben, sondern eben auch mit einer eigenen Note gestaltet werden kann. Dies kann ein kostenfreier Dauerzugang zu einer einzigartigen Bibliothek sein, eine eigene Veranstaltung, ein eigener Raum, in dem man Sport treibt oder Mucke macht, vollgesprühte Graffiti Flächen, mega Geburtstagssausen mit Preisvorteil, Zugang zu allen möglichen Räumen, Suff für wenig bis kein Geld und endlos freier Zugang zu allen möglichen Bands und Veranstaltungen, für die manch eine*r das Konto leerräumen oder eben ‚ne Toilette schrubben würde. Der Zugang zum Island ist gegeben, sowohl für Gäste als auch für Leute, die an der Gestaltung beteiligt sein wollen. Und viele Betreiber*innen, so auch »die Festies«, geben einiges, um neuen Leuten dies zu ermöglichen und zu vereinfachen. Aus dieser Perspektive ist es einfach nur unfair, ein einseitiges Bild zu schaffen, in welchem sich zwei Gruppen gegenüberstehen, von denen die eine undankbar, ignorant und struktur-blind und die andere unterdrückt und ausgebeutet zu sein scheint.

Richtig, es ist nicht immer ganz einfach, die »richtigen Leuten« oder Momente abzupassen, aber es ist eine sehr einseitige und pauschalisierende Perspektive, zu behaupten, der Zugang wäre nicht möglich. Und auch mit einer perfekten Einarbeitung, wie auch immer die aussehen soll, braucht es einige Zeit, meist Jahre, bis man versteht, wie der Laden funktioniert. Denn er ist einfach so groß und vielfältig. Es gibt dutzende Ecken, hunderte Menschen und alles ist mit einer Geschichte verbunden. Hinzu die stetige Herausforderung, dass neue Leute kommen, einfordern, mit Aufgaben vertraut zu werden und dann vieles anders machen wollen. Versucht man dann zu vermitteln, dass vielleicht der ein oder andere Prozess oder Ablauf schon stattgefunden hat und leider obsolet ist, stehen schnell der Generationskonflikt und eine angeblich festgefahrene Sicht Alteingesessener im Raum. Stattdessen sollten Erfahrung und neue Möglichkeiten Hand in Hand gehen.

Die Debatte zwischen Ehrenamt und Festies ist nicht neu, aber sie hat einige Jahre geruht und ist nun scheinbar präsenter denn je. Es ist einfach und naheliegend, einzufordern, dass Festangestellte vorhandene Aufgaben doch bitte nur betreuen und sie nicht selber machen, damit Raum für Ehrenamtliche bestünde. Was jedoch, wenn niemand die Aufgaben machen will? Was, wenn von außen Projekte und Räume gefordert werden, die betrieben werden müssen, aber nicht genug Leute da sind, die diese Aufgaben übernehmen wollen? Und wieso mündet die vorangestellte Spaltung, hervorgerufen durch eine Form der Professionalisierung und urbane Entwicklung letztlich doch nur in einem Disput zwischen Festangestellten und Ehrenamtlichen?

Es wird von fehlender »Entscheidungsmacht« und von einem »Anrecht auf Gestaltung« durch »Festies« geschrieben. Zugespitzt kontrollieren »die Festies« alle Ein- und Ausgänge und hindern Ehrenamtliche daran, am Projekt teilzuhaben. Und wenn es doch gelingt, dann bekommen sie nur die scheiß »unbezahlte Maloche« zugeteilt. Sicherlich geht es hier um Wahrnehmung. Und diese sollte man Menschen nicht einfach absprechen. Doch leider bleiben diese Perspektive und Auslegung sehr einseitig und pauschalisierend. Eine Festanstellung am Conne Island ist oft alles andere als ein feucht-fröhlicher Nachmittag auf dem Freisitz, der mit einem Liter Fassbier an der Bar zum Punkkonzert in der Nacht endet. Es ist eine Festanstellung in einem riesigen Projekt, in welchem selten Struktur oder gleichbleibende Arbeitszeiten geboten werden und man ständig mit unzähligen Erwartungen, Anforderungen und Kritik konfrontiert wird. In dem Moment, wo man sich solch einem Projekt verschrieben hat, verlangt man sich selbst eine Menge ab und dies wird oft unterschätzt. Sowohl von denen, die sich auf eine Stelle beworben und diese dann bekommen haben, als auch von denen, die von außen ein Urteil fällen und Erwartungen anstellen. Und gleiches erfahren Personen, die nicht festangestellt am Conne Island aktiv sind. Wozu diese Spaltung?

Zwischen Professionalisierung und Entlohnung

Daran knüpft die Behauptung an, dass die meisten neuen Leuten nur gegen Bezahlung an den Laden kämen. Dieser Vermutung kann man nur nachgehen, wenn man jede neue Person nach ihrer Motivation fragen würde. Was jedoch eine reale Entwicklung der letzten Jahre aufzeigt, ist, dass mit dem Ausbau des kulturellen Bereiches auch mehr und mehr Aufgaben entlohnt wurden. Dies lag auch daran, dass dies von vielen Betreiber*innen eingefordert wurde. Und dieser gerechtfertigten Diskussion um eine angemessene Entlohnung für eine bestimmte Arbeit hat sich das Plenum mehrfach gestellt. Fakt ist, dass niemand am Conne Island reich wird. Wer diesen Ort aufsucht, um in erster Linie Geld zu verdienen, wird über kurz oder lang nicht glücklich.

Halten wir nochmal bei dem Begriff »Professionalisierung« und suchen nach anderen Ursachen für den vermeintlich verwehrten Zugang für Ehrenamtliche ausgeübt durch »Festies«. Ja, Festangestellte übernehmen (meist ungewollt) viele Aufgaben, die nicht zu ihrer Stellenbeschreibung gehören. Weil sie gemacht werden müssen, aber scheinbar niemand übernehmen will oder kann. Und dies hängt einfach sehr stark damit zusammen, dass der Laden von 1991 bis 2020 streckenweise so schnell gewachsen ist, dass er es oft verpasst hat, die Stellen und Aufgaben anzupassen. In manchen Diskussionen gibt es immer noch Leute, die abstreiten wollen, dass die Veranstaltungen zugenommen und die ehrenamtliche Betreuung abgenommen haben. Beide Debatten sind fast so alt, wie der Laden selbst. Das Conne Island kann sich da einfach nix vor machen. Das Veranstaltungspensum ist gestiegen, das Business und die Ansprüche durch Bands und Agenturen sind umfangreicher geworden und die Konkurrenz lässt sich längst nicht mehr von der Leipziger Kulturkarte weg ignorieren. Viele politische Gruppen sind gegangen, manche geblieben, und manche neue finden sich. Man braucht keine evaluierte Studie betreiben, um den Zusammenhang zwischen Wachstum an Aufgaben, fehlenden finanziellen Grundlagen und Rückgang von Betreiber*innen zu erkennen. Und auch wenn die ein oder andere Stelle geschaffen wurde, um Aufgaben abzufangen, reicht es oft nicht aus. Während man sich durch einen Mehraufwand in einer gestressten Situation befindet, um einem Zeitplan mit unerwartetem Zusatz zu erfüllen, kollidiert dies nicht selten mit einer Person, die gerade erklärt haben möchte, wie man einen vierstündigen Load Out, Aufbau und Soundcheck koordinieren muss. Derartige Situationen und Schwierigkeiten sind bei vielen Leuten zu beobachten, egal ob mit oder ohne Festanstellung. Das darf nicht rechtfertigen, wenn Leute eine unfreundliche und ignorante Behandlung erfahren, aber es macht klar, dass es nicht um machtgeile »Festies« geht, die alles Wissen für sich behalten und alles allein machen wollen. Es gleicht eher einem beschissenen Kreislauf, aus dem das gesamte Projekt nicht einfach ausbrechen kann. Es ist wenig hilfreich, eine Spaltung zu schaffen, in denen man Ehrenamtliche den Festangestellten gegenüberstellt und sich in Pauschalisierungen verliert. Die meisten Festangestellten waren vor der Übernahme der Stelle lange ehrenamtlich am Laden aktiv und haben weder vergessen, wie der Laden aus einer nicht fest angestellten Perspektive aussieht, noch haben sie aufgehört, selbst ehrenamtlich Aufgaben zu übernehmen. Geht es bei der Debatte um Ehrenamt nur darum, dass man unbezahlte Aufgaben macht, die sonst niemand machen will? Denn dann sieht sich eine halbe Stelle am Ende der Woche mit 40 statt 20 Stunden ebenso auf der Mehraufwandbank durchhängen, wie die volle Stelle mit 60 statt 40 Stunden und die nicht fest angestellte Person, die sich Sonntag noch den dritten Einlassdienst mit 6 Stunden pro Schicht gegeben hat. Und weil man da ja nüchtern sein soll, kann man nicht die ganze Scheiße nicht mal mit Freibier runterspülen. Hier geht es doch nicht um Kontrolle und Macht durch eine Festanstellung! Die Probleme liegen in einem Wechselspiel aus zu hohen Ansprüchen und Anforderungen an den Laden und seine Betreiber*innen, an fehlenden und teilweise (nicht gänzlich!) transparenten Strukturen und oft auch fehlenden finanziellen Ressourcen. Dies sind typische Probleme eines linken, subkulturellen Projektes, welches versucht, ohne Hierarchien, mit Plenumsstrukturen, einer derben Feierkultur, viel Hedonismus und trotzdem einer ordentlichen Portion Ernst und Verantwortung zu funktionieren. In der Theorie erschien den Punks 1991 vieles so einfach und sicher auch verschwommen, aber mit der realen Praxis ergaben sich Probleme, die heute noch den Laden an der ein oder anderen Stelle stagnieren lassen.

Aneignung und Utopien

Der Text formuliert zum Ende hin eine Forderung, dass sich Crews bilden, die sich die Räume im Island wieder aneignen. Wer den Laden schon viele Jahre begleitet, wird sich vielleicht in einem verdrehten Déjà-vu wiederfinden. Vor vielen Jahren war der Laden bestrebt, diese Crews aufzulösen und ein Team zu bilden, was zusammenarbeitet. Die Crews waren damals sehr schwer zugänglich, es gab ungeklärte Verantwortlichkeiten und wenn es innerhalb der Crews Probleme oder gar keine Leute mehr gab, bekam das der Laden oft viel zu spät mit. Die Idee von Crews, die sich in einem Raum selbst verwalten, ist schön, aber dann sollte man an vergangenen Erfahrungen ansetzen, aus damaligen Problemen lernen und über eine Basis bestehend aus einer guten Kommunikation, Weitergabe von Wissen und Struktur verfügen. Und das funktioniert nicht durch Ausschluss, sondern durch Zusammenarbeit und Transparenz. Insofern sollte dem Projekt diese Umsetzung weniger durch eine Aufgabenverteilung gelingen, die eine weitere Spaltung von Ehrenamtlichen und »Festies« vorsieht.

Die Forderung zum durchweg freien Zugang zu Getränken und Essen, eingebettet in der Forderung zur Aneignung aller Räume des Conne Island ist gleichsam verkürzt, wie auch wünschenswert. Ja logisch möchten wir alle kostenfrei saufen und uns die Bäuche mit Futter vollschlagen, aber solange der Bankautomat keine Scheine gegen einen Rülpser ausspuckt, ist dies nicht umsetzbar und würde über kurz oder lang den Ruin des gesamten Ladens bedeuten. In keinem Projekt ist dies möglich, so sehr wir uns das auch wünschen. Das Conne Island kann einfach nicht allen Erwartungshaltungen, Utopien und Bedürfnissen gerecht werden, denn es steht und fällt eben mit all seinen Betreiber*innen und deren Kapazitäten und Kräfte sind begrenzt.

In diesem Sinne: Destroy the system, not the Conne Island.

anonym

28.04.2021
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
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