Wenn Frank FAZ Schirrmacher meint,
neu an der Goldhagen-Debatte war, daß sie nicht nur vom Autor,
sondern auch von großen Teilen des Publikums so geführt
wurde, als habe es jahrzehntelange Erforschung des Dritten Reiches und seiner
kriminellen Struktur gar nicht gegeben,
muß es etwas faul sein. Wolfgang Wippermann, Professor an der FU Berlin,
ist Teil der Fäulnis:
Jedenfalls ist ein weiterer Pluspunkt von Goldhagen, daß zum
ersten Mal in einer zeitgeschichtlichen Debatte Pfarrer Gauck nicht um seine
Meinung gefragt wurde. Dessen elende Vergleicherei der DDR mit dem
Nationalsozialismus wollte in diesem Kontext niemand hören.
Woran lags? Wie zum Beispiel muß der Hauptgefreite Mario Held (26),
Mitglied der internationalen Friedenstruppen (IFOR), Dinge deuten,
die er nicht verstehen kann, wenn er in Kroatien Dienst tut?
Wie wurden Sie, die deutschen Soldaten, dort aufgenommen?
Mario: Wir waren dort gut angesehen. Die Deutschen haben ja im Zweiten
Weltkrieg mal mit den Kroaten gekämpft. So haben die uns da
begrüßt. Die haben vielleicht an die Wehrmacht gedacht.
Ganz offen auf der Straße mit dem Hitlergruß?
Mario: Ja. Meistens waren es Jugendliche.
Wird Mario Held (26) eine neue Historikerdebatte lostreten, weil er von
die Deutschen
spricht? Oder liest Mario nicht regelmäßig die FAZ? Wie kann er so
reden,
als habe es jahrzehntelange Erforschung des Dritten Reiches gar nicht
gegeben?
Wie erklärt man rassistisch Rassismus? So:
Anti-Rassisten hätten es gern, wenn ein rassistisch
begründetes Verbrechen vorläge - was allerdings, auch wenn Eid
schuldig sein sollte, derzeit nicht auszuschließen ist, denn
Konflikte zwischen den arabischen und den afrikanischen Bewohnern haben nach
Auffassung der Staatsanwaltschaft den Anlaß für die Brandstiftung
mit den unbeabsichtigt katastrophalen Folgen gegeben.
Die Unfähigkeit, sich der zivilisierten deutschen Kultur unterzuordnen,
und somit zu wissen, daß in deutschen Lagern
Konflikte
schon immer unerwünscht waren, gibt nicht weniger wider, als des Volkes
Maul Meinung über
arabische und afrikanische Bewohner.
Reiner Oschmann, Chefredakteur des Neuen Deutschland, als inkarnierter Sturm im
Wasserglas:
Regierende werden auf Druck reagieren. Eher als auf Wünsche und
Bedenken. Auf die Dauer hilft nur Power. Da aber läuft im Energiezentrum
der Linken bisher kaum das Notstromaggregat.
Dem Oschmann zu erklären, welch Sinn ein
Notstromaggregat
hat, scheint aussichtsslos. Ihm zu geigen, daß
Druck
nicht immer was mit Zeitung zu tun haben muß, und demzufolge hier wohl
das
Reagieren
nur das Schalten von Anzeigen im ehemaligen Zentralorgan meinen kann, ist ein
Unterfangen, das niemandem zugemutet werden sollte, dem das
Energiezentrum der Linken
nicht mehr sagen braucht, als das Oschmanns Kniefall vor Rudolf Bahro schon in
Ordnung geht. If the Selbsterfahrungsgruppen united, ist eh alles zu
spät.
Ein Thema könnte vielleicht die Vorsitzende des »Zentralkomitees
der deutschen Katholiken« (ZdK), Rita Waschbüsch beisteuern:
Die Hauptfrage der Solidarität in diesem Land lautet zur Zeit:
Wie gehen wir um, mit vier Millionen Arbeitslosen?
Der aufgeschlossene Leser entdeckt dank dieser Worte natürlich sofort das
Gute im Menschen Waschbüsch. Und das schließt Nationalismus
unbedingt ein:
Wenn wir unsere Wirtschaft nicht fit machen für die
Globalisierung der Märkte, für die weltweite Konkurrenzsituation,
dann werden das ja nicht die einzelnen Wirtschaftsbosse bezahlen, sondern mehr
noch Menschen, die ihre Arbeitsplätze verlieren.
Fit
for Fun.
Die weltweite Konkurrenzsituation
verlangt dem Gutmenschen von heute viel ab. Wer hier wen frißt, ist
schon längst beantwortet.
Der Volkswagenvorsitzende Ferdinand Piech weiß, wie mit
Arbeitslosen umzugehen ist:
Ganze Tausendschaften aus unserer Belegschaft kaufen unsere Autos.
Können sie sich vorstellen, daß die noch einen VW kaufen, wenn wir
sie auf die Straße setzen?
Natürlich nicht, Herr Piech. Deshalb kennt er keine
Arbeitslosen
mehr, sondern nur noch potentielle Kunden.
Würden wir alle so denken, die soziale Frage wäre gelöst - es
gäbe sie nämlich gar nicht. Ralf
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