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„Komplizierter Sein“.

In „konkret“ 8/96 schrieb „konkret“-Autor Jürgen Roth unter dem Titel „Dissidenz im Multipack“ über „eine neue Publikationsoffensive“, die „noch einmal das Bündnis von Pop und Politik schmieden“ soll. Dabei bezeichnete er beispielsweise „das Zentralorgan ‘SPEX’“ als „in den Dunst der Seher, elitären Rauner und Trendsetter mit runzligem Jugendappeal verabschiedet“ oder „Pop“ als „die vollgültige Chiffre für dummes Geschwätz“. Er kritisierte insbesondere „jene Agenten des Popzirkus, die nichts anderes tun, als in eigener Sache tätig zu sein, und doch vorgeben, der Welt und dem ‘linken Projekt’ einen alles entscheidenden Kick zu versetzen“.
Muß uns das zu denken geben? Zumal es in „konkret“ stand, wo ja bekanntlich zu lesen sein soll, „was andere nicht wissen wollen“?

juergen roth, 8.8k Weichen wir nicht zu sehr ab, und bleiben beim Verhältnis von Pop und Dissidenz als, wie Roth Diederichsen gelten läßt, „politische Subjektivität in einem neuen Klassenkampf“.
Es ist Roth recht zu geben, wenn er „umtriebigen Gesellen der aktivistischen Kunstpolitszene“ unterstellt, daß „Surfen, Hijacking und Kommunizieren im Internet selten mehr gemein hat mit irgend gearteter revolutionärer Tätigkeit als Autopflege am Sonntag“. Denn es ist durchaus angebracht, das gemeinhin verbreitete Verwursteln studiumbedingter Didaktik mit linken Politikfeldern zur politisierten Selbstreferenz zumindest mal als solche zu benennen, damit das Ding auch den Namen hat, den es in aller Regel verdient.
Der Ökonomismus als Gleichlauf zum und mit Pop galt ja immer als Stärke des letzteren. Enthoben hat er sich damit allerdings immer einer über Ästhetik hinausgehenden konsequenten Kritik der Verhältnisse. Diese Schwäche konnte eigentlich nie einer revolutionären linken Kritik standhalten. Insofern ist zu fragen, ob Roth hier nicht Dinge überinterpretiert, wenn er das „Anpappen kostenlosen ‘Revolutionsbegehrens’ als Imagination der eigenen Subversivität“ ins Verhältnis zu einem linksradikalen revolutionären Politikverständnis setzt.
Wer daran zweifelt, daß Pop immer auch zu großen Teilen die Spielwiese der Lustfreundlichkeit ist und damit durchaus, wie Roth feststellt, „stilisierter Schauplatz von Wichtig- und Sinnhuberei“, verkennt, wo eben die Dissidenz heutzutage angekommen ist. Sie hat „nur kulturindustriellen und keineswegs oppositionellen Zuschnitt erreicht“ (Roth).
Was daran aus „altlinker“ Sicht jedoch am Schwersten wiegt, ist die Tatsache, daß sich Pop damit logischerweise kontraproduktiv auf die mögliche revolutionäre Perspektive ausgewirkt hat. An der Stelle bleibt Roth dann fast zu zaghaft: „Der Betrieb hat's längst gemerkt, honoriert noch die eklektizistischsten Bemühungen und vermittelt das Gefühl, bei aller ‘Dissidenz’, der man ja verpflichtet bleibt, auch endlich dazuzugehören.“
Wer da jetzt den Abgesang an die Pop-Linke herauslesen will, verkennt die Realitäten ebenso, wie diejenigen, die daraus gar ein Plädoyer für das Allheilmittel Pop ableiten.
„Konkret“ lesen! Dran bleiben! „Komplizierter-Sein“, wie Roth Diederichsen unterstüzend zitiert, es geht derzeit eh nur um das Stellen der richtigen Fragen. Ralf


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last modified: 28.3.2007