• Titelbild
• Editorial
• Roboterkommunismus – nur eine Utopie?
• Ceremony
• position: Unteilbare Gutbürger im Dienst fürs Kapital
• position: Über die Islamisierung der Universität und die Verblödung der Studenten
• doku: Was bleibt von der Welt am Ende des Monats?
• doku: System Change Not Climate Change
• doku: Außer Kontrolle
• doku: Vergeblich Erdöl säen
• das letzte: Grün-braune Heimatliebe
In der sächsischen Staatskanzlei mag man erleichtert aufgeatmet haben, dass der rechte Terroranschlag Anfang Oktober 20 km jenseits der Landesgrenze, im benachbarten Sachsen-Anhalt, verübt wurde. Immerhin lag der letzte (Rohr)Bombenanschlag auf ein muslimisches Gotteshaus in Dresden durch den damals 30-jährigen Pegida-Redner Nino Köhler erst drei Jahre zurück und auch im Ermittlungsverfahren gegen die rechtsextreme Gruppierung Revolution Chemnitz geht es u.a. um Anschlagspläne am Tag der Deutschen Einheit in Berlin, neben denen der NSU »wie die Kindergarten Vorschulgruppe wirken« sollte.
Dank der medial bereitwillig aufgenommenen Interpretationsvorlage der »Gamification« galt der Attentäter von Halle, Stephan Balliet, schnell als zurückgezogener Sonderling, als Heimwerker-Terrorist mit improvisierten Waffen aus 3D-Drucker und Baumarkt, der sich in rechten Internetforen radikalisiert habe. Doch laut Aussage eines Aussteigers aus der rechten Szene in der ZDF-Sendung Frontal 21 führt eine Spur dann doch nach Sachsen, genauer: nach Leipzig. In der Odermannstraße 8 im Stadtteil Lindenau besaß die NPD, als ihr die AfD noch nicht den Rang am rechten Rand abgelaufen hatte und sie mit acht Abgeordneten im Landtag vertreten war, mit dem sog. »Braunen Haus« ein Parteibüro. Hier soll der Attentäter von Halle vor fünf Jahren eine Feier besucht und dem späteren Aussteiger ein Kompliment für dessen antisemitisches T-Shirt gegeben haben.
Damit soll die Rolle der Internetforen für die Radikalisierung und Vernetzung von Rechtsradikalen nicht heruntergespielt werden, doch die geschilderte Situation in Leipzig deutet auch auf eine analoge Anschlusssuche des Attentäters hin. In der nächsten Ausgabe unseres Heftes werden wir uns näher mit dem rechten Terroranschlag von Halle befassen.
Bis dahin wünschen wir uns, dass ihr mehr an gebeutelte Immobilien-Unternehmer wie Christoph Gröner denkt. Vielleicht könnt ihr in einer freien Minute mal zu seiner Baustelle in der Prager Straße gehen und Kerzen und Blumen im Gedenken an die drei abgefackelten Autokräne ablegen. Der Vorstandsvorsitzende der nach ihm benannten CG-Gruppe beschwerte sich laut einem Beitrag im Stadtmagazin Kreuzer nämlich in einer eigens einberufenen Pressekonferenz darüber, dass der rechte Terroranschlag in Halle ihm in Sachen Nachrichtenwert den Rang abgelaufen hatte. Politik und Strafverfolgungsbehörden haben den Ernst der Lage bereits erkannt: OB Burkhard Jung (SPD) verurteilte den »Terroranschlag, auf den der Staat mit ganzer Konsequenz antworten muss«, und das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum des LKA Sachsen hat die Ermittlungen übernommen. Damit die Priorisierung zukünftig auch in unserer »post-faktisch geprägte[n] Diskurswelt« klappt, will Gröner eine eigene Website für Datenjournalismus finanzieren. Dort werden wir dann vermutlich faktisch korrekt nachlesen können, dass in Leipzig mehr Bau- und Immobilienunternehmen Opfer von Brandstiftung werden als Menschen Opfer rechter Gewalt. Den Rest regelt, so will es Gröner, der »gesunde Menschenverstand«.
Die Redaktion