• Titelbild
• Connewitz bleibt sächsisch
• das erste: Wider die falsche Toleranz gegenüber einer reaktionären Ideologie
• Leoniden
• Adam Angst
• review-corner buch: Rezension: »Einführung in islamische Feminismen« von Lana Sirri (2017)
• doku: Der Staat als Gefährder
• das letzte: Das Viertel bleibt dämlich
Eigentlich wollte ich diesen Text hier noch vor Weihnachten fertig schreiben. Jetzt ist schon fast Silvester. Ich hatte mir das einfacher vorgestellt. Adam Angst, ja die hab ich schon mal live gesehen. Einmal sogar im Island. War gut. Damals waren sie mit Co-Headliner KMPFSPRT unterwegs und hatten gerade ihr Debüt veröffentlicht. Darauf ging es unter anderem um Jesus Christus, der voller Wut und Rachegelüsten auf die Erde zurückkehrt. Aber auch die Wut auf Leute, die Parolen dreschen, die alles schön reden oder einfach wegsehen, wird von Adam Angst musikalisch verpackt. Das klingt dann nach gitarrenlastigem Punk, der sich hin und wieder bei anderen Genres bedient. Die in Musik gepackte Angekotztheit kam vor drei Jahren ziemlich gut an. Da war nicht nur der erhobene Zeigefinger, da waren auch kluge Texte und genug Parts zum Mitgrölen. Jetzt gibt es bereits ein zweites Album. Das musste ich mir erstmal noch anhören, bevor ich diesen Text hier fertig schreiben konnte. Ich hatte die ersten Single-Auskopplungen gehört und war zugegebenermaßen nicht begeistert. Musikalisch keine Überraschung, Adam Angst sind solide bei ihrem Sound geblieben. Textlich war Alexa aber nur eine Dystopie über Technophilie und sich verselbstständigende sprachgesteurte Smart-Speaker. Etwas besser dann schon die ironische Hymne auf das Im-Ausland-unter-Deutschen-Urlaub-machen. Alle sprechen deutsch bekam sehr passend dazu auch ein Video mit typischen Instagram-Posts, also dem Urlaubstagebuch eines echten All-Inclusive-Genießers. Für die Tour kündigten Adam Angst dann Strobo, Gehampel und schwache Gags an. Ein relativ guter Gag hingegen ist ein Song auf dem Album, der sich damit auseinandersetzt, wie die Band in der Punkszene wahrgenommen wird. Da sind sie dann doch eher die versnobten, die neben der Musik »richtige« Jobs haben und mehr als drei Akkorde kennen und sogar können. So singen sie selbst: »Wenn ich Adam Angst schon höre, dann platzt mein Trommelfell. Ihr seid mir viel zu aufgesetzt und zu professionell. Schlaues Gelaber, die Schuhe blank poliert. Ihr habt scheinbar keine Ahnung, wie Punkrock funktioniert... « Haha, Selbstironie. Und auch die musikalische Vergangenheit des Sängers Felix Schönfuß kommt zur Sprache. Eigentlich wollte ich versuchen, einen Text über Adam Angst zu schreiben, in dem Frau Potz nicht vorkommt. Aber wenn sie selbst drüber singen? Naja. Ein Zitat geht noch: »Und feuert euren Sänger diesen irgendwas-was-mit-Fuß! Frau Potz wurde ermordet für ‘ne Boyband mit Tattoos.«
Und Recht haben sie. Adam Angst ist nicht Frau Potz, das wollen sie ja auch gar nicht. Stattdessen gibt es zum Messias aus dem Debut mit dem zweiten Album gleich eine ganze Sekte dazu: Neintology. Ein in ein Album gepackter Wortwitz. Bisweilen sehr unterhaltsam. Der Zeigefinger zuckt hier aber nach wie vor unerbittlich nach oben und leider klingt es das ein oder andere Mal nach genau den abgedroschenen Parolen, die man im ersten Album noch so verachtet hat. Aber dass beim moralischen Zeigefinger nicht Schluss ist, bewies die Band unter anderem durch eine Konzertabsage in einer Kölner Location, die ihre Räume auch der AfD zur Verfügung stellte. Adam Angst: »Jedes Wort gegen rechtes Gedankengut wird uns daher niemals peinlich sein, sondern immer wichtig bleiben.« Recht haben sie. Und auch wenn diese Worte in Musik gepackt sind, die man irgendwie schon mal gehört hat – man muss das Rad nicht neu erfinden. Wichtig ist, dass es sich dreht - und zwar in die richtige Richtung. Also, auch wenn für meinen Geschmack die Dauergereiztheit von Adam Angst ein bisschen zu oft anprangert und zurechtweisen will – live ist das Ganze mit Sicherheit immer noch wuchtig und mitreißend. Das ist zwar bestimmt nicht gut für den Blutdruck, werde ich mir aber ansehen. Die zweiteilige Diskographie gibt ja dann doch den ein oder anderen Mitgröl-Hit her. Das Island erwarten deutliche Worte und verzerrte Gitarren, Lieder über Dinge, die keinen Spaß machen und das Publikum darf sich bei schweißtreibenden Tanzeinlagen nochmal daran erinnern, wie heiß der letzte Sommer war.
[abr]