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CEE IEH-ARCHIV

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Aktuelles Heft

INHALT #254

Titelbild
Connewitz bleibt sächsisch
• das erste: Wider die falsche Toleranz gegenüber einer reaktionären Ideologie
Leoniden
Adam Angst
• review-corner buch: Rezension: »Einführung in islamische Feminismen« von Lana Sirri (2017)
• doku: Der Staat als Gefährder
• das letzte: Das Viertel bleibt dämlich

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Wider die falsche Toleranz gegenüber einer reaktionären Ideologie

Interview mit der Leipziger Initiative gegen Islamismus (LIgI)

CEE IEH: Bisher gab es in Leipzig bereits wiederholt Kundgebungen von Rechtsextremisten gegen bestehende oder sich in Gründung befindliche Moscheen. Auch in bürgerlichen Kreisen ist die Ablehnung des Islam en vogue. So wandte sich beispielsweise die ehemalige Leipziger CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kuddla unter Verweis auf die »freiheitlichen Lebensbedingungen« hierzulande gegen einen Moscheebau im Stadtteil Gohlis und das Cover des Spiegel zierte bereits 2007 unter dem Titel Mekka Deuschland. Die stille Islamisierung ein Bild des Brandenburger Tors unter dem arabischen Halbmond. Nun rief eure Initiative unter Berufung auf eine »liberale, rechtsstaatlich konstituierte Gesellschaft« zur Schließung einer seit zwanzig Jahren bestehenden Moschee auf. Wie kamt ihr dazu?


LIgI: Man könnte auf diese Frage eigentlich gleich zu Beginn mit einer Gegenfrage antworten: Wie kann es sein, dass ein solches salafistisches Radikalisierungszentrum durch die Leipziger Linke zwanzig Jahre lang nicht die geringste Aufmerksamkeit erfuhr, während noch Jahre danach eine handvoll Protestler von der NPD als Beweis dafür herhalten muss, dass unsere Kundgebung vor dieser Moschee etwas mit diesen zu tun haben müsse. Im Gegensatz zum damaligen linken Gegenprotest, dem auch Juliane Nagel beiwohnte, haben wir keinerlei Schwierigkeiten damit, gleichzeitig gegen fremdenfeindliche Ressentiments, als auch gegen die islamische Regression Stellung zu beziehen. Unter anderem ist das weit verbreitete Islamappeasement in Politik und Gesellschaft dafür verantwortlich, dass in Orten wie der Al-Rahman-Moschee tatsächlich eine »stille Islamisierung« staatfinden kann, die versucht, möglichst wenig öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Während der sogenannten Flüchtlingskrise wurden aus dieser Moschee heraus massive Missionierungsversuche in Notunterkünften unternommen. Nicht zuletzt befördert durch die traumatischen Bedingungen der Flucht und einer desaströs gescheiterten Integrationspolitik der Bundesregierung haben es die Islamisten um den Imam Hassan Dabbagh geschafft, dass mittlerweile wöchentlich bis zu 1.000 Personen zu den Freitagsgebeten in diese Moschee gehen und sich dort Hetzreden gegen Juden, Christen, Ungläubige sowie gegen unsere »schmutzige und verdorbene« Gesellschaft anhören. Es ist leider so, dass diese Menschen anstatt in die zumindest tendenziell liberale deutsche Gesellschaft in eine islamische Parallelgesellschaft integriert werden, in denen bereits jetzt Normen herrschen, die für niemanden wünschenswert sind. Der Bundesverfassungsschutz verzeichnet seit 2015 ein explosionsartiges Wachstum der salafistischen Szene in Deutschland, die mit ca. 26.000 Personen nun ebenso groß ist wie das Lager der Rechtsextremen. Die Lage in Leipzig ist daher auch keineswegs ein Einzelfall. Dagegen aufzubegehren und zu fordern, dass diese Moschee schnellstens geschlossen wird, war also längst überfällig. So schwer sich manche Leute auch damit haben mögen, aber ohne staatliche Repressionsmaßnahmen gegen die islamistische Szene, so viel steht jedenfalls fest, wird langfristig kaum ein Protest, kaum ein Zeitungsartikel oder eine Diskussionsabend an deren wachsender Gefahr etwas ändern können.


Das Aktionsbüdnis Leipzig nimmt Platz, welches 2012/13 die Gegenproteste zu den NPD-Kundgebungen organisiert hatte, warf dieser damals eine Gleichsetzung von Muslimen mit Fundamentalisten und Terroristen vor und behauptete, dass die »pauschalisierende Bezeichnung der Al-Rahman Moschee-Gemeinde in Leipzig als salafistisch [...] falsch« sei. Zwar sei ihr Imam, Hassan Dabbagh, »keine unproblematische Figur«, jedoch habe er erfolgreich gegen die Bezeichnung als Extremist gegen den sächsischen Inlandsgeheimdienst geklagt. In einem Magazin des IS wurde im Frühjahr 2017 zum Mord an ihm aufgerufen, weil er sich öffentlich wiederholt gegen Gewalt und Terrorismus aussprach. Jule Nagel verwies gegenüber der LVZ damals auf die geltende Religionsfreheit, forderte, »dass alle Religionen ihre Entfaltung haben müssen« und erklärte, »dass Menschenrechte, Freiheit, diese beiden Werte, das sind, wofür wir [die Gegendemonstranten, d. Red.] auf die Straße gehen«. Der Ring Nationaler Frauen forderte auf seinem Banner hingegen: »Keine Toleranz für religiöse Intoleranz«. Wie bewertet ihr die damalige politische Auseinandersetzung und wie stellt sich die Situation heute für euch dar?


Dass sich Hassan Dabbagh auf der Todesliste des IS befindet, ist uns bekannt. Diese Tatsache ist aber völlig bedeutungslos vor dem Hintergrund seiner Nähe zu Al-Qaida. Wir haben in unseren Äußerungen mehrfach auf seine bis heute existierenden Verbindungen zum islamischen Terrorismus hingewiesen, die unabhängig von seinen öffentlichen Äußerungen weiterbestehen. Das israelische International Institute for Counter-Terrorism mutmaßt, dass Dabbaghs öffentliche, aber zumeist halbherzige und von Relativierungen nur so strotzende, Ablehnung von islamischen Terroranschlägen insbesondere den Ermittlungsverfahren von 2008/09 geschuldet ist, in denen ihm u.a. die Gründung und Mitgliedschaft in einen kriminellen Vereinigung sowie die Anwerbung zu einem fremden Wehrdienst vorgeworfen wurde. Seitdem ist er, zumindest was seine öffentlichen Aussagen, betrifft, eher dem legalistischen Islamismus zuzuordnen, der nicht mehr ausschließlich Gegenstand der Strafverfolgungsbehörden ist.
Sicherlich sind die Verbindungen zum Terrorismus nicht das alleinige Wesensmerkmal dieser Gemeinde. Aber es ist schon mehr als fraglich, warum diese Moschee, deren Vorsteher ein bundesweit bekannter Islamist ist und dessen Predigten nunmal zweifelsohne von salafistischen Lehrinhalten durchzogen sind, keine Rückschlüsse auf deren Zuhörerschaft zulassen sollten. Umgekehrt käme niemand auf die Idee, die Zuhörer von Björn Höcke gegenüber seiner fremdenfeindlichen Hetze in Schutz zu nehmen, weil sie angeblich keine andere Wahl hätten, als gerade ihm zuzuhören.
Dass die NPD gänzlich inakzeptable Motive besitzt, um vor einer Moschee zu demonstrieren, macht letztere deswegen noch lange nicht zu einem Ort, an dem »Freiheit« und »Menschenrechte« heimisch sind. Die Proteste von 2012/13 hätten sich darum gleichermaßen gegen die Moscheegemeinde als auch gegen die NPD richten sollen. Stattdessen hielten es die vernagelten Platznehmer für angebracht, das Problem des Islamismus auf Einzelpersonen wie den dortigen Imam einzugrenzen und die Mehrheit der dort Betenden zu reinen Opferfiguren des rechten Ausländerhasses umzulügen. Es spricht aus dieser Angst vor Pauschalisierungen ebenfalls die landläufige Annahme, dass es neben den stark wachsenden fundamentalistischen Bewegungen im Islam noch einen mehrheitlichen moderaten oder liberalen Islam gäbe. Tatsache ist jedoch, dass liberalen Moscheen, wie die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee von Seyran Ateş in Berlin, so gut wie keinen Einfluss innerhalb der muslimischen Kreise in Deutschland besitzen. Frau Ateş hat den ohne Zweifel löblichen Versuch unternommen, einen Euroislam zu etablieren, der gänzlich ohne ein regressives Normgeflecht auskommt. Dass Frauen gemeinsam mit Männern beten sollen, kein Kopftuch tragen müssen und keine Menschen zweiter Klasse mehr sind, hat ihr allerdings den Vorwurf eingebracht, eine Verweiblichung des Islam bewirken zu wollen und sie wird nunmehr mit derart vielen Morddrohungen belegt, dass sie bis heute unter permanentem Polizeischutz steht. Ebenso ergeht es den wenigen anderen liberalen Muslimen, die ihre Kritik öffentlich machen. Das der einzige liberal-islamische Verband in Deutschland weniger als 0,1 % der hier lebenden Muslime vertritt, spricht für sich. Es ist also kein Zufall, dass es in Leipzig keine liberale Moschee gibt und ausgerechnet die salafistische Al-Rahman Moschee die größten Besucherzahlen verzeichnet. Obwohl es unter Muslimen kaum Stimmen gibt, die sich gegen die antiliberalen und fundamentalistischen Charakterzüge des Alltagsislams erheben, welche im Salafismus nur konsequenter ausgesprochen werden, glauben insbesondere viele Linke noch immer daran, dass es eine stille Liberalisierung im Islam gäbe, der man nur genügend Zeit und Vertrauen entgegenbringen müsse. Von Menschen jedoch, die lieber in eine Moschee mit einem salafistischen Prediger gehen als in gar keine Moschee, müssen wir nicht erwarten, dass ihnen Individualismus, Frauenrechte oder der Genuss der Lebensfreuden sonderlich wichtig sind. Dass alle Besucher der Al-Rahman Moschee eingefleischte Salafisten sind, das haben wir indes an keiner Stelle behauptet.




Auch mit Blick auf die damalige Auseinandersetzung um die Al-Rahman Moschee, in der ›linke Gruppen‹ einen salafistischen Gebetsort verteidigten, war davon auszugehen, dass es erneut zu Reaktionen aus von dieser Seite kommen wird. So warfen euch einige Aktive der Gruppe Prisma mangelnde Sensibilität bei der Wahl der Aktionsform und fehlende Differenzierung zwischen Islam und Islamismus vor und schlugen stattdessen die Aufnahme eines Dialogs mit den muslimischen Gemeinden zur Stärkung progressiver Strömungen vor. Das Netzwerk gegen Islamfeindlichkeit und Rassismus Leipzig warf euch Islamfeindlichkeit vor und baute neben eurer Kundgebung einen Infostand auf, den sie nicht als Kundgebung gegen die Kritik an Dabbagh verstanden wissen wollte, sondern als Dialogangebot und Solidarisierung mit aus ihrer Sicht von euch »verunglimpften« »Muslim_Innen [...], die ihren religiösen Glauben frei und selbstbestimmt« in der Moschee ausüben wollen (»unbeteiligt Betende«). Wie beurteilt ihr diese Kritik bzw. die Aktion?


Wir haben einmal mehr mit Unverständnis zur Kenntnis nehmen müssen, dass es Linke gibt, die den Islam vor Kritik in Schutz nehmen und das auch ganz offen aussprechen. Überrascht hat uns das allerdings nicht, denn seit Jahren schon gebärden sich Kulturrelativisten von Links mit größter Nachsicht gegenüber allen Scheußlichkeiten, die der Islam mit sich bringt. Man könnte jetzt auf die jährlich vorkommenden dutzenden islamisch motivierten Ehrenmorde in Deutschland verweisen, die in linken Kreisen konsequent verschwiegen werden, auf die Zwangsverheiratung von minderjährigen Mädchen, die entwürdigende Verschleierung von Frauen, die man abends nicht mehr auf der Straße sieht, die patriarchalen und lebenslangen Familienbande, aus denen ein Austritt nur unter größten Anstrengungen möglich ist, auf ein trostloses Leben voller Verzicht oder auf islamischen Terrorismus. Es gibt schlicht und ergreifend kein einziges islamisch dominiertes Land, keine einzige islamische Commnity, in denen Lebensverhältnisse herrschen, die in irgendeiner Form wünschenswert wären. Dennoch beharren linke Islamfreunde unermüdlich darauf, dass es keinen Grund zur Aufregung gäbe und sehen überall nur populistische Scharfmacher am Werke. Außerdem schämen sie sich, gegenüber einem mehrheitlich migrantischen Milieu für Werte einzutreten, deren Entstehungsgeschichte nun mal zufälligerweise nicht am Euphrat beginnt. Ganz gleich aber, wo die Ideen des Säkularismus, der individuellen Freiheit und des Privatwohls ihren Ursprung genommen haben: Ihre Legitimität sollte universell gelten und die Forderung ihrer Verwirklichung ist ein Imperativ der Humanität.
Wie wenig dieser Imperativ noch wirkmächtig für eine linke Kritik der Gegenwart ist, lässt sich am Beispiel der Gruppe Prisma besonders gut darstellen. Diese befüllte unseren Meckerkasten mit einem Schreiben, in der sie uns von der Unmöglichkeit überzeugen wollte, Kritik am Islam zu üben, ohne dabei rassistischen Ressentiments zu erliegen. Mit dem Antisemiten Edward Saïd argumentierten die Interventionisten dafür, dass die islamische Welt zu Unrecht seit jeher als negatives Identifikationsobjekt abendländisch-christlicher Identität herhalten musste. Diese als »Othering« bezeichnete projektive Feinderklärung gegenüber einem Anderen sei einzig zu verstehen in der Funktion, dass die eigene Gruppe damit hochgelobt werde. Das Problem dieser Argumentation besteht nun einfach darin, dass sie verschweigt, dass die westliche Zivilisation gegenüber der islamischen Welt nun einmal tatsächlich das der Emanzipation der Menschheit zuträglichere Projekt ist. Sie ist fortschrittlicher darin, dass sie die Persönlichkeitsentwicklung der Einzelnen, die Freiheit derselben gegen das Kollektiv, das Privatwohl und die Freizügigkeit historisch in einem Maße verwirklicht hat, das noch nirgendwo sonst erreicht wurde. Es ist richtig und wichtig, diese Werte zu jeder Zeit hochzuhalten und auch gegenwärtige Tendenzen innerhalb westlicher Gesellschaften zu bekämpfen, die von diesen Errungenschaften abrücken. Gleiches gilt aber vor allem auch gegenüber den islamischen Communities, die sich ja gerade dadurch auszeichnen, dass sie nicht im guten Sinne verwestlicht werden wollen. Warum sich der Liberalismus ausgerechnet in Europa und den USA zuerst durchsetzen konnte, bedarf einer längeren Erklärung. Fest steht jedenfalls, dass es blanker Hohn ist, dass sich die Gruppe Prisma ausgerechnet den mittelalterlichen Theologen Thomas von Aquin zum klassischen Vertreter jenes »Otherings« herausnimmt. Denn der historische Verdienst von ihm besteht darin, dass er, wie kein anderer vor ihm, versucht hat, das Christentum nicht mehr als ein durch Dogmen getragenes Glaubenssystem aufzufassen, sondern dasselbe durch die Anwendung von Vernunft zu begründen. Seine umfassende Anwendung aristotelischer Philosophie auf die christlichen Lehren waren zu dieser Zeit derart fortschrittlich und überzeugend, dass er von der katholischen Kirche heilig gesprochen und seine Studien zur offiziellen Kirchenlehre erhoben wurden. Die von der katholischen Kirche akzeptierte Verbindung von Philosophie und Religion hat das Recht der Vernunft etabliert, im Zweifel auch gegen religiöse Normen Einspruch erheben zu können. Die Aufklärung ist darum zuvorderst nicht gegen das Christentum, sondern in ihm selbst voran getrieben wurden. Jenes Primat der Vernunft ist aber jedenfalls ein Merkmal, dass dem heutigen Islam nahezu gänzlich abgeht – die historischen Vertreter seiner Theologie, die solche Modernisierungsbestrebungen einst teilten, wurden hingerichtet und haben heute nahezu keinen Einfluss mehr. Unter anderem darin besteht der Grund, weshalb dem Vertrauen in die Reformierbarkeit des Islam deutliche Grenzen gesetzt werden müssen. Ohne dieses Drängen auf eine Veränderungsbereitschaft der islamischen Lehre ist ein Dialog mit islamischen Verbänden oder einzelnen Muslimen vor der Al-Rahman-Moschee, wie es das Netzwerk gegen Islamfeindlichkeit getan hat, nichts als falsche Toleranz gegenüber einer reaktionären Ideologie.


In den letzten Monaten wurde die Frage der ›Islamkritik‹ in der sogenannten ›linken Szene‹ in Leipzig kontrovers diskutiert. Anlass dazu gab der Vortrag des umstrittenen Autors Thomas Maul. Die Debatte gipfelte gar in Boykottaufrufen gegen das Conne Island, in dem Maul nach einer Raumabsage kurzfristig referieren durfte. Warum ist das Thema der Kritik des Islams in der sogenannten ›radikalen Linken‹ so sehr umstritten, obwohl doch schon für Karl Marx die Kritik der Religion als Voraussetzung jedweder Kritik galt?


Vor einer Moschee zu demonstrieren gilt für einen großen Teil des linken Mainstreams vor jeder Realitätsprüfung per se schon als eine rassistische und pauschalisierende ›Entsolidarisierung mit Flüchtlingen‹ und kann für jene daher nichts anderes sein, als eine Imagekampagne für rechte Populisten. Ebenso verhält es sich mit der Kritik des Islam im Allgemeinen. Die vehementen Gegner einer jeden konsequenten Kritik des Islam, das zeigt sich in diesem Falle ganz deutlich, agieren mittels ihrer antirassistischen Ideologie ein antiwestliches Ressentiment aus. So liegt es für Juliane Nagel beispielsweise auf der Hand, dass man »die Grenze zu islambezogenen Rassismus überschreitet«, wenn man die »Kritik an Dabbagh auf Moscheegänger*innen« überträgt, wie sie es uns in einer E-Mail vorwarf. Während es an dem salafistischen Imam mit Al-Qaida-Verbindungen also selbst von den hartgesonnensten Kulturrelativisten nichts zu beschönigen gibt, so seien doch immerhin die Moscheebesucher überaus harmlose Exemplare der Gattung ›Flüchtling‹, die nach wie vor nichts als ein zu schützendes Kulturgut darstellen und offenbar auch nichts anderes darstellen sollen. Bereits an dem Ausdruck »islambezogener Rassismus« zeigt sich allerdings das gesamte Verhängnis der antirassistischen Identitätspolitik, die sich zumindest formell von dumpfer Fremdenfeindlichkeit in wesentlichen Punkten überhaupt nicht mehr unterscheiden lässt. Denn beide, fremdenfeindliche Scharfmacher einerseits wie kulturrelativistische Antirassisten andererseits, sind sich ohne es zu wissen darin einig, dass sie den Menschen ihre kulturelle und religiöse Sozialisation gleich einer natürlichen Eigenschaft anhaften. Während daraus in dem einen Fall der Befund einer Nichtintegrierbarkeit festgestellt und im Chor zur allgemeinen Abschiebung aufgerufen wird, heißt es von der anderen Seite, dass die Forderung nach Anpassung und Aufklärung von in islamischen Ländern sozialisierten Menschen nichts als eurozentristische Überheblichkeit sei, also nur ein altes chauvinistisches Ressentiment. Wir hingegen appellieren an eine Veränderungsfähigkeit der Menschen und wissen daher unsere Kritik des Islam von den individuellen Entwicklungsmöglichkeiten der Einzelnen sehr wohl zu unterscheiden. Darin unterscheiden wir uns sowohl von rechten Fremdenfeinden, als auch von ihren linken Spiegelbildern.
Noch ein Wort zu Karl Marx: Es wird gern unterschlagen, dass die Marxsche Kritik der Religion nicht ohne weiteres auf den Islam übertragen werden kann. Denn seine Forderung nach einer »positiven Aufhebung der Religion« beinhaltet die konkrete Verwirklichung einer Hoffnung auf ein besseres Leben, die nicht im Kopf von Marx entsponnen ist, sondern, wie oben schon erwähnt, im Christentum bereits vorhanden war – nur eben noch nicht als revolutionäres Programm, sondern als eine jenseitsgewendete, illusorische Hoffnung. Insofern ist auch sein berühmter kategorischer Imperativ als immanente Konsequenz des Christentums zu lesen. Denn nur, wenn die »Kritik der Religion mit der Lehre endet, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei«, lässt sich der kategorische Imperativ begründen, dass alle Verhältnisse umgeworfen werden müssen, in denen dies nicht gilt. Der Islam kann aber nicht in diesem Sinne positiv aufgehoben werden, da in ihm weder Glücksversprechen dieser Art noch die Idee einer ungeteilten Menschheit vorliegen, aus denen sich eine praktische Forderung als Imperativ der Humanität ergeben könnte. Dies wusste insbesondere auch schon Karl Marx selbst. So schrieb er bereits 1854: »Der Koran und die auf ihm fußende muselmanische Gesetzgebung reduzieren Geographie und Ethnographie der verschiedenen Völker auf die einfache und bequeme Zweiteilung in Gläubige und Ungläubige. Der Ungläubige ist [...] der Feind. Der Islam ächtet die Nation der Ungläubigen und schafft einen Zustand permanenter Feindschaft zwischen Muselmanen und Ungläubigen.« Weil der Islam zu seinem Ausgang also nicht den allgemeinen Menschen hat, können aus ihm auch nicht allgemein menschliche, d.h. vernünftige Forderungen erwachsen. Die heutige Kritik des Islam hat also gänzlich andere Voraussetzungen, als die des Christentums zu Zeiten von Karl Marx.


Im Aufruf unterstreicht ihr die Dringlichkeit eures Anliegens mit dem Verweis darauf, dass es laut dem Bundesinlandsgeheimdienst in Deutschland fast genauso viele Islamisten wie Rechtsextremisten gibt, allerdings keine vergleichbaren Präventionsprogramme oder zivilgesellschaftliche Gegenwehr. Ohne näher auf die Beurteilungskompetenz deutscher Geheimdienste in diesen Fragen eingehen zu können: Die sächsische Behörde sieht das Personenpotenzial von Islamisten hierzulande »bei bundesweit vergleichsweise geringfügigem Niveau« von 390, wohingegen sie 2600 Rechtsextremisten, also mehr als das 6,5-fache, zählt. Kurz: Bekämpft ihr hier nicht einen Papiertiger?


In der Tat ist die islamistische Szene in Sachsen noch nicht annähernd so stark verteten wie in anderen Bundesländern. Nichtsdetotrotz ist die Al-Rahman-Moschee ein gefährliches Radikalisierungszentrum und damit alles andere als ein Papiertiger. Zu welchen Taten selbst einzelne radikalisierte Islamisten in der Lage sind, ist bekannt. Auch der islamische Terrorist Anis Amri, der in Berlin einen gestohlenen LKW mitten durch einen Weihnachtsmarkt steuerte, fand in einer salafistischen Moschee das Umfeld, das ihn letztlich zu seiner Tat bewog. Darüber hinaus ist diese Moschee Ausdruck einer misslungenen Integrationspolitik. Für nicht wenige Flüchtlinge, die nach Leipzig gekommen sind, ist diese Moschee zu einem Ankerpunkt geworden, deren Gefahr viel zu lang schon verschwiegen oder verharmlost wurde.

Das Freitagsgebet in der Al-Rahman-Moschee besuchen regelmäßig bis zu 1000 Muslime. Gibt es für diese bestehende Alternativen, auch für den Fall, dass der Trägerverein, wie von euch gefordert, staatlich verboten wird? Haltet ihr einen Dialog mit oder gar die Stärkung von gemäßigten muslimischen Gemeinden oder Religionskritik für die richtige Strategie?


Selbstverständlich ist die Unterstützung von liberalen muslimischen Gemeinden notwendig und wichtig. Aus diesen Kreisen wird jedoch oft die Enttäschung darüber ausgesprochen, dass sie insbesondere von der deutschen Linken so gut wie keine Unterstützung erhalten. Andererseits sind diese liberalen Bestrebungen eines sogenannten Euroislams derart marginal, dass man darauf nicht alle Hoffnungen setzen sollte. Es gibt in Leipzig beispielsweise keine liberale Moschee. Schuld daran ist aber weder die sächsische Landesregierung, noch die AfD oder Thomas von Aquin. Dieser Mangel ist, wie schon angesprochen, Ausdruck eines innerislamischen Problems. Unsere Möglichkeiten sind daher mehr als begrenzt. Ein Verbot der Al-Rahman-Moschee, wie wir es fordern, kann daher nur eine Minimalforderung sein, die zumindest den gefährlichsten Scharfmachern Grenzen setzen und einer weiteren Einflussnahme der islamistischen Szene Einhalt gebieten könnte.

Im Aufruf schreibt ihr von der Herausforderung, Muslime in die Gesellschaft zu integrieren, »deren praktizierter Alltagsislam nicht wenige zivilisatorische Errungenschaften tagtäglich mit Füßen tritt«. Könnt ihr dazu ein paar Beispiele nennen? Habt ihr Lösungsvorschläge?


Die Religionsfreiheit wurde als ein Recht der Persönlichkeit geschaffen, dass die private Auslebung des Glaubens vor staatlichen Eingriffen schützt. Historische Voraussetzung dieses Rechtes war aber das moderne Christentum, das bereits eine Trennung von Privatheit und Öffentlichkeit für sich kannte und somit als Privatreligion in den moderen bürgerlichen Rechtsstaat integriert werden konnte. Der Islam kennt diese Trennung der Privatsphäre und politischer Öffentlichkeit in dieser Form aber nicht. Er ist eine Gesetzesreligion, deren verschiedene Strömungen sich trotz zahlreicher Differenzen darin angleichen, dass die religiösen Vorschriften tendenziell in das gesamte Leben der Menschen eingreifen. Schon die Form dieser Religion hat daher einen politischen Charakter, der zur allgemeinen Durchsetzung seiner Ver- und Gebote drängt. Indem der Islam bis auf ein paar wenige Ausnahmen nicht als eine harmlose Privatreligion, sondern in seiner Mehrheit als politisches Programm auftritt, muss er auch konsequent als das bekämpft werden, was er zur Zeit ist, nämlich eine politische Ideologie. Wenn die islamisch motivierte Unterdrückung von Frauen, Homosexuellen, Juden oder sogenannten Ungläubigen für die Linke noch keinen Anlass bietet, dagegen aufzubegehren und stattdessen jede Kritik des Islam unter Rassismusverdacht gestellt wird, dann muss man sich schon die Frage stellen, worauf diese vorsätzliche Blindheit eigentlich gründet. In Europa wurden seit dem Jahre 2000 sämtliche antisemitischen Morde von Muslimen begangen. Der islamische Antisemitismus ist gegenwärtig der virulenteste und gefährlichste seiner Art – sowohl für Juden in der Diaspora als auch für den Staat Israel. Begründet wird dieser Sachverhalt vor allem damit, dass die Konfrontation mit den modernen kapitalistischen Lebensverhältnissen den islamischen Gesellschaften und Communities Anforderungen entgegenstellt, welche eine typisch autoritäre und patriarchale Vergemeinschaftung mehr und mehr verunmöglicht. Diese erzwungene Anpassung und Säkularisierung konterkariert nun in schärfster Weise die Vorstellung einer vermeintlich islamischen Überlegenheit gegenüber den Ungläubigen und wird folglich als ›Verjudung‹ empfunden. Dass die Abwehr der eigenen Subjektwerdung im fanatischen Hass gegen die Juden mündet, ist derweil kein Zufall. Denn in den Juden sehen Antisemiten aller coleur das historische Subjekt aller, die vormodernen Stammesbande zerbrechenden abstrakten Vergesellschaftungsweisen und ihrer Geschichte. Ebenso wie der Judenhass muss im Zusammenhang mit dem Islam auch dessen Frauenverachtung erwähnt werden. Die schiere Masse an Zwangsverheiratungen von teils minderjährigen Mädchen, die von islamischen Familien und Communities oftmals schon im Kindesalter zum Tragen des Kopftuches gezwungen werden sowie deren Ausschluss von Klassenfahrten, Schwimmunterricht in Schulen oder die ständige Kontrolle durch männliche Familienmitglieder lässt leider nicht alle Feministen aufschreien. Dass jährlich dutzende Mädchen und Frauen, die sich solch islamisch-patriarchalen Familienstrukturen entziehen und an der hierzulande sonst üblichen Freizügigkeit partizipieren wollen, von ihren Familienmitgliedern ermordet werden, scheint dem linken Mainstream ebenfalls gleichgültig zu sein. Allein im Jahre 2018 wurden nach unabhängigen Quellen mindestens 75 solcher Morde verzeichnet – und das allein in Deutschland. Dieser systematische Terror gegen Frauen und Mädchen in islamischen Parallelgesellschaften löst nicht einmal ansatzweise das erforderliche Maß an zivilgesellschaftlichem Protest oder Solidarität mit den betroffenen Frauen aus, das notwendig wäre.

Ihr warnt vor einer Gefährdung von »Frauen, Homosexuellen, Juden und Andersgläubigen« durch Muslime. Angehörige dieser Gruppen sind auch unabhängig vom Islam gesellschaftlicher und rechtlicher Diskriminierung ausgesetzt. Laut der aktuellen Leipziger Autoritarismus-Studie stimmen unter Ostdeutschen beispielsweise ca. 9% manifest und weitere knapp 30% latent antisemitischen Aussagen zu. Hat Dabbagh dann nicht sogar recht,
wenn der Imam mit der deutschen Staatsbürgerschaft bei Maischberger zum Thema
Was ist ein guter Deutscher? bekannte, er fühle sich »100%ig integriert«? Oder besteht unabhängig von der Triftigkeit entsprechender Einstellungen bei Muslimen nicht die Gefahr, dass gesellschaftlich weit verbreitete Elemente gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auf eine gesonderte Gruppe projiziert werden, von der sich laut derselben aktuellen Studie ohnehin die Hälfte der Ostdeutschen »überfremdet« fühlen und ihre Zuwanderung untersagt sehen möchte?


Selbstverständlich sind »unabhängig von der Triftigkeit entsprechender Einstellungen bei Muslimen«, wie ihr sagt, jene Muslime in Deutschland Projektionsfläche so mancher rechter Fremdenfeinde. Es müsste aber vor allem genau unterschieden werden, an welcher Stelle eine berechtigte Kritik des Islam und seiner Konsequenzen für das Zusammenleben hier zu Lande in fremdenfeindliche Ressentiments umschlägt. Anstatt diese Frage am Problemgegenstand zu messen, wird den Kritikern des Islam aber oftmals schon im voraus pauschal eine fremdenfeindliche Motivation untergeschoben. Es ist aber kein Geheimnis und in zahlreichen Studien stets aufs Neue dargelegt worden, dass beispielsweise der Antisemitismus und die Israel-Feindschaft unter Muslimen weitaus häufiger auftreten als unter der deutschen Bevölkerung. Je nach Studie weisen antisemitische Neigungen in dieser Gruppe sogar Werte weit über 60% auf. Die Angst, dass ›rechte Diskurse‹ gestärkt werden könnten, wenn Probleme auch nur angesprochen werden, die zweifelsohne auf eine islamische Sozialisation verweisen, hat dazu geführt, dass ein regelrechtes Tabu über die Islamkritik verhängt wurde. Jenes ermöglicht es rechten Politikern wiederum, sich erfolgreich als Tabubrecher aufzuführen und das Offensichtliche mit rebellischem Unterton auszusprechen. Das linksliberale, teils auch kulturrelativistisch motivierte Islamappeasment trägt also zweifelsohne eine gewisse Mitschuld am derzeitigen Aufstieg der Rechtspopulisten. Rechten Fremdenfeinden die Kritik am Islam zu überlassen, halten wir daher für den eindeutig falschen Weg, da er in letzter Konsequenz auch die Kritik an der AfD beschädigt. So nämlich, dass sie sich bislang nicht ganz zu Unrecht als einzige islamkritische Partei in Deutschland gerieren kann und damit eben auch Menschen auf ihre Seite zieht, die unter anderen Umständen eine solche Partei nicht gewählt hätten.


Die Al-Rahman-Moschee ist nicht die einzige Wirkstätte islamistischer Organisationen in Leipzig. Neben der Muslimbruderschaft, die unter der Bezeichnung Sächsische Begegnungsstätte ein Objekt in unmittelbarer Nachbarschaft unterhält, verfügt auch die kurdisch dominierte Türkische Hizbullah laut dem sächsischen Inlandsgeheimdienst über eine bedeutende, ihr nahestende Moschee. DiTiB und die sog. »grauen Wölfe« sollen hier nur genannt werden. Habt ihr weitere Informationen hierzu bzw. plant eure Initiative perspektivisch auch gegen diese Kreise vorzugehen?


Wie schon erwähnt, gibt es in Leipzig keine liberale Moschee. Neben der Al-Rahman-Moschee gibt es mit der DiTiB-Moschee auf der Eisenbahnstraße auch noch die Ahmadiyya-Gemeinde in Gohlis und zahlreiche kleinere islamische Gemeinden, über deren Bedeutung und Einfluss wir nicht viel sagen können. Wie sich aber bereits an dieser Aufzählung zeigt, ist der Islamismus, ob nun salafistischer oder türkisch-nationalistischer Ausprägung, die bei Weitem dominanteste Strömung unter den organisierten Muslimen in Leipzig. Wir streiten dafür, dass auch in der Leipziger Linken endlich eingesehen wird, dass diese Stadt und seine Muslime ein gewaltiges Islamismus-Problem haben, dem nicht länger schweigend zugestimmt werden sollte.

11.02.2019
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