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Die Flucht nach vorn soll im Innersten ankommen. Soul
steht drauf und ist in erster Linie DRIN. Gäbe es das Rotationsprinzip im
Pop, könnte man leichtsinnig davon sprechen, daß eben jetzt mal
wieder Soul an der Reihe ist. Doch im ureigensten Sinn verbirgt sich eine
Verschiebung UNTER dem Bereich der Hörgewohnheit. Zwar intuitiv aber nicht
metaphysisch. Denn: Soul is back. Was meint, hier schleunigst Defizite abbauen
zu müssen. Natürlich gibt uns der Swingbeat einen Halt, den wir aus dem vermeintlichen Epizentrum Hip Hop interpretierbar wähnen. Doch Soul ist nicht etwa vorbeigeglitten, sondern direkt aus dem Schlafzimmer oberflächlicher Gourmets zu einem Magneten wie dereinst in den sechziger und siebziger Jahren - vor Funk und Disco und Hip Hop - geworden. Mit dem Unterschied, daß ein Verdrängungsmechanismus heute gar in sein Gegenteil verkehrt wurde. Wechselseitiges Anziehen beharrt dann auf der Unterscheidung zwischen dem und dem. Was nötig ist, wird offenbart aber nicht preisgegeben. Ein Soulverständnis, das den Begriff Singer-/Songwriter freigibt und damit den Zugang without Hip Hop ermöglicht, ohne Hip Hop zu ignorieren: Hardcore wie Ice Cube, der ebenfalls aus Los Angeles kommt und über Dinge spricht, die in Kalifornien geschehen. Ich bin in dieser Gegend aufgewachsen, ich verstehe die Gefühle dort, das, wovon diese Leute erzählen, meint Cunnie Williams. Mit seinen 33 Jahren gar nicht weit entfernt vom Verständnis der jungen wie DAngelo, Stepchild, Groove Theory, Tony Rich oder Maxwell. Ähnlich wie diese mag er das 70th-Feeling viel lieber. Marvin Gayes allgegenwärtiger posthumer Einfluß macht dementsprechend auch vor Cunnies Werk nicht halt. Handmade-Soul, der aber auch gar nichts mit Technologiefeindlichkeit gemein hat, legt hier ein Seelenleben offen, wo der Pathos von allein schmilzt. Die urbane Mentalität, von der aus Maxwell operiert, bereitet auch Cunnie den Boden für noch privatere Lyrics, die sich auf seinem aktuellen zweiten Album Love starved Heart (Yo Mama) konsequent an sein sensationelles Debut Comin From The Heart Of Ghetto anlehnen. Unterstützt durch Femi Williams von den Young Disciples und Volker Kurnoth (disJam), gelang unter der Aufsicht Ralf Droesemeyers, der auch für die letzte Randy Crawford-Platte verantwortlich zeichnet, ein seelenweiches Meisterwerk. Eingesponnen in die Referenz an Marvin Gaye, den soften 70s-L.A.-Sound eines Michael Franks und die kalifornische Hip Hop-Schule gelingt Cunnie das Unterfangen, Soul nicht nur als Technik, sondern als Attitüde darzubieten. Der für Soul notwendige Vermittlungswille setzt auf Verständigung. Nicht die Stadt oder das Land im besonderen (Maxwell), sondern ein nachmodernes Global Village als Adressat für non-stereotype Gemeinsamkeiten. Ralf |