• Titelbild
• OMG! Trump wird wirklich Präsident!
• das erste: »Das CEE IEH hat an Schärfe verloren«
• interview: »All die Sachen, die nicht mit dem Conne Island zu tun hatten, die haben überhaupt keinen Sinn mehr gemacht.«
• inside out: Zur Absage an Talib Kweli
• Retrogott & Hulk Hodn
• 25YRS Conne Island Gala
• Against Me!
• Against Me!
• Hot Christmas Hip Hop Jam #14
• DON'T FORGET THE STREETS FEST
• review-corner event: »25YRS HipHop« im Conne Island – Ein Jahresrückblick
• kulturreport: »There's a sort of evil out there«
• doku: Fünf Tage im September 1991
• doku: Fehlende Aufarbeitung
• doku: Waffen für Hoyerswerda
• das letzte: 25 Jahre Mitarbeiter/in der Herzen
• Das Conne Island mit einem Stern bewerten
• Outside the Box #6
J: »Ich hab durch das Conne Island für mich persönlich ganz viel gelernt: wie man mit Leuten redet, wie man Probleme angeht,...«
H: »Wie man Interviews führt...«
J: »...wie man Interviews führt. Nee, das eigentlich nicht so, das mag ich eigentlich nicht.«
H: »Ja, das war auch ein Witz.«
J: »Mhm.«
H: »Ich find das auch seltsam.«
Wie aus einem Gast wieder ein Gast geworden ist. Scheinbar nicht weniger zufrieden als am Anfang, der nun über 20 Jahre zurück liegt. Der Versuch eines Porträts, beruhend auf dem Versuch eines Interviews.
Freitag, 11 Uhr morgens am Conne Island. Die Atmosphäre ist ruhig, beinahe friedlich, bis auf den Autoverkehr im Hintergrund, den man aber vergisst, wenn man sich nicht darauf konzentriert. Was für ein ausgesprochen schöner Ort! Wie man das doch manchmal vergisst, wenn man sich nicht darauf konzentriert. Jan ist noch nicht da. Er hat seine 7-minütige Verspätung per SMS angekündigt. Ich bin pünktlich, aber verkatert. Das muss ich auch gleich äußern, aus Sorge, man könne sonst so etwas wie völlige Nicht-Begeisterung in meinem Gesicht lesen. Jan hat Verständnis und macht uns zwei grüne Tee, mit denen wir uns auf dem Freisitz platzieren. Jetzt also Interview. Ja, was heißt das denn eigentlich? Wir unterhalten uns wohl einfach mal.
Ob Jan das auch als eine wilde Zeit empfindet gerade, frage ich ihn. Für ihn liegt der Unterschied zu früher nicht in irgendeiner Wildheit an sich, sondern in der heutigen Transparenz, die es eben nicht schon immer so gab. Letztens ist er mit seiner Mutter Auto gefahren und die hat ihn was Ähnliches gefragt: »Sag mal, Jan, meinst du nicht auch, dass die Welt völlig aus den Fugen ist?« »War die Welt denn jemals in den Fugen?«, hat er ihr geantwortet. »Stimmt.«
Das Conne Island gibt es nun seit 25 Jahren und seit fast genauso lange gibt es Jan im Conne Island. Angefangen mit 13/14, als er zu Konzerten gegangen ist, wenn es seine Eltern erlaubt haben. Sein großer Bruder hat glücklicherweise in Connewitz gewohnt, wo Jan in den 90ern seine sogenannten Erlebniswochenenden verbringen durfte. Je öfter er im Conne Island war, desto tiefer blickte er hinein in die Materie: hier passiert ja noch viel mehr als coole Konzerte.
Im Vergleich zu früher sei das hier heute ein totaler Hippieladen, sagt Jan. Er meint das positiv. Früher herrschte viel mehr Skepsis allem gegenüber, die auch angebracht war, wie er sagt. Das sei kein Vergleich zu der Offenheit heute.
Es dauerte noch seine vier bis fünf Jahre, bis er anfing, sich mehr einzubringen. Zunächst viel Einlass machen, regelmäßig zum Plenum gehen, helfen, wo es geht. Dann irgendwann, so 98/99, die erste Veranstaltung unter dem damaligen Booker Roli: ein Konzert von der Postrockband Billy Mahonie, Jan's Band Diario als Support. Mit Diario hat er vorher schon mal das Conne Island bespielt, am Schlagzeug übrigens. 2002 die erste Klubveranstaltung: UK-Garage mit MJ Cole.
Und dann, 2004, rief er gemeinsam mit dem damaligen Geschäftsführer Christian die Reihe Electric Island ins Leben. Zur ersten Veranstaltung kamen 30-40 Leute. Jan saß an der Kasse und hat diese um halb zwei geschlossen. Obwohl es so schlecht lief, sollten und wollten die beiden es noch mal versuchen. Zwei bis drei Ausgaben später (damals fand es noch alle drei Monate statt), lief es dann. Und es läuft bis heute.
H: (plötzlich) »Was ist das eigentlich für ein abgefahrenes Feuerzeug?«
(auf Jan's Feuerzeug befindet sich ein Stoffausschnitt, mittig ein Reißverschluss, auf der einen Seite des Feuerzeugs ist dieser geschlossen, auf der anderen Seite etwas geöffnet und es lugt eine nackte Brust hinaus)
J: »Ich weiß auch nicht. Vor allem, das macht doch überhaupt keinen Sinn, aber…«
H: »Das ist super seltsam, ich versteh das nicht.«
J: »Ja, was die Leute sich hier ausdenken...«
H: »Tschuldigung… Was?«
J: »Ich weiß nicht mehr, was ich sagen wollte...«
Das Auflegen wurde bald immer mehr, er ist viel mit seiner Band rumgetourt. »All die Sachen, die nicht mit dem Conne Island zu tun hatten, die hab ich dann auch aufgehört, die haben überhaupt keinen Sinn gemacht«, sagt Jan. Er hat zum Beispiel einige Jahre beim Leipziger Tatort Sets vorbereitet, ca. 2004 mal ein Studium angefangen: Kultur- und Politikwissenschaften. Gar nicht so un-naheliegend, könnte man meinen. Aber Uni war nichts, da ist er nicht drauf klar gekommen.
2006 oder 2007 wurde dann eine halbe Stelle im Booking für Jan geschaffen. Roli hat das damals angeregt mit der Ansage: »Jan ist wichtig für den Laden, den müssen wir hier halten, dem müssen wir ne Struktur schaffen«. Als Roli dann ein paar Jahre später aufgehörte, hat Jan seine ganze Stelle als Booker übernommen.
J: »Ich hol mal noch zwei Tee.«
H: »Ok. Ich geh mal pinkeln.«
Ob Jan heute manchmal noch zum Plenum geht, frage ich ihn. »Nee«, sagt er. Früher habe er das nie verstanden, wenn gerade Leute, die sehr viel Verantwortung hatten, aufgehört haben und sich dann kaum noch eingebracht haben, nicht mehr zum Plenum gekommen sind. Als er dann selbst aufgehört hat, hat er das aber total kapiert, sagt er.
»Ich mach‘s jetzt eher so, dass ich dieses Angebot schaffe an alle: hey, wenn irgendwas ist, meldet euch, ich bin offen dafür, aber von mir kommt nicht: hier, ich will Sachen immer noch so beeinflussen und ihr müsst jetzt das oder macht das lieber so oder macht das lieber so. Also wenn ich gefragt werde, sag ich meine Meinung natürlich, aber da kommt wenig Initiative von mir. Dadurch hab ich dann auch verstanden, wieso das bei allen anderen, die gegangen sind auch so war. Und das ist auch total gut und deshalb funktioniert das Conne Island auch so wie es funktioniert. Es ist nach wie vor attraktiv für neue Generationen und das ist gar keine Frage vom Alter oder so. Sondern, naja, dass diese Blase dann trotzdem immer noch so kleine Luftlöcher hat, wo neue Leute rein können.« Sonst läge ja auch immer noch eine Art Schatten der alten Leute über allem, meint er. Lieber den neuen Leuten genügend Platz lassen, ihren eigenen Weg zu finden, sie einfach machen lassen.
Im Februar 2015 war Jan‘s letzter Abend als Booker: 14 Stunden hat er da zum Electric Island aufgelegt, „was übelst schön war“. Ich ärgere mich ein bisschen sehr, nicht da gewesen zu sein. Das ist nun schon bald zwei Jahre her. Er freut sich über die Außen-/Gastperspektive, die er mittlerweile wieder eingenommen hat: „Und dann merke ich wieder so, ach, was ist das für ein geiler Ort, selbst nach all diesen Jahren.“
+++++Anhang:
J: »Ich hab neulich ne Reportage gesehen über Koala-Bären. Das war traumhaft, die schlafen 20 Stunden am Tag, das fand ich so geil. Das müssen die ja machen, weil die essen so giftige Pflanzen und die brauchen so viel Energie, dass die das verdauen können, dass die halt so viel auftanken müssen und so viel schlafen müssen.«
H: »Krass, aber schlafen die dann am Stück 20 Stunden?«
J: »Das weiß ich nicht, so doll gings da auch nicht darum, das war nur so ein Part. Da hab ich mir dann so vorgestellt, was ich dann mit den 4 Stunden machen würde: zu REWE gehen, noch zwei Folgen gucken von ner Serie,...«
Übrigens, am 15. Januar im Conne Island: 10 Jahre Manamana-Feierei, ab nachmittags, mit Kaffee und Kuchen.
Helen