Mo Di Mi Do Fr Sa So 
00 00 00 00 00 00 01 
02 03 04 050607 08 
09 10111213 14 15 
16 17 18192021 22 
23 24 25 26 27 28 29 
30 31 

Aktuelle Termine

CEE IEH-ARCHIV

#222, April 2015
#221, März 2015
#220, Januar 2015
#228, November 2015
#229, Dezember 2015
#227, Oktober 2015

Aktuelles Heft

INHALT #228

Titelbild
Editorial
• das erste: Der Darkroom als Black Box
Antifa Gençlik. Eine Dokumentation (1988-1994)
Der Letzte der Ungerechten
Block Party im CI mit: Radio Love Love (Hulk Hodn, Twit One & Memyselfandi) Eloquent & Hulk Hodn (Sichtexot) Skor Rokswell & Rufus Grimes & Shape (VARY)
The One — Unplugged
DRUM AND BASS RELOADED 2000 Teil 3
Rocko Schamoni & Tex M. Strzoda
Sheer Terror + Lousy + The Detained
Le Butcherettes
Gespräch mit Peter Finkelgruen und Filmvorführung von «Unterwegs als sicherer Ort»
Turnstile + Forced Order
WORD! cypher
Klub: Electric Island presents: KANN X GIEGLING X 24h
Die Nerven
„Zweimal nein heißt einmal ja“?
Ryker´s, Scheiße Minelli und Risk it!
OXO 86 + Support
• review-corner event: 1st Transnational Beyond Europe Camp: Solidarity Against the Exploitation of Life by Capital and State
• review-corner event: «Bildet Banden!» Für eine solidarische und diskriminierungskritische Kulturarbeit
• review-corner film: Pixels
• review-corner buch: „Gib auch uns ein Recht auf Leben!“
• doku: »Wir sind das Pack«: Von Hoyerswerda nach Heidenau
• doku: Schein der Freiheit
Herbst
• das letzte: Vegetativ-Recherche von der Rückbank

LINKS

Eigene Inhalte:
Facebook
Fotos (Flickr)
Tickets (TixforGigs)

Fremde Inhalte:
last.fm
Fotos (Flickr)
Videos (YouTube)
Videos (vimeo)



Pixels

Warnung! Die politische Filmeecke enthält Spoiler über Inhalt und Ausgang des Films, da nur so alle politischen Merkmale ausgewertet werden können. Wer also noch unvoreingenommen einen Film sehen will, der hier rezensiert wird, sollte die Filmeecke erst nach dem Anschauen des Films lesen.

Warnung zwei! Wer vorhat diesen Film zu sehen, sollte das nicht tun! Oder zumindest nur, sofern mensch nichts dafür bezahlen muss. Natürlich nur, wenn mensch eingeladen wird oder unter anderen kosteneffizienten Umständen dazu kommt - ich rede natürlich nicht von Streams oder Downloads aus dem Internet. Warum nicht? Dafür empfehle ich das Lesen dieser Filmauswertung.

Zuvor sollte mensch wissen, dass der Hollywoodfilm auf einen französischen Kurzfilm von Patrick Jean aus dem Jahre 2010 basiert. In dem geht es darum, dass Videospielfiguren die Erde angreifen und diese dann nach und nach zerstören, bis sie zu einem großen Pixelblock wird und das in gerade einmal zweieinhalb Minuten. Das dazu. Auf geht‘s zum eigentlich rezensierten Film.

Der Pixels von 2015 schafft es auf immerhin satte 105 Minuten und im Allgemeinen wurde der Film als «Mittelmäßig» bewertet (IMDb 5,6/10; Moviepilot 5,4/10; Filmstarts 3,5/5). Also mittelmäßig sehenswert oder etwa nicht?

Dann Bild an, Popcorn her und alle Handys aus!

Der Einstieg ist auch gar nicht mal so übel. Alles beginnt auf der ersten Videospielmeisterschaft, wo die Jungversion von Hauptcharakter Sam Brenner (der in ausgewachsen von Adam Sandler zum Besten gegeben wird) gegen den «Fireblaster» Eddie Blaster – durch Peter Dinklage in Originalgröße verkörpert – im Endspiel um die Meisterschaft kämpft. Ein Video von diesem Match soll mit anderen zusammen ins All gesandt werden, um Aliens einen Einblick in die Menschheit zu geben.

Kurzum gewinnt «Fireblaster» und während sein Kumpel Will Cooper, der ihn begleitete, zum Präsidenten wird, schafft es der kleine Sam Brenner leider nur in den Technikreparaturservice der «Nerd-Brigade«. Präsident Will Cooper ist dabei in Form eines Kevin James nicht die hellste Leuchte im Kronleuchter des weißen Hauses und mensch möchte fast eine Kritik an der US-Regierung sehen. Aber eben nur fast. Denn der Präsident regiert und der eigentliche Held wird in ein Haus gerufen, in dem eine frisch geschiedene Frau lebt, die ihrem kleinen Jungen im bravourösesten Scheidungselternklischee das tollste Heimkinosystem gekauft hat. Nun kommt aber doch eine kleine Überraschung: Spielt Adam Sandler da wirklich einen einfühlsamen, intelligenten, schlagfertigen Typen, der gar nicht mal so ein Mann ist, wie ihn die Gesellschaft gern hätte? Ja tut er. Und ich hab es auch nicht geglaubt. So sitzt Adam Sandler a.k.a. Sam Brenner in einem Wandschrank mit einer Frau und unterhält sich mit ihr über ihr und sein Leben, während sie sich mit einem Fläschchen Wein gesprächig halten. Gar nicht so blöd, wenn mich nur nicht immer wieder das Gefühl beschleichen würde, dass diese Unmännlichkeit kein positives, sondern ein negatives Merkmal sein soll. Zum Beispiel kommt es zu einer herrlich romantischen Situation, in der Sam Brenner versucht die frisch geschiedene alleinerziehende Mutter, mit der er gerade dieses intensive tiefgründige Gespräch hatte, zu küssen und dabei kläglich scheitert. Nicht, dass das maßgeblich störend wäre, aber mir schießt nur in den Kopf: «Ryan Gosling hätte an dieser Stelle des Films wahrscheinlich bereits einen Heiratsantrag von ihr bekommen.» Wie sich herausstellt, handelt es sich bei der Frau um Violet Van Patten, gespielt von Michelle Monaghan, und wer möchte, darf an dieser Stelle einmal raten, ob wohl Protagonist Sam Brenner und Violet Van Patten zusammenfinden. Gehört wohl zu Hollywood wie die USA-Flagge in jeder dritten Einstellung.

In der Zwischenzeit haben irgendwelche ominösen Aliens, die den Zuschauenden den ganzen Film über nicht vorgestellt werden, das Video als Kriegserklärung verstanden. Den Rest der mitgesandten Videos scheinen sie leider nicht so richtig angesehen zu haben und benutzen diese nur zur Kommunikation, indem sie die Videos so verändern, dass Nachrichten dabei herauskommen.

Unser Protagonist Sam Brenner hat nebenbei noch Verstärkung bekommen von «Wonderkid» Ludlow Lamonsoff alias Josh Gad. Diese fragwürdige Verkörperung aus Verschwörungstheoretiker, Computerfreak und Pseudogenie mit Psychose ist eben genau das: fragwürdig.

Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir zum dritten Mal die Hand an die Stirn geschlagen und frage mich, ob ich diesen Film tatsächlich noch zu Ende sehen soll. Ich merke wie die Story des Kurzfilms von zweieinhalb Minuten gestreckt wurde… auf fast zwei Stunden. Das kann ja nur gut gehen.

Die drei Nerds, bestehend aus unserem Protagonisten «Wonderkid» und Mr. President persönlich, erkennen als erste die Gefahr und werden unliebsam in den Kreis der Berater aufgenommen, um den Alienangriff abzuwehren. Die sich als oberste Wissenschaftlerin entpuppende Violet, die alleinerziehende frischgetrennte Mutter, hat auch schon eine Waffe erfunden, welche mit Lichtstrahlen schießt und die Pixel der Alienkreationen in Form von Arcadefiguren in drei Dimensionen zerschießen kann. Und an dieser Stelle muss ich es doch noch loswerden: ES HEISST VOXELS WENN ES 3D IST!!! Voxel ist ein Pixel mit Volumen. Ein Pixel hat nur eine Länge und Breite, aber ein Voxel hat auch Tiefe - deswegen Volumen-Pixel. Ein Pixel ist so zweidimensional, wie die Denkweise der Drehbuchautoren. Der Geschichte fehlt nämlich auch jede Tiefe.

Die Nerds werden ausgesandt, um eine Eliteeinheit Marines im Kampf gegen Arcadespiele auszubilden. Was so mäßig funktioniert. Denn hier findet sich wieder das «Wonderkid», das schon immer männlicher sein wollte und voll einen auf Kommandant vor den Soldaten macht und mensch vor Fremdscham den Kopf auf den Tisch kloppen will. Ein Nerd, der auf männlich macht. Da wird sich diese Gruppe Menschen, die sich möglicherweise in diesen Begriff einordnen würde, herzlich bedanken, ein weiteres Mal in diesem Film blamiert und degradiert zu werden. Interessant wird es auch, als die perfekt ausgebildeten Marines auf einmal nur noch daneben treffen und die Nerds sich die Lichtwaffen schnappen und mit jedem Schuss einen Treffer landen. Klar ist jede Form von Militär, ob Bundeswehr oder Marines nicht so richtig geil, aber dass ein Telekommunikationstechniker und ein Verschwörungstheoretiker ohne Ausbildung in dem Bereich auf einmal perfekt treffen, wirkt irgendwie unecht und selbst für die Story dieses Films noch konstruiert.

Im Endeffekt zieht sich der Film noch weiter so hin. Die unscheinbaren Nerds übertrumpfen entgegen aller Erwartungen alle und siegen am Ende. Bla, bla, bla, so wie das in Hollywood halt funktioniert. Es stellt sich nämlich heraus, dass der «Fireblaster» sowohl im Finale der ersten Videospielemeisterschaften bei «Donkey Kong», als auch im echten Spiel gegen «Pacman», am Ende Cheatcodes benutzt hat. Wem der Begriff Cheatcodes nichts sagt: Er hat geschummelt. Selbst wenn ich die Möglichkeit in Betracht ziehe, dass er die Arcadeautomaten auf einer Weltmeisterschaft manipuliert hat, um so zu cheaten, dann habe ich immer noch nicht den geringsten Schimmer, wie das im echten Leben funktionieren soll. Aber sei‘s drum, das macht den Film nun auch nicht unbedingt schlechter.

Jedenfalls geben die Aliens trotz Manövers des «Fireblasters» den Menschen doch noch eine letzte Chance (wie das in wirklich jedem Arcardespiel vorkommt): Wenn mensch seine drei Leben verbraucht hat, dann kommt anstatt «Game Over» meistens der Bildschirm «Bonusrunde». Jedenfalls scheint das am Ende zu passieren, denn Sam Brenner muss in dem einzigen Spiel antreten, das er jemals verloren hat! (Bitte an dieser Stelle eine dramatische Fanfare denken) JA, es ist DONKEY KONG.

Aber da «Fireblaster» ja geschummelt hat und Sam Brenner sich dessen nun bewusst ist, siegt er natürlich souverän und alle Aliens werden vernichtet, der Präsident wird gefeiert und Sam Brenner küsst seine Traumfrau Violet.

Was? Das war‘s? Echt jetzt? Das soll ein 110 Millionen-Dollar teurer Film sein?

Ich wünschte, ich könnte an dieser Stelle sagen: Ja. Aber leider kann ich das nicht, denn des beste, also eigentlich das schlechteste, hab ich mir für den Schluss aufgehoben. Denn am Anfang des Films stellt sich heraus, dass «Wonderkid», dessen einzig befreundeter Mensch zu Beginn des Films seine Oma war (Nerdklischee, das Tausendste), für die verpixelte Version von Lady Lisa aus «Dojo Quest» schwärmt. Nun kommt im Laufe der Invasion der Spielfiguren natürlich auch Lady Lisa in Voxelform auf die Erde; nur leider nicht ganz so eckig wie der Rest. Denn aus irgendeinem unerfindlichen Grund, schafft sie es, sehr menschlich und sexuell objektiviert zu wirken. Wie eine sexualobjektivierte Frau aussieht, muss ich hoffentlich nicht erklären. Es sei nur gesagt, dass ich mich nicht erinnern kann, ein humanoides Wesen mit weniger Bekleidung gesehen zu haben. Abgesehen von der Tatsache, dass sie den ganzen Film über nicht ein einziges Wort sagt und dass sie anstatt «Wonderkid» zu töten, ihre Schwerter senkt und ihn küsst und sie eben aussieht wie das neuste Playboybunny, ist da noch was, dass ich so gar nicht fassen konnte. Wenn die Menschen nämlich ein Spiel gewinnen, bekommen sie eine Trophäe, so zum Beispiel den knuddelig knuffigen Q*bert (Das Wesen aus dem gleichnamigen Spiel in dem mensch in einem Dreieck angeordnete Voxels umfärben muss, indem er auf diese springt und das Spiel gewinnt, wenn er keines doppelt berührt und alle umgefärbt sind), der als einziges Videospielwesen etwas von sich gibt und der einzige wirklich sympathische Charakter im Film ist. Nun wird sich der ein oder die andere schon gedacht haben, was kommt. Da die lustvolle Lady Lisa sich leider mit dem Sieg über die finale Runde «Donkey Kong» zusammen mit dem Rest der Alienwesen aus der Realität exkulpiert, steht nun der arme «Wonderkid» ganz alleine da, wo doch gerade der Sam mit seiner Violet das Stelldichein feiert. Also entschließt sich der kleine Q*bert, der als Trophäe bleiben darf, einfach mal, sich von einem eckigen Voxelwesen, in die makellose Lady Lisa (Argh, diese Alliterationen) zu verwandeln und die letzte Einstellung ist dann ein Jahr später, wie «Wonderkid» zu seinen kleinen Kindern zurückkommt, die allesamt Q*berts sind.

Ha, Ha, witzig. Wäre es gewesen, wenn ich statt dieses Films die Wand angeschaut hätte.

So richtig unwitzig wird es dann, wenn mensch feststellen muss, dass «Dojo Quest» offensichtlich nur ein Spiel ist, um Lady Lisa als sexy Frau in den Film integrieren zu können und den Film zu bewerben. AUA! Ich glaube, ich hab was verpasst. Ist da gerade allen Ernstes eine Frau als Trophäe über die Ladentheke gegangen? Also nicht mal wie gewohnt metaphorisch, sondern als TROPHÄE! Aus welchem prähistorischen Ideologiepaket hatten die Autoren der Story das denn?

Ansonsten war der sympatische Adam Sandler mit einigen eigentlich weiblich zugeordneten Charakterattributen doch ein guter Schritt in die richtige Richtung und mit Violet war da auch eine gleichgestellte und ebenso schlagfertige Frau. Hätte doch alles so schön sein können, zumindest im Rahmen dessen, was der Film eben alles so hergibt, wenn Lady Lisa WENIGSTENS einfach so auf der Erde geblieben wäre. Aber doch nicht als Trophäe.

Ansonsten haben die Nerds auch nicht viel zu lachen. Was sind eigentlich Nerds? Ein schwieriger Begriff. Denn während es mittlerweile eine ganze Nerd-Modekultur gibt, siehe die «Nerdbrille» (ist auch brav auf Sam Brenners Geschäftswagen zu sehen), sind hier vor allem die Kreise der Menschen, die durch ihre Interessen oft zu Außenseitern werden oder im Ikea-Regal der Gesellschaft in die Schublade «Streber» gesteckt werden, gemeint. Diesen Menschen wird im Film aufs gröbste soziale Inkompetenz unterstellt, indem sie sich immer unpassend zur Situation verhalten.

Was soll überhaupt die Aussage oder moralische Message des Films sein? Frauen sollten sexy aussehen und weniger reden, sonst bekommen sie nur die Nerds ab? Kinder sollten weniger Computerspiele spielen, sonst kommen die Aliens? Ich weiß es nicht.

Pixels will eine kindertaugliche Komödie sein, die die Jugendsubkultur des «Zockens» und der «Nerds» mit der Videospielnostalgie der Arcadeautomatengeneration zusammenbringen soll. Es ist eine Hommage an die goldenen Zeiten der Arcadeautomaten mit integrierter Hollywoodstandardlovestory. Ein oder zwei Witze bringen einen tatsächlich auch zum Schmunzeln, aber im Großen und Ganzen ist der Film ein dröges Erlebnis, bei dem die Konzentration mehr darauf liegt, sich nicht mit Popcorn zu bekrümeln, weil mensch vor Frust frisst, anstatt seine Konzentration ernsthaft und aufrichtig dem Film zu widmen.

Im Endeffekt hätte ich Pixels wohl lieber verpixelt und auf stumm gesehen. Wer sich den Film dennoch antun will, der sollte bei dem zweieinhalbminütigen Original bleiben, denn das ist als Kunstprojekt echt gut. Und die Erklärung, dass die Videospielvoxelcharaktere aus einem kaputten Fernseher kommen, ist ebenso glaubhaft und tiefgründig wie die Story im 110 Million-Dollar-Schund.

In diesem Sinne: Game Over!



[Max Mustermann]

22.jpg

16.12.2015
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
Tel.: 0341-3013028, Fax: 0341-3026503
info@conne-island.de, tickets@conne-island.de