• Titelbild
• Editorial
• das erste: Wenn Steine fliegen, Wasser geworfen wird und der Staat sich zu rechtfertigen versucht…
• inside out: 1.000 Jahre DisLikezig
• 20th Anniversary Of The Infamous Mobb Deep
• 49 m² – Kunst im Café im Monat Oktober mit Fotografien von Elisabeth Stiebritz
• Agnostic Front, Old Firm Casuals, Coldside, Übergang
• LIIMA (Efterklang & Tatu Rönkkö) + Islam Chipsy
• KLUB: Electric Island w/ Gerd Janson, Miriam Schulte, Karete
• Gewalt, Militanz und emanzipatorische Praxis - Machen die Richtigen alles falsch?
• Klub: Sub.island
• Perkele
• Klub Sonntag
• Chefket
• Hell Nights Tour 2015
• Schnipo Schranke
• Sondaschule - "Schön Kaputt Tour"
• Klub: Electric Island / Efdemin b2b Margaret Dygas AllNightLong
• position: Bericht über die Arbeit an einem Infoheft für Asylsuchende in Leipzig, bis zur Verhinderung der Auslegung der Broschüren in den Unterkünften angewiesen durch das Sozialamt.
• position: »Für immer Punk möchte ich sein...«
• review-corner event: Identitätsziel Deutschland
• review-corner buch: Mehr Lebensdienlichkeit, bitte!
• doku: Der schmale Grat der Hilfe
• doku: »Die Fronten sind klar«
• Marx Expedition 2015/16: Krisen und soziale Bewegungen
• Hollywood, Helden und was das mit Political Correctness zu tun hat
Seit jeher werden wir von Seiten der Unterhaltungsfilmbranche mit unendlich oft geschauten epischen Werken über Gut und Böse beschossen - über den Untergang der Welt, menschliche Abgründe und die großen Schlachten, die nie stattgefunden haben. Nur die Political Correctness, die fehlt.
Nun kann es dem ein oder anderen doch als zu viel verlangt erscheinen, dass Regisseure in ihren Filmen auch immer darauf achten, dass ja alles irgendwie bedacht wird, wo sie sich doch auf das verfilmen eines Epos konzentrieren müssen. Aber ist es denn zu viel verlangt, dass in einem Film zwei Frauen miteinander reden? Und sind nicht Filme auch ein Spiegel der Gesellschaft? Wenn wir davon ausgehen, dann wäre das fatal.
Alle, die an dieser Stelle immer noch den Kopf schütteln und mir nicht glauben, wie schlecht es steht, den möchte ich an dieser Stelle den Bechdel-Test ans Herz legen. Der ein oder die andere dürfte auch schon von ihm gehört haben, denn er gewinnt immer mehr an Bekanntheit. Entwickelt wurde der Test 1985 von der US-amerikanischen Cartoonistin Alison Bechdel. Er ist recht simpel und besteht aus nur drei Fragen, die jeder Mensch sich durchaus beim nächsten heimeligen Filmgucken stellen könnte:
- Kommt in dem Film mehr als eine Frau vor und haben sie einen Namen?
- Sprechen diese Frauen miteinander?
- Geht es in dem Gespräch um etwas anderes als Männer?
Klingt einfach? Ist es aber nicht. Bevor der ein oder die andere sich jetzt grübelnd an den Kopf packt und über den zuletzt gesehen Film nachdenkt, möchte ich nur einen Abriss geben, was an diesem Test alles scheitert:
Fangen wir doch einfach gleich mit dem sogenannten „erfolgreichsten Film aller Zeiten“ an, der sich diesen Namen zumindest nach dem Klingeln der Kinokassen auch verdient hat. Es geht um Avatar - Aufbruch nach Pandora, das digitale Meisterwerk des James Cameron. Und ja: Durchgefallen! Dabei geht es doch gut los: Frauen mit Namen gibt es, sogar in Schlüsselpositionen: Dr. Grace Augustine, die Heldin Neytiri und ihre Mutter Mo´at. Sogar ein Gespräch gibt es, aber leider dreht sich dieses um Jake Sully und damit scheitert Avatar knapp am Test. Welcher Hardcorefan jetzt natürlich sagt: “Aber eine Frau hat doch was zu der anderen gesagt“, der darf nicht vergessen, dass Voraussetzung ein Gespräch ist. Falls jetzt das Argument kommen könnte, der Test sei doch zu engstirnig, dann sei bedacht, dass Jake Sully mit so ziemlich dem kompletten Planeten GESPRÄCHE führt, sogar mit Flora und Fauna, wenn natürlich auch nicht wortwörtlich. Aber ich will mich an diesem Beispiel nicht festbeißen, denn die Liste ist lang. Eins der schlimmsten Beispiele ist der letzte Harry Potter Teil, Die Heiligtümer des Todes II, in dem es trotz Frauen in der Szenerie nicht einmal möglich ist, dass diese miteinander reden - es sei denn man würde: “Diesen Zauberspruch wollte ich schon lange mal ausprobieren“, als Gespräch auffassen. Durchgefallen sind auch die Star Wars-Episoden 3-6, in 2 erbarmt sich die Herrscherin Padmé mit ihren Untergebenen eine Unterhaltung zu führen und in Episode 1 führt sie eine kurze Unterhaltung mit der Mutter von Anikan Skywalker. Ein kompletter Reinfall ist dagegen die gesamte Herr der Ringe-Trilogie, denn Arwen, Eowyn und Galadriel, die allesamt starke Frauen mit sicherlich ähnlich interessanten Gesprächsthemen wie Aragorn, Gimli und Legolas sind, treffen sich im Film leider nie. Sehr schade. Hinzu kommen auch Forrest Gump und Der Pate.
Als Argument kann hier auch nicht gelten: „Das ist aber zeitgenössisch und damals war das halt so“, denn erstens ist dieses Argument total absurd und zweitens bestehen den Test auch Filme wie Ben Hur, und hier ist nicht die Rede von der Neuverfilmung von 2010, sondern der maskulinen Urversion von 1959 mit dem amerikanischen National Rifle Association-Präsidenten und männlichen Urgestein Charles Heston. Und auch der Horror-SciFi-Klassiker Alien punktet auf ganzer Linie, was ist also passiert?
Dabei ist doch noch nicht einmal nach der Dekonstruktion der Geschlechter gefragt oder nach alternativen sexuellen Identitäten. Der Test fragt doch nur ob zwei Frauen mit Namen über etwas anderes als Männer reden! Und auch das dem Durchschnittssexisten in den Kopf springende Shoppen wäre an dieser Stelle etwas anderes als Männer.
Apropos Sexismus: An dieser Stelle sind wir noch nicht einmal mit den sexistischen Filmproblemen durch, wer also nun schon keine Hoffnung und Lust mehr hat, dem empfehle ich folgendes Trinkspiel, um die eben genannten Filme erträglich zu machen:
Jedes Mal, wenn in den Statisten und Hintergrundrollen People of Colour auftauchen, wird ein Kurzer getrunken. Wenn also die Handlanger des Dath Vader (die an dieser Stelle wohlbemerkt auch alle männlichen Geschlechts sind) in ihrer schwarzen Uniform nicht als People of Colour gelten, was sie hoffentlich nicht sollten, dann endet dieses Trinkspiel doch relativ nüchtern. Rassismus ist wohl auch einer der Faktoren, die die Filmemachenden am leichtesten aus den Gedanken streichen können. Man nehme einfach eine Handvoll Menschen, vorzugsweise mit nicht ganz so viel Colour, und gebe dann eine Prise Elfen, Elben, Zwerge, Nymphen, Trolle, Yetis, Aliens, Zentauren, Faune und was einem noch so an Fantasy-Science-Fiction-Figuren einfällt dazu und fertig ist die Rassismusfreiwelt. Denkste. Allein in Herr der Ringe ist die rassistische Atmosphäre kaum auszuhalten. Die bösen Orks, die guten Hobbits und die Elben, die einem das Gefühl geben, die Reinheit ihrer „Rasse“ zu wahren, seit sie auf den Ebenen von Mittelerde wandeln. Und warum gibt es eigentlich keine Zwerge, Menschen oder Hobbits auf Seiten Sauron, Sarumans und Co.? Die Hypothese, die ich an dieser Stelle mal in den Raum oder beziehungsweise in den Artikel stellen würde, ist, dass es so einfacher ist diese Filmwelt in gut und böse teilen zu können. Ist das im echten Leben so? Bei entsprechendem kritischen Denken wage ich das zu bezweifeln, aber das muss wohl jeder mit sich selbst ausmachen, ob er die Orks, die aus dem Krieg fliehen wollen, aufnehmen will oder nicht - schließlich war unter Sauron ja auch nicht alles schlecht.
Desto mehr eine Filmkritik formuliert wird, umso mehr wird das, was als Abriss der Mainstreamfilmbranche aus politischer Sicht gedacht war für mich zu einer Abrisskugel gegen eben jene. Mainstreamfilmbranche ist natürlich ein sehr weiter Begriff, doch nur deshalb, weil es natürlich noch andere Filme gibt, Filme in denen es politisch korrekt zugeht. Also warum freue ich mich nicht über die? Weil diese Filme ein Publikum ansprechen, dass sich bereits mit der Materie auseinandergesetzt hat, während Mainstreamfilme, die nur der Unterhaltung ohne nachdenken dienen sollen, eben genau dazu verleiten: Nicht nachzudenken! Oder hat in Star Wars schon mal irgendwer über Rassismus nachgedacht? Wohl eher nicht. Und weil genau das auch niemand tut, weder IMDb oder sonst irgendeine Filmkritik wird es ab der nächsten Ausgabe eine politische Filmecke geben, bei der sich kritisch mit den Mainstreamfilmen auseinandergesetzt wird.
In diesem Sinne hoffentlich bis nächste Ausgabe.
[Max Mustermann]