• Titelbild
• Editorial
• das erste: -Break the Silence-
• inside out: Skinheadkultur im Conne Island – Eine Herzensangelegenheit
• Stomper 98, Grade 2, Soifass
• Tuvia Tenenbom "Allein unter Deutschen"
• Terrorgruppe, Radio Havanna, Lulu & die Einhornfarm
• 4 Promille, Toxpack
• At the Gates, Tryptikon, Morbus Chron
• Sascha Lange: Connewitz zwischen Straßenschlachten und Kiezromantik - Die Entstehungsgeschichte eines Mythos
• Halftime: caramba! records
• Bingo Hüttenzauber
• Hot Christmas Hip Hop Jam #12
• For the Kids Fest Pt . 2
• Loikaemie
• Klub: How deep can you start?
• position: Zur innerlinken Debatte um die Akzeptanz und Unterstützung antisemitischer Klüngel
• review-corner event: Beklatscht und Verhöhnt – Die Antisemit_innen vom AK Nahost und die Identitäre Solidarität mit Israel
• doku: Saudi Arabi Moneyrich – oder Haftbefehls ambivalente Befreiung vom Antisemitismus
• doku: »Deutsche Tugenden werden Rumänien verändern«1
• doku: »Islamischer Staat«: Vom Terror zum Kalifat
• doku: Von Moskau bis Mossul
• doku: »Baut eure Zivilgesellschaft doch in Leipzig auf, nicht in Israel«
• doku: Im Asyl
• Anzeigen
• das letzte: Rezension: Thomas Maul – Drei Studien zu Paulus.
Das Conne Island profitiert wie auch alle anderen kulturellen und gastronomischen Einrichtungen in der Stadt von dem vor einigen Jahren eingesetzten Hype um Leipzig – nicht nur durch zusätzliche Gäste, sondern auch durch das mit dem Zuzug junger Leute verbundene Potential an engagiertem und interessiertem Nachwuchs für den Laden. Siedelten sich neugegründete Politgruppen und Initiativen jedoch früher häufig ganz automatisch aufgrund der günstigen Infrastruktur und dem antideutschen Konsens im Conne Island an, bieten sich heute vor allem im Westen und Osten der Stadt auch andere attraktive Treffpunkte an. Nicht zuletzt ist dies sicher auch begründet durch steigende Mieten im Süden und der Notwendigkeit, sich andere Stadtteile zu erschließen. Doch auf die Nachfrage hin, warum sich
einige junge Politgruppen heute bewusst gegen das Conne Island als »Homebase«
entscheiden, hört man auch immer wieder Begründungen, die sich auf den Umgang des Ladens mit der Skinhead- und Oi!-Szene beziehen, wobei der schwammige Begriff »Grauzone« inflationär zum Einsatz kommt. Da dem Conne Island nach wie vor viel daran liegt, als politischer – genauer: linksradikaler – Laden wahrgenommen zu werden und in diesem Jahr besonders das Herbst/Winter-Programm mit einigen Hochkarätern der Szene, wie Evil Conduct und Loikaemie, gespickt ist, wollen wir noch einmal erklären, warum wir das oftmals kritisch beäugte Konzept von Oi!-und Skinheadkultur im Conne Island auch in Zukunft nicht verwerfen werden.
Never trust a subculture
Auch wenn sich seit den 90ern, als das Conne Island beschloss, sich aktiv in die lokale Skinheadszene einzumischen und Nazis die Jugendkultur nicht einfach zu überlassen, viel verändert hat, ist die Definitionsmacht innerhalb der Szene nach wie vor umkämpft. Obwohl sich viele Skinhead-Bands auf Shows und in Interviews explizit gegen Rassismus und Faschismus positionieren, kann an die Szene im Allgemeinen kein Antifa-Politgruppen- Maßstab angelegt werden. Immer wieder kam und kommt es im Umfeld von Oi!-Konzerten im Conne Island, im Kiez und im Laden selbst zu gewalttätigen und sexistischen Ausfällen.
Dieses Problem ist für uns präsent und offensiv dagegen anzugehen und Einfluss auf die Szene und einzelne Personen auch außerhalb des Eiskellers zu nehmen, ist Teil des bis heute währenden Prozesses. Das Ablehnen von rassistischen und faschistischen Einflüssen ist bereits wesentlich weiter in die Subkultur vorgedrungen, auch wenn selbst an dieser Stelle selbstverständlich noch ein weiter Weg vor uns und der Szene liegt. Da sich Skinheadkultur und die Texte der dazugehörigen Musik nun einmal originär vor allem um die Roots, also Working Class- Identität, Unity und Bier drehen, kann die ein oder andere Birne im Publikum die Ansagen gegen Nazis und anderes menschenverachtendes Pack auch mal getrost ausblenden und die Songs mit den Kumpels trotzdem abfeiern. An Veranstaltungsorten, in denen Kultur und Politik nicht notwendigerweise einher gehen und die Menschen am Einlass fragwürdige Tattoos oder Shirts gelegentlich »übersehen«, sind Nazis, rechtsoffene Skins und ähnliche KameradInnen zwar nicht unbedingt willkommen, aber als Teil der Szene toleriert. Im Conne Island hingegen werden am Einlass generell und bei Oi!- bzw. Skinhead-Shows im Besonderen, nach wie vor hohe Standards angelegt und umgesetzt. Dass auch Nazis sich unauffällig in die Menge mischen können, ist uns bewusst – bei Oi! und allen anderen Genres auch, denn natürlich können wir politische Einstellungen nicht von Haarschnitten ablesen. Weil wir aber um die Existenz einer Nazi Skinhead Kultur wissen, schauen wir bei Oi!-Konzerten genauer hin – die ladennahe Skinhead-Crew agiert gewissenhaft und schafft es durch ihre tiefe Verwurzelung in der über die Landes- und Bundesgrenzen hinausgehenden Szene normalerweise, ungebetene Gäste schnellstens zu identifizieren und auf den Heimweg zu schicken. Genauso wie wir Bands Rehabilitierung in Verbindung mit deutlichen Statements und unmissverständlichem Verhalten zugestehen und mit dieser Verfahrensweise offensiv umgehen, wurde sich auch mit der Vergangenheit einiger »unserer« Skinheads auseinandergesetzt. Auch wenn dieses Vorgehen für einige linke HardlinerInnen nach akzeptierender Sozialarbeit klingt, ist das Conne Island durch diese Diskussionen und Konflikte in erster Linie handlungsfähiger und bestimmter im Umgang mit der Skinheadkultur geworden. Seit den Anfängen des Conne Island ist klar und steht für uns keine Sekunde in Frage: Nazis und sonstige rechtsoffene Truppenteile haben im Eiskeller sowohl im Publikum als auch auf der Bühne und erst recht in unserer Crew nichts verloren!
Never stop asking
Gegen einige Skinhead-Bands wurden und werden schwere und teilweise nicht von der Hand zu weisende Vorwürfe vorgebracht. Die Diskussion um die Band Stomper 98 im Jahr 2008 stellte exemplarisch unseren Umgang mit Konflikten dieser Sorte dar (nachzulesen im CEE IEH #159). Die Band äußerte sich zu allen Vorwürfen und ging in Form von deutlicher Distanzierung und öffentlichen, schriftlichen Statements auf alle Forderungen des Plenums ein, wobei sie weiterhin auch von uns kritisch begleitet werden. Konzerte mit »umstrittenen« Bands und nicht zuletzt potentiell problematischem Publikum werden nicht einfach durchgewunken und aktuelle Entwicklungen stets in die Entscheidungsfindung einbezogen. Das Conne Island Plenum ist eine äußerst heterogene Gruppe von Menschen, unter denen der politische Anspruch des gesamten Projektes permanent neu ausgefochten werden muss. Einige Mindeststandards standen und stehen jedoch nie zur Diskussion. Das
Montagsplenum steht allen Interessierten offen und wer immer noch die Vermutung hegt, dass sich dort zwielichtige Menschen darüber unterhalten, wie man Nazivorwürfe am besten unter den Tisch kehren kann, die oder der komme einfach vorbei und mache sich ein eigenes Bild.
Conne Island Plenum, Oktober 2014