• Titelbild
• Editorial
• das erste: Zum 75. Jahrestag des Elser-Attentats
• inside out: Feminist Street Art against Street Harassment
• Booze & Glory, Argy Bargy, The Fat Tonies
• Equal / Not Equal . Frauen in der elektronischen Musik
• Der eindimensionale Mensch wird 50
• Protest the Hero, The Faceless, The Contortionist, Destrage
• Filmriss Filmquiz
• Being as an Ocean, Vanna, My Iron Lung, Crooks
• Rocko Schamoni "Fünf Löcher im Himmel"
• Darkest Hour, Tenside
• Sinkane, Nicholas Krgovich
• AMP // R aka Hvrtmill, Felix Valentin, Toni Buletti, Absent Zein Auks
• Rex Feuchti
• Von Spar
• 10 years electric island
• halftime : Mala'Ka & Bearden
• Amity Affliction
• doku: Fat Acceptance – Was soll das ganze eigentlich?
• doku: Waffen für die Kurden
• doku: Biji Israel & Kurdistan!
• doku: Männliche Abstiegsangst
• doku: Die Tea-Party als Klassenprojekt – Neoliberale Religiosität in den USA
• review-corner event: Die Linke schläft, das Bündnis macht, das haben die Rechten gut bedacht!
• Anzeigen
• das letzte: Connewitzer Heimatliebe
Manchmal steckt man so tief in seinem eigenen kleinen Universum, dass man gar nicht mehr so richtig merkt, dass es da draußen Leute gibt, die mit dem eigenen Lieblingsthema so absolut nichts am Hut haben. Meistens fällt es einem immer dann auf, wenn zum Thema Fat Acceptance und Plus Size Mode mal etwas in den Mainstream Medien gebracht wird.
Die wundervolle Britta, die ich durch den Blog kennen gelernt habe, hat letzte Woche auf Brigitte.de einen Artikel über uns, also ihre Plus Size Mädels, veröffentlicht, und darüber geschrieben, wie wir ihr geholfen haben, sich selbst wieder schöner zu finden. Neben positiver Resonanz ist aber leider auch eine Diskussion ausgebrochen in der mal wieder die typischen Karten gespielt werden: Ich finds ja auch wichtig dass ihr euch alle gut fühlt, aber Gesundheit, Fitness und »IHR WERDET ALLE STERBEN!«.
Ich habe mich oft genug in diese Diskussionen rein gestürzt, mit wehenden Fahnen meinen Standpunkt verteidigt, Tränen vergossen und am Ende irgendwann verstanden, Menschen die schon ein Brett vor dem Kopf haben, möchten damit einfach weiter gegen den Türrahmen rennen, um bloß nicht raus zu kommen, aus ihrer kleinen Box, in der kein Platz für neue Ideen und andere Gedanken ist. Deswegen habe ich dieses mal den Mund gehalten, trotzdem hat die Diskussion die Frage »Warum eigentlich Fat Acceptance?« in meinem Kopf aufgewirbelt und mir klar gemacht, dass viele Menschen anscheinend tatsächlich nicht verstehen warum.
Ich brauche Fat Acceptance...
...weil ich es gemein finde, dass Außenstehende davon ausgehen, dass ich grade abnehme, weil es ungerecht ist, dass Menschen die mich nicht kennen denken, dass ich meinen Körper schrecklich finden muss oder ihn bestimmt hasse und ändern will. Weil ich immer die sein werde, die man als ungesund einschätzt, auch wenn eine dünne Freundin neben mir vielleicht schlechtere Blutwerte hat, genauso langsam läuft, oder doppelt so viel Burger isst wie ich. Weil jeder denkt, er hat das Recht mich zu beurteilen, mich zu verurteilen, mich darauf aufmerksam zu machen, dass ich ungesund/faul/hässlich bin. Weil Menschen auf der Straße sich umdrehen und kichern, mit dem Finger auf mich zeigen. Weil ich Jahre lang Angst hatte in der Öffentlichkeit zu essen. Weil man manchmal weinend im Bett liegt, nach dem wieder jemand »zugeschlagen hat« und darauf wartet, dass der prophezeite Herzinfarkt jede Sekunde eintreten könnte, obwohl man weiß, dass man ganz gesund ist. Weil Menschen mir sagen, dass sie mich mutig finden, weil Menschen es ganz toll finden, dass ich zu meinem Körper stehen kann. Weil niemand sich traut fett zu sagen. Weil dünne Menschen nicht verstehen wie privilegiert sie nur wegen ihres Gewichts sind. Weil ich, genau wie jeder andere Mensch, das Recht habe zu sagen »Ich bin zufrieden«, ohne das jemand ein »aber...« daran hängt. Weil mein Körper atmen, laufen, mich durch die Welt tragen kann, und trotzdem jeder meint, dass er nicht gut genug ist. Weil dicke Menschen nicht in Liebesfilmen vorkommen.
Es gibt so viele Gründe, so viel »weil« und trotzdem ist alles was manche Menschen sagen können »Aber das ändert nichts an dem Fakt, dass Übergewicht ungesund ist und wenn du erst mal alt bist, du bereuen wirst, was du jetzt sagst!«. Wenn ich so ein Argument höre, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Selbst wenn das alles so wahr wäre, und jeder dicke Mensch automatisch ungesünder ist als sein dünner Gegenpart, ändert das nichts an der Tatsache, dass all die oben genannten Dinge trotzdem wichtig sind. Nur weil mein Lebensstil ungesund ist, wird nicht außer Kraft gesetzt, dass ich glücklich sein darf. Dass es entwürdigend ist, wenn fremde oder noch schlimmer, nicht fremde Menschen sich über mich lustig machen. Davon, wie unglaublich bescheuert es ist, die Gesundheit eines Menschen nur an seinem Aussehen abzulesen, fange ich gar nicht erst an. Es geht hier nicht darum, irgendetwas für besser oder schlechter zu erklären, es geht auch nicht darum Übergewicht zu »glorifizieren« wie manche es so schön sagen, na ja wenn wir ehrlich sind, geht es manchmal doch darum, aber warum auch nicht? Dünnsein, Diäten und Fitness bis zu einem Grad, der auch ungesund und körperschädigend ist, wird doch auch glorifiziert, jeden Tag, in jedem Medium..., aber ich verliere hier den Faden. Worum es geht ist, dass ein fetter Körper exakt die gleiche Berechtigung hat hier zu sein wie ein dünner, ein mitteldünner, ein dicker aus Gesundheitsgründen, ein kaputter, ein heiler, ein »schöner« oder ein hässlicher.
Als fetter Mensch ist man für viele andere Menschen inakzeptabel.
Es passt nicht in ihr Weltbild oder ihren Alltag, dass mein fetter Körper sich den Raum nimmt, der ihm zusteht. Dass ich mir das Recht nehme mich zu kleiden wie ich will, zu essen was ich will, und vielleicht so zu leben, dass ich mir keine Gedanken um Konsequenzen mache. Und diesen Menschen müssen endlich die Augen geöffnet werden für ihre eigene Intoleranz. Denn selbst ein gut gemeintes »Aber denkt doch an deine Gesundheit« basiert nur auf Vorurteilen gegenüber fetten Körpern, und in den wenigsten Fällen auf fundiertem Wissen über den wirklichen Gesundheitszustand des Menschen.