• Titelbild
• Editorial
• das erste: Kritik des GegenStandpunkts – Von Fehlern und Härten unreflektierter Rationalität
• FM BELFAST, BERNDSEN
• Klub: DEEJAYS ON THE LOW
• Warm Graves, Creams, Stefkovic van Interesse
• Kraftklub
• Total Heels, The Dropout Patrol
• Klub : Sonntag!
• Caribou, Jessy Lanza
• OFF!, Cerebral Ballzy!
• Truckfighters
• Die Sterne
• Klub : Electric Island
• Bonaparte
• Hellnights 2014
• Blood Red Shoes
• After the Burial
• Smoke Blow
• inside out: Stellungnahme zur Absage der Afrob & Megaloh- Tour im Rahmen der Königsklasse 2014
• inside out: Brief an Afrob
• review-corner platte: Aphex Twin – Syro
• doku: Aufruf zur Schrumpfung der Degrowth-Konferenz An den Vorbereitungskreis und alle anderen Klein- und Bescheidenheitsgeister!
• doku: Dummheit des AK Nahost schlägt sich an unserer Haus- wand nieder
• doku: Es gibt kein Menschenrecht auf Israelkritk – Gegen den antisemitischen Konsens
• doku: Perspektiven antirassistischer Arbeit in Leipzig: Auswertung der »Refugees Welcome!« -Demo
• doku: Das war eine spezielle Mentalität, nicht wahr? – Nachruf auf Peter Scholl-Latour
• Anzeigen
• das letzte: Bob Ross and The Joy of Painting oder There are no mistakes – just happy little accidents
In dunkler Capri-Hose und hellblauem Hemd steht er da, die riesige Farbpalette in der Hand. Bereit, die Welt seiner treuen Fangemeinde ein wenig zu bereichern. Was wird wohl heute gemalt? Ein ruhiger See, dessen Oberfläche die Morgensonne widerspiegelt, eine Winterlandschaft mit majestätischen Bergen im Hintergrund oder vielleicht ein an eine wiesenbewachsene Küste brandendes Meer? Egal, innerhalb einer halben Stunde kann Bob Ross einfach alles auf die Leinwand zaubern. Es ist mitten in der Nacht, draußen ist es stockfinster, im Fernsehen läuft »The Joy of Painting«.
Zu den besten Sendezeiten, nämlich samstagabends, sonntagmorgens und unter Woche zu mitternächtlicher Stunde, erwartet Bob Ross sein ihm ergebenes Publikum und begrüßt es mit der immer gleichen Floskel: »Welcome back! I’m certainly glad you could join us today!« Ja, ich bin auch froh, Bob endlich wiederzusehen. Mit seiner beruhigenden Art, die Vorgänge auf der Leinwand zu erklären, sorgt er
für sprachliche Entschleunigung und bildet so einen Gegensatz zum heute überall verbreiteten multimedialen Dauerbeschuss. Doch war Bob nicht immer der
Künstler mit der Hypnosestimme. Robert Norman Ross, der Ende Oktober 1942 in
geboren wurde, verpflichtete sich schon im zarten Alter von 17 Jahren dazu, der Air Force beizutreten und dieser 20 Jahre zu dienen. Er hatte die Schule nach der neunten Klasse in der Hoffnung abgebrochen, bei der Air Force die weite
Welt sehen zu können. Nach zwei Jahrzenten Militärdienst hatte Bob allerdings genug. Er wollte nicht mehr laut herumschreien, verschrieb sich der Kunst und
wurde so allmählich zu dem chronisch gut gelaunten Maler, der den Zuschau-
ständig mit aufmunternden Binsenweisheiten zur Seite steht. »Every creature in this world needs a friend« – so wird erklärt, dass ein Baum nie allein auf einer verschneiten Bergkette stehen sollte. Er malt »happy little trees« und happy little clouds«, lächelt verklärt in die Kamera und ab und zu gibt er meinen All-Time-Favourite zum Besten: »There are no mistakes – just happy little accidents.« Es ist ein naiver, fast kindlicher Blick auf die Welt, und doch tut es gut, weit weg von jeglicher Reizüberflutung eine Sendung mit sich wiederholenden Redensarten zu schauen, welche mir erklärt, wie ich entzückende Waldlichtungen mit noch entzückenderen Sonnenstrahlen verfeinere. Auch wenn ich nie zum Pinsel greife – dank Bob hab ich das Gefühl, dass ich das könnte. Für seine spezielle Maltechnik braucht man nicht mal eine Profiausrüstung. Ein grober Pinsel und ein Spachtel sind oft die einzigen Utensilien, die benötigt werden. Nun fehlen nur noch die Farben. Die Klassiker bei the Joy of Painting: alizarin crimson, cadmium yellow, prussian blue, midnight black und natürlich titanium white. Und dann kann’s auch schon losgehen. Bob erzählt von seiner Zeit bei der Air Force in Alaska, von seinem Sohn Steve und von all den Babywildtieren, die er bei sich aufgenommen hat, um sie großzuziehen und dann wieder in die Wildnis zu entlassen. Ab und zu werden die schlichten Studioaufnahmen des malenden Bob unterbrochen, um Bilder von ihm zu Hause mit Eichhörnchenbabies und Rehkitzen zu zeigen. Man weiß gar nicht, was kitschiger ist: die realen Filmaufnahmen oder die fiktiven Landschaften auf der Leinwand. Bob Ross ist ein Paradebeispiel für die Erschaffung übertriebener Wirklichkeiten – auch 14 Jahre nach seinem Tod. Sein Vermächtnis bleibt sowohl die Sendung »The Joy of Painting«, von der sage und schreibe 31 Staffeln existieren, als auch der Bob-Ross-Shop. Hier können angehende und fortgeschrittene KünstlerInnen alles erwerben, was irgendwie mit Bob Ross zu tun hat. Von Leinwänden und Pinseln über die Farben mountain mixture und phthalo green bis hin zu Kursen und Workshops. Aber ob Kitsch, Kult oder einfach Kuriosum – sicher ist: auch heute Nacht sitzen Bob Ross‘ Verehrer*innen wieder zu nachtschlafender Zeit vor dem Fernseher und warten auf seinen ewig gleichen Abschiedsgruß: »Happy painting and god bless you.«
[abr]