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#210, Februar 2014
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Aktuelles Heft

INHALT #216

Titelbild
Editorial
• das erste: Pessimismus, Mythos und Mimesis – »Cascadian Black Metal« als spätmoderne Untergangsutopie1
21. Little Sista Skate Cup
C L O S E R
Zeit der Kannibalen
Ugly Heroes, Barrel Brothers
Benefizdisko!
Mountain Witch, Black Salvation
DEEJAYS ON THE LOW
This Will Destroy You
No -Crap -Flohmarkt
Talking to Turtles
Electric Island - Workshop!
Salon des Amateurs Nacht
Annisokay, Shields
Freddy Gibbs
Drum'n'Bass 2000 Reloaded
FIVA, Average
Evil Conduct
Königsklasse 2014
• doku: It’s complicated!
• doku: Warum starben 400 Kinder in Gaza?
• doku: Die falsche Arbeit der Gesellschaft an sich selbst
Anzeigen
• das letzte: Zur sächsischen Landtagswahl 2014

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Annisokay, Shields

»Es fehlt noch ein Kulturtext zu Annisokay«, sagt man mir. »Okay, schreib ich«, sag ich. »Was machen die denn so?« - »Ach, so ne Mischung aus Metalcore, Eurodance und Powerballaden.« Aha.
Also Youtube, Video zu Monstercrazy (ja, das heißt ernsthaft wirklich so): ein Kind liegt mit Augenbinde auf dem Boden von einer Art Krankenhauszimmer, steht auf, nimmt die Binde ab, dazu ein Intro, das auch problemlos zu einem der seltsamen Hardstyle-Techno-Sets gehören könnte, die ein Freund von mir immer hört. Das Kind geht zu einem Krankenhausbett, auf dem unter der Decke ein Körper zu liegen scheint, zieht die Decke weg SCHNITT One Direction (nee, also, Annisokay halt) beginnen in einem leeren Raum zu spielen (viel Schlagzeug, viel Krach, ich muss erstmal die Lautstärke runterdrehen) und zu schreien – mehr von den Vocals kommt bei mir leider nicht an –, bewegen sich dazu synchron wie einem Video für Bauch-Beine-Po-Gymnastik entsprungen. Dann immer mal wieder Schnitte auf das Kind (das irgendwann seinen Klon findet) und Geschrei, unterbrochen von melodiösen Parts, bei denen man dann auch den Text versteht: »You have to scream, ‚cause this is a nightmare«. Achso, ja. Wie war das noch gleich mit der Selbsterkenntnis? Ich muss an einen Abend im letzten Jahr denken, als mir mein Alter das erste Mal wirklich bewusst wurde (und ich bin erst 24!): nach langem mal wieder in der einzigen Punkerkneipe, die es da, wo ich herkomme, je gab. Früher galt die goldene Regel »Trink nie aus Gläsern, sonst kriegst du Herpes« und es wurde verlässlich jeden Abend ins Waschbecken gekotzt. Wir fühlten uns cool und rebellisch und spritzten mit Bier. Heute steht da ein Glastisch und als ich mir eine Zigarette anzünde, werde ich von einem 15jährigen mit Mesh-Shorts, Basecap und gedehnten Ohrlöchern mehr oder weniger freundlich gebeten, das Rauchverbot doch bitte zu respektieren. Die Bands auf der Bühne sehen haargenau aus wie ihr Publikum und mögen Leerzeichen genauso wenig wie die Herren Monstercrazy. Ich bin weit entfernt von einem »Früher war alles besser«, aber das hier...ich weiß ja nicht.
Das Klon-Kind in dem Video wird jetzt gerade vor einer Wand aus Fernsehern, in denen die Band weiter Aerobic macht, von einem gesichtslosen Mann im Anzug angegriffen, ich kann das nicht weiterschauen und vor allem nicht weiter anhören. Wenn man 15jähriger Junge mit erhöhtem Aggressionspotential oder 15jähriges Mädchen mit Boyband-, aber ohne Chartspopvorliebe ist, versteht man den Reiz dieser Musik vielleicht, aber ach, Kids, hört lieber Nirvana, hat doch für Generationen vor euch auch schon für dieses Coming-of-Age-Ding funktioniert.
(Und dann sehe ich bei den vorgeschlagenen Videos Wrecking Ball (Miley Cyrus Post-Hardcore Cover), auch von der okayen Ann, und werde doch schwach und klick es an. Die Musik wird nicht besser, aber das ist zumindest wenigstens ein bisschen witzig.)


[rts]

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17.09.2014
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