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Aktuelles Heft

INHALT #200

Titelbild
Editorial
• das erste: Zur Frage der Verhältnismäßigkeit von Anlass, Auftreten und Absicht
Stomper 98
Sub.island pres. Sub Sickness
Film: This Ain't California
Murs & Fashawn, Diamond D, Ugly Duckling
Converge, Touché Amoré
Springtoifel
Erobique /live
Jingle Bells
Tischtenniscup
Bingo & Karaoke
Silvester-Disco
Edit
The Ghost Inside, Deez Nuts
We have Band
Studio Braun: Fraktus
Veranstaltungsanzeigen
Nicht quatschen – handeln!
Die goldene Brücke zum Romantizismus
Aufruf zur Gründung der Wochenzeitung Jungle World
Ficken!!!
Widerruf und Bekräftigung: Oekonux-Konferenz
No Volksmusik! No Antiamerikanismus!
Eintracht Zwietracht
Krise und Kritik – mitten im Eiskeller
Strafe statt Sühne...
Clement attackiert Verfassungsschützer
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Film: This Ain't California

Zwischen den Platten rollen – Über den Film This Ain`t California

ZU behaupten, Skateboarding hätte in der DDR ein Nischendasein gefristet, ist übertrieben. Verglichen mit den Volks- und Massensportarten: dem Turnen, Schwimmen, dem Fußball, war Skateboarding für die ostdeutsche Öffentlichkeit nicht existent. Wie die heute im Mainstream angekommene „Subkultur“ im Osten ihre Wurzeln schlagen konnte und welches Lebensgefühl ihre Akteure mit dem Skaten verbanden, zeigt Martin Persiels Dokumentarfilm „This Ain`t California“.

This Ain't California


Keine Ostalgie, dafür Nostalgie

Der Tod von Denis „Panik“ Panicek führt die Freunde, die sich lang verloren, aber nicht vergessen haben, wieder zusammen. Sie sitzen in einer verlassenen Fabriklandschaft und erzählen sich Geschichten von früher, Geschichten von Denis und dem Skateboarding im Osten.
Was war das, Skateboarding im Osten?
Es war das, was es überall anders auch war, ein Sport, der ein besonderes Gefühl reflektierte, einem Gefühl von Rebellion und Anderssein. Diese Rebellion hatte kein Ziel, sie war ein Aufruhr wie Lederjacke und Haartolle von James Dean, wie Rock `n` Roll und Punk. Skateboarding war der erhobene Mittelfinger einer Jugendkultur, die kein politisches Pamphlet brauchte.
So lässt sich auch der Protagonist „Panik“ beschreiben. Er steht symbolisch für die Entwicklung des Skatens in der DDR. Gegen Leistungszucht und Medaillen. Er steht für die Freiheit, mit einem selbstgebastelten Brett durch die schier endlosen Weiten sozialistischer Betonwüsten zu rollen. Doch erst das Gefühl der Freundschaft trotzte den Satellitenstädten etwas von ihrer gräulich-steinernen Asphaltatmosphäre ab. Darum ging es, lehrt uns der Film, das Zusammensein, entgegen der Doktrin ein Teilchen des sozialistischen Zwangsapparates sein zu müssen. Die Geschichten von Goofy (einem Urgestein der Leipziger Skate-Szene), Christian Rothenhagen, Mirko Mielke und den anderen Freunden erzählen, wie „Panik“ lebte, wie er Skateboarding lebte, wie die Entwicklung des Skateboarding an einem Charakter exemplifiziert werden kann. Diese Erzählungen zeichnen nicht das Bild einer unbeschwerten DDR-Jugend, in der trotz Mangel und Unterdrückung ja alles nicht so schlimm gewesen sei, sie glorifizieren vielmehr die Jugend, die Jugend als Skateboarder. Es wird von den Roadtrips durch die sächsische Provinz berichtet, von der Skate-Landschaft im erschlagend großen Ostberlin, Konflikten mit dem Staat, von Mädchen, Alkohol und Dummheiten – gemessen an den Erfahrungen heutiger Teenager, ein durchaus normales Aufwachsen, wenn nicht die sozialistische Diktatur gewesen wäre.

Was ist wirklich?

Das Genre der Dokumentation verlässt „This Aint California“ durch seinen Erzählstil immer da, wo nachgedrehte Filmszenen zwischen altes Super-8-Material montiert wurde und animierte Sequenzen die Geschichte „Paniks“ erzählen.
Obwohl nicht ganz klar ist, ob es „Panik“ wirklich gab, wirken die „authentischen“ Super-8-Filmausschnitte oft zu sauber und inszeniert, als könnten sie tatsächlich Laienmaterial aus den Achtzigern sein. Wenn seine Geschichte ins Detail geht, wirkt sie gestellt, manchmal sogar unglaubhaft. Zu viele von „Paniks“ biografischen Stationen bleiben unerklärt und werfen mehr Fragen auf, als dass sie Antworten liefern. Die einfache Erklärung hierfür wäre, dass sein Schicksal geschaffen wurde, um die Story zu emotionalisieren. Der biografische Erzählstrang dramatisiert die tatsächlichen Erlebnisse und Erfahrungen der interviewten DDR-Skater und schafft somit einen Rahmen, der über das bloße Befragen von Zeitzeugen hinaus weist. Gerade weil der Film dies so offen zur Schau stellt, lässt er den Betrachter grübeln, was wahr und was erdichtet ist. Es ist die Frage nach der Akkuratesse der Erinnerung, die gestellt wird und auf diese Weise einen zwinkernden Blick auf das Vorhaben einer Dokumentation wirft.
Ob sich „This Ain`t California“ nun bei Dokumentation oder Mockumentary einordnet, ist letztlich fast egal. Genauso zweitrangig ist, ob es Denis „Panik“ Panicek wirklich gab, oder er lediglich ein etwas überhobenes Spiegelbild der Skate-Landschaft der DDR sein sollte – eine leere Figur, auf die die Geschichte, so wie sie war und so wie die Erzähler sie sich gewünscht hätten, projiziert wurde. Eines ist wichtig: Damals, dass war nicht Kalifornien, aber es hat trotzdem verdammt viel Spaß gemacht.

[ben romeo rolf]

29.11.2012
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