Studio Braun: Fraktus
Konzert: FRAKTUS feat. Rocko Schamoni, Heinz Strunk & Jaques Palminger
„Das ist der Unterschied zwischen Bands, die ständig an ihrem eigenen Denkmal rumwursteln und Bands wie Fraktus. Die haben sich aufgelöst. Und plötzlich erinnert sich kein Mensch mehr daran. Und wenn dann noch Kraftwerk oder Depeche Mode auf Tour sind, sagen die Leute: Die haben’s gemacht. Und die Bands, die es wirklich gemacht haben sind vergessen.“ (Westbam)
WESTBAM,
Scooter und
Marusha sind sich einig: Ohne
Fraktus wären sie nichts. Keine Rave-Legenden, keine verblassten Helden der Neunziger-Jahre-Eurodance-Bewegung.
Fraktus war eine Revolution, das Bindeglied zwischen Krautrock und Neuer Deutscher Welle, die Brücke zum Techno. Dessen Wurzeln liegen nämlich weder in Frankfurt, Detroit oder Berlin, sondern vor den Toren Hamburgs. Dort, im Hafenloch Brunsbüttel, montierten Dirk „Dickie“ Schubert, Bernd Wand und Torsten Bage – alias
Rocko Schamoni, Jacques Palminger und
Heinz Strunk – vor über 25 Jahren ihre ersten Sounds. Eine neue Ästhetik, die schwerfälligen Maschinen entsprang: einer Mangel, die synthetisches Licht zu brutalen Tönen presst, dem Beater, einem bleiernen Instrument, das über Kolben und Rohre Basslines herauswürgt, und dem Theremin, das zwar aus lauter offenen Kabeln bestand, aber das letzte Konzert der Band mit einem fulminanten Feuerwerk umrahmte.
Vier Jahre Fraktus waren genug, um die Musikgeschichte in eine vollkommen neue und visionäre Richtung zu lenken. Mit kompromisslosen Sounds und Klangrevolten gelten sie heute zu Recht als die Urväter der elektronischen Musik. Ihre Texte übertrafen den Zeitgeist: „Supergau“, „All die armen Menschen“, „Computerliebe“. Doch die Welt war in den Achtziger Jahren noch nicht bereit für
Fraktus. Ihr Erfolg verpuffte nach kurzer Zeit in den Rauchschwaden, die aus dem brennenden Theremin stiegen. Die Musikindustrie vergaß die Band. Und Dicki, Bernd und Torsten vergaßen einander.
Doch in diesem Jahr kehren sie zurück! Sie lassen ihre müde Lebensplanung auf Ibiza, im eigenen Internet-Café und dem alten Kinderzimmer zurück und stehen wieder auf der Bühne – mit allen Hits und Raritäten der längst vergriffenen Alben. Die Geschichte vergisst eben doch nicht den, der sie macht.
(Und wer noch tiefer in den Mythos um Fraktus einsteigen will, sieht sich die Mockumentary „Fraktus. Das letzte Kapitel der Musikgeschichte“ an)
[ly]